In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Trends bei der internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich (international regulatory co-operation – IRC) in den OECD-Mitgliedsländern umrissen. Die Grundlage hierfür bilden die einschlägigen Fragen aus der OECD-Erhebung für die Indicators of Regulatory Policy and Governance (iREG) 2021 und im Rahmen von Analysen und länderspezifischen Arbeiten der OECD ermittelte neue Entwicklungen. Aus dem Folgenden geht hervor, dass auf zwischenstaatlicher Ebene vereinbarte Übereinkünfte bei der Rechtsetzung in den einzelnen Ländern immer stärker berücksichtigt werden. Insgesamt reichen die Fortschritte bei der IRC aber noch nicht aus, um den wachsenden Bedarf an grenzüberschreitenden Regulierungsmaßnahmen zu decken. Die Covid-19-Pandemie und andere Herausforderungen wie der Klimawandel verdeutlichen, wie wichtig es ist, dass die Länder sich rasch an einen Tisch setzen, um ihre Kapazitäten auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich auszubauen, damit sie gewappnet sind, wenn eine Krise zu grenzüberschreitenden Notfällen führt.
OECD-Ausblick Regulierungspolitik 2021 (Kurzfassung)
4. Rechtsetzung neu denken durch internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich
Abstract
Wichtigste Erkenntnisse
Die Coronapandemie, der Klimawandel und andere komplexe politische Herausforderungen, vor denen die Welt heute steht, machen vor Landesgrenzen nicht halt. Deshalb muss die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich die nationale Rechtsetzung überall dort, wo grenzüberschreitende Anstrengungen von entscheidender Bedeutung sind, dringend besser unterstützen. Dieses Erfordernis bestand bereits vor der Covid-19-Krise und ist heute größer denn je. Die Pandemie hat verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass sich die Länder rasch an einen Tisch setzen, um ihre Kapazitäten auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich auszubauen, damit sie gewappnet sind, wenn eine Krise zu grenzüberschreitenden Notfällen führt (OECD, 2020[1]). Die Ergebnisse der OECD-Erhebung für die iREG 2021 zeigen jedoch, dass die Fortschritte hier nach wie vor hinter den neuen Erfordernissen zurückbleiben.
Die Länder berücksichtigen bei der Gestaltung regulierungspolitischer Instrumente in ihren Rechtsetzungszyklen zunehmend auch internationale Erwägungen. Allerdings lassen die Trends darauf schließen, dass internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich vorwiegend selektiv betrieben wird. Der letzte iREG Survey von 2020 bestätigt, dass die Zahl der Länder, die internationale Vereinbarungen systematisch berücksichtigen, internationalen Daten Rechnung tragen oder Auswirkungen jenseits ihrer Landesgrenzen in ihren Rechtsetzungsverfahren beachten, tendenziell zunimmt. Beispiele hierfür finden sich in den OECD-Prüfberichten über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung für Mexiko und das Vereinigte Königreich (OECD, 2018[2]; 2020[3]). In den meisten OECD-Ländern fehlt aber noch ein umfassender systematischer Ansatz zur Einbeziehung internationaler Erwägungen in die Rechtsetzung auf nationaler Ebene. Die OECD Best Practice Principles on International Regulatory Co-operation (OECD, 2021[4]) unterstützen die Länder dabei, dies zu ändern. Dazu empfehlen sie, ein einheitliches und überzeugendes IRC-Konzept zu erarbeiten, das die Qualität der Rechtsetzung dank einer ressortübergreifenden Politik und eines unterstützenden Koordinierungsmechanismus fördert. Die iREG-Daten bestätigen jedoch, dass die IRC-Politik nach wie vor nur sehr selten ressortübergreifend gestaltet ist und in den meisten Fällen von verschiedenen Stellen auf der obersten Regierungsebene beaufsichtigt wird.
Innovative Technologien machen nicht mehr vor Landesgrenzen halt, doch internationale Regulierungsmaßnahmen bleiben die Ausnahme. Die aus der Digitalisierung bzw. den transformativen Technologien im Allgemeinen resultierende Vernetzung setzt die herkömmlichen Regulierungsrahmen zunehmend unter Druck und zeigt die Grenzen rein unilateraler Ansätze auf (OECD, 2019[5]). IRC ist von entscheidender Bedeutung, um einerseits sicherzustellen, dass Rechtsvorschriften die Bürger effektiv vor den Risiken und Gefahren solcher Technologien schützen, und um andererseits unverhältnismäßige Innovationskosten für die Wirtschaft zu vermeiden. Bessere internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich kann verhindern, dass Unternehmen Regeln umgehen, und Regierungen dazu bewegen, für ihren technologischen Wettlauf gemeinsame Konzepte zu nutzen, die effektiver sind und bessere Ergebnisse liefern. Die OECD Draft Recommendation on Agile Regulatory Governance to Harness Innovation, die der OECD-Ausschuss für Regulierungspolitik derzeit erarbeitet, soll die zuständigen Stellen bei der Anpassung ihrer Rechtsetzungsverfahren an die vernetzte, digitalisierte und innovationsgetriebene Weltwirtschaft unterstützen.
Um unnötige Handelshemmnisse abzubauen, bekennt man sich auf internationaler Ebene immer häufiger zur Zusammenarbeit im Regulierungsbereich und zu den Regeln guter Rechtsetzung. Dies sorgt für zusätzliche Impulse, um Qualität und Kohärenz der Rechtsetzung zu verbessern. IRC wird als wichtiger Mechanismus betrachtet, um unnötige Handelskosten zu senken, die durch rechtliche Unterschiede zwischen Handelspartnerländern entstehen (OECD, 2017[6]). Daher setzt man in bilateralen, regionalen und multilateralen Vereinbarungen immer stärker auf gute Rechtsetzungspraktiken und internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich. Mit zwei WTO-Vereinbarungen – dem Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen (SPS) und dem Übereinkommen über technische Handelshemmnisse (TBT) – wurde ein umfassendes Regelwerk zur Erhöhung der Transparenz geschaffen (OECD/WTO, 2019[7]), das auf dem Höhepunkt der Covid-19-Krise ausgiebig genutzt wurde, um die Vorhersehbarkeit von Änderungen staatlicher Vorschriften zu verbessern und den internationalen Handel zu erleichtern (OECD, 2020[1]). Zudem finden sich in Handelsabkommen immer mehr Kapitel mit Bekenntnissen zu guten Rechtsetzungspraktiken und zur internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich (Kauffmann und Saffirio, 2021[8]). Eine logische Folge dieser internationalen Verpflichtungen besteht darin, dass bei Gesetzesfolgenabschätzungen auf nationaler Ebene auch die Handelseffekte betrachtet werden (OECD, 2018[2]; 2020[3]): Gegenwärtig werden spezifische neue Methoden entwickelt, um die Auswirkungen von Regelungsentwürfen auf den internationalen Handel abzuschätzen; diese Ansätze unterstützen auch Bemühungen um eine Verringerung der Regulierungsunterschiede. In bestimmten Fällen sind diese Folgenabschätzungen außerdem mit internationalen Notifizierungsverfahren verknüpft, wodurch ein effektiverer Dialog und eine effektivere Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung möglich werden.
Die Länder könnten ihre internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung weiter verstärken, um politische Herausforderungen zu bewältigen, die über Handelsaspekte hinausgehen. Analysen auf Länderebene bestätigen, dass die zuständigen Stellen und Politikverantwortlichen nach wie vor relativ geringe Kenntnisse über systematische IRC-Praktiken besitzen. Ausnahmen betreffen lediglich ausgewählte Politikbereiche und manche für die Handelspolitik zuständige Stellen (OECD, 2018[2]; 2020[3]). Gleichwohl bestätigen Analysen, dass die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich ein entscheidendes Instrument zur Erreichung nationaler und internationaler Politikziele weit über die Handelsliberalisierung hinaus ist. Dies gilt vor allem für die Bewältigung politischer Herausforderungen, die mehr als ein Land betreffen, beispielsweise im Umweltbereich. Ein gutes Beispiel hierfür sind die langjährigen IRC-Bemühungen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Luftverschmutzung (Lind und Arndt, 2016[9]). Laut Prognosen in neuen Forschungsarbeiten der OECD zu diesem Thema würde die Koordinierung von Politikmaßnahmen zwischen China, Korea und Japan zur Umsetzung der besten in den drei Ländern verfügbaren Techniken führen. Dadurch würde die Bevölkerung dieser Länder von einer deutlicheren Verbesserung der Luftqualität profitieren als bei rein nationalen Konzepten (Botta et al., 2021[10]). Die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung kann es den zuständigen Stellen ermöglichen, Herausforderungen auf der richtigen Governance-Ebene anzugehen und unnötige Reibungsverluste sowie Unterschiede zwischen den verschiedenen Regulierungsrahmen zu begrenzen; Verwaltungsressourcen können gebündelt und die Rechtsetzung kann auf eine breitere Datengrundlage gestellt werden (OECD, 2013[11]).
Einleitung
Die Coronapandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich in die Rechtsrahmen einzubinden, um für grenzüberschreitende Notfälle gewappnet zu sein. IRC ist von grundlegender Bedeutung, damit die Politikverantwortlichen und zuständigen Stellen verschiedener Länder gemeinsamen Bedrohungen wie Covid-19 rasch zusammen entgegenwirken können. Internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich kann z. B. dafür sorgen, dass die Länder bei Themen wie der Impfstoffentwicklung voneinander lernen. Sie kann auch die Resilienz der Wertschöpfungsketten fördern und die Versorgung mit den wichtigsten medizinischen Produkten und anderen essenziellen Waren sichern. Und sie kann einen Beitrag dazu leisten, dass die Interoperabilität von Dienstleistungen und grenzüberschreitenden Tätigkeiten wie Telekommunikation oder Transportleistungen gewährleistet ist. Allerdings hat die Krise auch deutlich gemacht, dass der gewohnte nationale Geltungsbereich von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften – neben der Besteuerung und den Staatsausgaben die wichtigsten Instrumente der Politikgestaltung – nicht mehr zu den vielen politischen Herausforderungen passen will, die heute regelmäßig mehr als nur ein Land betreffen. Da im Fall von Covid-19 schnell und unter Druck gehandelt werden musste, reagierten die Länder häufig zunächst einmal mit unilateralen Maßnahmen. Dabei wurden Lösungen auf nationaler und subnationaler Ebene angestrebt, die mitunter an Isolationismus grenzten und die Bevölkerungen vor einer als Bedrohung von außen wahrgenommenen Gefahr schützen sollten (OECD, 2020[1]).
Die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich ist in der Empfehlung des Rates zu Regulierungspolitik und Governance von 2012 verankert. Dies verdeutlicht ihre Bedeutung für die Qualität und Wirksamkeit von Rechtsvorschriften (OECD, 2012[12]). In Arbeiten der OECD wurden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Länder die IRC umsetzen können. Dazu zählen die systematische Berücksichtigung internationaler Vereinbarungen bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften, die Öffnung von Konsultationsverfahren für ausländische Akteure, die Prüfung der Einhaltung internationaler Normen bei der Ex-post-Evaluierung und die Einrichtung einer IRC-Koordinierungsstelle in der Regierung, um die einschlägigen Informationen auf diesem Gebiet zu bündeln. Diese Verfahrensweisen waren bereits im OECD-Ausblick Regulierungspolitik 2018 Untersuchungsgegenstand. Damals zeigte sich, dass die Länder deren Bedeutung für die Qualität der Rechtsetzung zwar zunehmend anerkannten, aber nur wenige eine ressortübergreifende IRC-Strategie verfolgten und die Steuerung der Zusammenarbeit nach wie vor stark fragmentiert war. Darauf aufbauend wird in dieser Ausgabe des Ausblicks Regulierungspolitik untersucht, welche Fortschritte erzielt wurden und welche neuen Entwicklungen in den OECD-Ländern stattgefunden haben. Außerdem wird auf eine Reihe von IRC-Anstrengungen eingegangen, die den Ländern geholfen haben, den Herausforderungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie zu begegnen (OECD, 2020[1]).
Der OECD-Ausschuss für Regulierungspolitik hat vor Kurzem eine Reihe von Best Practice Principles on International Regulatory Co-operation entwickelt, um den zuständigen Stellen Hinweise zu geben, wie sie Grundsatz 12 der genannten Empfehlung von 2012 besser umsetzen und die Qualität der Rechtsetzung erhöhen können. Die Best-Practice-Grundsätze beruhen auf drei Säulen: 1. Erarbeitung einer IRC-Strategie und ihrer Governance-Strukturen, 2. stärkere Einbindung der IRC in die inländischen Rechtsetzungsverfahren und 3. Beteiligung an der internationalen Zusammenarbeit auf bilateraler, regionaler und multilateraler Ebene (OECD, 2021[4]). Auf der Grundlage neuer iREG-Daten werden in diesem Kapitel die Anforderungen und Verfahrensweisen im Bereich der Rechtsetzung mit diesen drei Säulen abgeglichen. Zudem werden die jüngsten Anstrengungen zur Verbesserung der Qualität und Wirksamkeit internationaler Rechtsetzungstätigkeiten auf Basis der Arbeiten der Partnerschaft internationaler Organisationen für eine effektive internationale Rechtsetzung (IO-Partnerschaft) beschrieben.
Steuerung der internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich
Die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich nimmt ganz unterschiedliche Formen an und erfolgt durch die verschiedensten Prozesse und Akteure sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Eine ressortübergreifende Strategie, die sicherstellt, dass alle relevanten Akteure bei ihrer Ausarbeitung, Überwachung oder Umsetzung inländischer Rechtsvorschriften internationale Gesichtspunkte systematisch berücksichtigen, kann den IRC-Bemühungen daher sehr zugutekommen (OECD, 2021[4]).
Eine gut funktionierende IRC-Politik lässt sich definieren als eine systematische und ressortübergreifende Politik bzw. Strategie auf nationaler Ebene, die die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung fördert. Sie kann in einem allgemeinen Strategiepapier oder einem anderen Dokument dargelegt sein (OECD, 2021[4]). Obwohl anerkannt ist, wie wichtig eine solche Politik für effektive Verfahrensweisen im Bereich der internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich ist, betreiben sie nur sechs der auskunftgebenden Länder in umfassender Form und mit entsprechenden Leitlinien. Gleichzeitig bestätigen Beispiele verschiedener IRC-Politiken, dass die Anwendungsbereiche unterschiedlich dimensioniert sein können und nicht immer gesetzliche Vorschriften die rechtliche Grundlage bilden, sondern auch weichere Ansätze verfolgt werden (Kasten 4.1).
Neben den wenigen Ländern, die im Bereich der Rechtsetzung systematisch und ressortübergreifend mit internationalen Partnern zusammenarbeiten, verfolgt ein größerer Teil der auskunftgebenden Länder eine partielle IRC-Politik. Diese ist auf bestimmte Sektoren beschränkt, betrifft nur die Nachbarländer bzw. eine bestimmte Region oder umfasst nur eine bestimmte Form der Zusammenarbeit. Vor allem die Länder der Europäischen Union verfügen selten über ein ressortübergreifendes Konzept, obwohl das Element der regionalen Zusammenarbeit in ihren nationalen Rechtsetzungsverfahren aufgrund der Mitgliedschaft in der Gemeinschaft stark ausgeprägt ist. Die Europäische Union bietet nach wie vor den ambitioniertesten Rahmen für eine auch supranationale Regulierungsbefugnisse umfassende regionale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung. Bei den EU-Mitgliedstaaten ist daher aufgrund ihrer Mitgliedschaftsverpflichtungen und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein aktiver Mechanismus für die Regulierungszusammenarbeit fester Bestandteil ihrer Rechtsetzungsprozesse (OECD, 2018[13]). Angesichts der geografischen Begrenzung auf regionale Partner kann man hier von „partiellen“ IRC-Maßnahmen sprechen (Abbildung 4.1). Gleichwohl bezieht sich die Europäische Kommission in ihrer Agenda für bessere Rechtsetzung auch selbst auf die internationale Zusammenarbeit in Regulierungsfragen. Damit ist gewährleistet, dass die IRC bei der Ausarbeitung neuer Initiativen und Vorschläge sowie bei der Steuerung und Evaluierung bestehender Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene berücksichtigt wird.
Kasten 4.1. Beispiele für eine ressortübergreifende IRC-Politik in ausgewählten OECD-Ländern
Die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung ist offiziell in Kanadas übergeordnetem Regulierungsrahmen verankert, der Kabinettsrichtlinie zur Regulierung (Cabinet Directive on Regulation – CDR). Diese sieht vor, dass die Regelungsinstanzen auf nationaler und internationaler Ebene Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Abstimmung mit anderen Staaten prüfen, um unnötige Regulierungslasten für kanadische Unternehmen zu verringern und gleichzeitig die Gesundheit und Sicherheit sowie das soziale und wirtschaftliche Wohlergehen aller Kanadier*innen zu wahren oder zu verbessern und die Umwelt zu schützen.
Die Kabinettsverordnungen Nr. 707 und 96 regeln die Zusammenarbeit der Regierung Lettlands mit internationalen Organisationen bzw. den Institutionen der Europäischen Union. Sie dienen als strategische Orientierungshilfen für die IRC-Tätigkeiten Lettlands in diesen Foren, indem sie die Verfahren für die Anbahnung, Ausarbeitung, Abstimmung, Billigung und Aktualisierung von Regulierungsdokumenten festlegen.
Der Rechtsrahmen für die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich ist in Mexiko in zwei Kataloge gesetzlicher Bestimmungen aufgeteilt. Der erste enthält zwei wichtige Rechtstexte, die die IRC-Praktiken im inländischen Rechtsetzungsverfahren regeln, nämlich das Allgemeine Gesetz über bessere Rechtsetzung und das Bundesgesetz über Messwesen und Normung; der zweite Katalog umfasst die Rechts- und Maßnahmentexte, die die internationale Zusammenarbeit Mexikos auf dem Gebiet der Rechtsetzung festlegen, insbesondere das Gesetz über den Abschluss von Verträgen und das Außenwirtschaftsgesetz.
In Neuseeland sind Erwägungen der internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich in zentralen Dokumenten verankert, insbesondere in den Government Expectations for Good Regulatory Practice und in der Government’s Regulatory Management Strategy.
In den Vereinigten Staaten legt der Präsidialerlass 13609 zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich Zweck und Merkmale der IRC sowie die entsprechenden Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung fest. Insbesondere bestimmt er die folgenden Kriterien für die Zusammenarbeit mit anderen Parteien: 1. Transparenz der Rechtsetzung und Beteiligung der Öffentlichkeit, 2. interne Abstimmung zwischen den verschiedenen Ressorts und 3. Durchführung von Gesetzesevaluierungen.
Einige Länder verfolgen insofern eine partielle IRC-Politik, als sie sich dabei auf eine bestimmte Art internationaler Vereinbarungen beschränken – in der Regel auf verbindliches Völkerrecht oder internationale Normen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass auch der partielle Anwendungsbereich einer solchen IRC-Politik eine nützliche Grundlage sein kann, um nationale und internationale Regelwerke miteinander zu verzahnen. In Deutschland beispielsweise stellt Artikel 25 Grundgesetz insofern eine partielle Rechtsgrundlage für die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich dar, als laut diesem Artikel bestimmte internationale Vereinbarungen, d. h. „die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes“, Bestandteil des Bundesrechts sind. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht einen Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit entwickelt, nach dem das Grundgesetz „von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung der Staatengesellschaft“ ausgeht. Daher sind die nationalen Gesetze nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nicht entsteht. Dies zeigt exemplarisch, dass die Rechtsprechung innerstaatlicher Gerichte und die von ihnen entwickelten Rechtsgrundsätze die IRC bei der Rechtsetzung in den Ländern fördern können.
Nur wenige Länder haben in den vergangenen Jahren eine neue IRC-Politik entwickelt. Ein nennenswertes Beispiel für ein OECD-Land, das hierfür einen ehrgeizigen Prozess angestoßen hat, ist das Vereinigte Königreich, dessen Regierung in Reaktion auf einen OECD Review of International Regulatory Co-operation dem britischen Parlament ein Konsultationsersuchen vorlegte mit dem Ziel, eine ressortübergreifende IRC-Strategie zu entwickeln (BEIS, 2020[14]).
Insgesamt ist die institutionelle Aufsicht über die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich nach wie vor auf verschiedene staatliche Stellen aufgeteilt (Abbildung 4.2). Nur vier Länder geben an, dass hierfür eine zentrale Behörde zuständig ist. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Stelle mit umfassenderen Regulierungsaufsichtsfunktionen (Abbildung 4.2 und Kasten 4.2). Die insgesamt begrenzte Beteiligung der Regulierungsaufsichtsbehörden an der IRC-Aufsicht lässt darauf schließen, dass die IRC bei den Bemühungen um eine bessere Rechtsetzung außen vor bleibt: Internationale Gesichtspunkte werden offensichtlich noch immer nur selten als wesentlicher Bestandteil des inländischen Rechtsetzungsprozesses wahrgenommen.
Die häufigste Governance-Struktur für die IRC ist nach wie vor die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den maßgeblichen Stellen auf Zentralstaatsebene. Dies ist auch leicht nachvollziehbar, da die erfolgreiche Umsetzung der IRC ein ressortübergreifendes Vorhaben ist, an dem notwendigerweise verschiedene Akteure beteiligt sind (OECD, 2021[4]). Eine Analyse der Länderpraktiken speziell im Hinblick auf IRC-Mechanismen verdeutlicht, wie die entsprechenden Zuständigkeiten in den Staatsverwaltungen verteilt sind. So sind z. B. häufig bestimmte Behörden dafür zuständig, internationale Vereinbarungen zu berücksichtigen. Zumeist sind dies zwar nach wie vor die für die Ausarbeitung von Rechtsvorschriften zuständigen Ministerien, doch immer mehr Länder übertragen diese Aufgabe den Regulierungsaufsichtsbehörden. Das lässt darauf schließen, dass die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich zunehmend in die Agenda für bessere Rechtsetzung eingebunden wird (Abbildung 4.3).
Allerdings verfügt über ein Drittel der auskunftgebenden Länder nach wie vor über keine spezifischen Governance-Strukturen für die Überwachung der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung (Abbildung 4.2), was die Koordinierung zwischen den Behörden mit IRC-Funktionen und‑Kenntnissen erschwert.
Kasten 4.2. Praktische Ansätze für die IRC-Aufsicht in OECD-Ländern
In Kanada ist in der obersten Aufsichtsbehörde, dem Treasury Board Secretariat (TBS), ein Team dafür zuständig, die Bemühungen um die internationale und nationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung zu unterstützen und zu koordinieren. In Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen sorgt es dafür, dass diese ihren Verpflichtungen im Rahmen der Kabinettsrichtlinie nachkommen und Kanada in verschiedenen Foren für die Zusammenarbeit im Regulierungsbereich vertreten. Das TBS arbeitet auch eng mit dem kanadischen Außenministerium (Global Affairs Canada) zusammen, um Regulierungsbestimmungen in Handelsabkommen auszuhandeln, darunter solche, die die IRC betreffen.
In Neuseeland ist die Zuständigkeit für die Aufsicht und die Förderung der IRC auf mehrere Behörden verteilt. Das Finanzministerium ist die federführende Behörde für gute Rechtsetzungspraktiken, während das Ministerium für Wirtschaft, Innovation und Beschäftigung die Führungsrolle bei der Förderung internationaler Regulierungskohärenz übernimmt. Wenn es um Handelspolitik geht, fungiert das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und Handel als leitende Beratungsstelle und Verhandlungsführer, außerdem begleitet es das Verfahren zum Abschluss internationaler Verträge. Das Finanz- und das Wirtschaftsministerium stimmen sich in verschiedenen IRC-Bereichen ab. Dazu gehören z. B. die Entwicklung ressortübergreifender guter Regulierungspraktiken, die Ausarbeitung von Kapiteln zur Zusammenarbeit im Regulierungsbereich in Freihandelsabkommen, die Vertretung Neuseelands in internationalen Foren zum Thema Regulierungspolitik sowie die Beteiligung an Benchmarking-Studien zur Regulierung und zum Regulierungsumfeld.
Einbindung der IRC in die gesamte inländische Rechtsetzung
Internationale Praktiken, aus denen sich Daten und fachliche Erkenntnisse gewinnen lassen, sind eine grundlegende Informationsquelle für die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen in den einzelnen Ländern (OECD, 2021[4]). Zur Berücksichtigung dieser internationalen Erfahrungen können die Länder auf Gesetzesfolgenabschätzungen, Akteursbeteiligung und andere herkömmliche Instrumente des Regulierungsmanagements zurückgreifen. Allgemeine Ergebnisse des iREG Survey und Analysen auf Länderebene bestätigen auch, dass internationale Gesichtspunkte zunehmend in die inländische Rechtsetzung einfließen (OECD, 2018[2]; 2020[3]).
Berücksichtigung internationaler Befunde und Übereinkünfte
Politikverantwortliche und internationale Organisationen in aller Welt nutzen vorhandene und neu erhobene Daten für die Ausarbeitung nationaler Rechtsvorschriften und internationaler Vereinbarungen. Solche Informationen können natürlich auch den zuständigen Stellen anderer Staaten helfen, wenn diese vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Eine Bestandsaufnahme international verfügbarer Erkenntnisse kann deshalb wertvoll sein, um für eine bestimmte Rechtsvorschrift bzw. verschiedene politische Handlungsoptionen eine breitere Datengrundlage zu schaffen und ein faktenbasiertes Narrativ für die gewählte Maßnahme zu entwickeln (OECD, 2021[4]).
Formelle Auflagen hinsichtlich der innerstaatlichen Rechtswirkung internationaler Vereinbarungen sind ein gängiger Weg, um sicherzustellen, dass nationale Gesetzgeber internationale Erfahrungen und Wissensbestände berücksichtigen. Die Mehrzahl der Länder verfügt über entsprechende Regeln, insbesondere für verbindliche völkerrechtliche Übereinkünfte oder internationale Normen (Abbildung 4.4). In mehreren Ländern gibt es zudem spezifische Vorschriften zur Berücksichtigung anderer Arten von Übereinkünften. Dies betrifft in erster Linie EU-Richtlinien oder nicht verbindliche internationale Vereinbarungen. Australien beispielsweise fordert die Regelungsinstanzen auf, die Gesetzgebung an einschlägige internationale Vereinbarungen anzupassen, während die zuständigen Stellen Neuseelands aufgerufen sind, neben verbindlichen Übereinkünften wie Verträgen und Abkommen auch nicht verbindliche Resolutionen, Erklärungen und Leitlinien zu berücksichtigen. Abbildung 4.4 veranschaulicht, dass alle Arten internationaler Vereinbarungen in den letzten Jahren deutlich mehr Beachtung gefunden haben.
Wie weiter oben erwähnt, werden auch die Zuständigkeiten in Aufsichtsfragen zunehmend geklärt, sodass die Berücksichtigung internationaler Vereinbarungen überwacht wird, sei es von einer zentralen Behörde oder von mehreren Stellen, die sich diese Aufgabe teilen. Ein leichter Aufwärtstrend seit 2017 zeigt außerdem, dass immer mehr Leitlinien und unterstützende Informationen in unterschiedlichen Formaten die Anwendung internationaler Vereinbarungen fördern. Dies lässt auf einen Trend hin zu einer systematischeren Berücksichtigung internationaler Vereinbarungen im Rahmen der inländischen Rechtsetzungstätigkeit schließen.
Kasten 4.3. Nutzung international verfügbarer Daten als Grundlage für die inländische Rechtsetzung
Wenn in Chile mit einer inländischen Rechtsvorschrift eine bestimmte Frage gelöst werden soll, sind die zuständigen Stellen gemäß Präsidialerlass Nr. 3/2019 zu Gesetzesfolgen aufgefordert zu prüfen, ob und mit welchem Erfolg auf internationaler Ebene bereits Maßnahmen im Hinblick auf ähnliche Fragen ergriffen wurden.
Die in Dänemark 2018 eingerichtete zentrale Anlaufstelle für neue Geschäftsmodelle verlangt von der dänischen Regulierungsbehörde für Unternehmen (Danish Business Authority), mit den Nachbarländern zusammenzuarbeiten, um zu untersuchen, inwiefern EU-Richtlinien in diesen Staaten anders umgesetzt werden als in Dänemark. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt dabei auf den Bereichen Sharing- Economy, Kreislaufwirtschaft, E-Commerce sowie Daten und neue Technologien. Dieser Ansatz ist in der dänischen Strategie für digitales Wachstum als Teil der Säule „agile Rechtsetzung“ verankert und zielt darauf ab, digitale Handelshemmnisse zu verringern und einen innovationsfreundlichen Binnenmarkt in der EU zu fördern.
In Estland müssen die zuständigen Stellen während der Erarbeitung von Gesetzentwürfen die internationalen Verfahrensweisen prüfen, die in Bezug auf die zu regelnde Frage bereits existieren. Sofern Evidenz aus ausländischen Gesetzen in einen Gesetzentwurf eingeflossen ist, muss dies in einem Begleitschreiben erläutert werden.
Das Instrumentarium für bessere Rechtsetzung der Europäischen Kommission fördert die Nutzung hochwertiger, evidenzbasierter Daten https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/better-regulation-toolbox_2.pdf bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften. Dabei wird darauf hingewiesen, dass „die Daten akkreditierter nationaler oder internationaler Statistikämter augenscheinlich verlässlicher sind als Daten aus nicht begutachteter Fachliteratur oder von Interessenträgern“. Wer dieser Empfehlung folgen möchte, könne neben den Quellen innerhalb der EU auch auf die nützlichen Statistiken und Berichte zu Themenfeldern wie Energie, Umwelt, Landwirtschaft und Handel zurückgreifen, die viele internationale Organisationen und Institutionen erstellen. In dem Instrumentarium sind einige Beispiele für solche internationalen Organisationen aufgeführt, darunter die Vereinten Nationen (VN), die Internationale Energieagentur (IEA), die Welthandelsorganisation (WTO), die Weltbank (WBG), der Internationale Währungsfonds (IWF), die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und nicht zuletzt auch die OECD.
In Slowenien müssen die zuständigen Stellen bei der Ausarbeitung von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften auch EU-Vorschriften und Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, Analysen der Regelungen im Besitzstand der Europäischen Union, Analysen der Rechtsvorschriften mindestens dreier Rechtssysteme innerhalb der EU, über die EU hinausgehende internationale Übereinkünfte sowie Vorschriften in Rechtssystemen des EU-Auslands berücksichtigen.
Quelle: Ergebnisse des iREG Survey von 2020. Vgl. auch https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/better-regulation-toolbox_2.pdf.
Kasten 4.4. Nutzung von Datenbanken zur Unterstützung der Rechtsetzung in den OECD-Ländern
Die Nutzung von Datenbanken, die schnellen Zugriff auf Informationen und internationale Vereinbarungen gewähren, ist in den OECD-Ländern zunehmend üblich, um die Rechtsetzungsverfahren zu unterstützen. Solche Datenbanken erleichtern den Zugang zu den internationalen Vereinbarungen, die z. B. ein bestimmter Staat unterzeichnet hat, und verbreitern die Datengrundlage für die Ausarbeitung von Rechtsvorschriften. Außerdem straffen sie den Rechtsetzungskreislauf, indem sie es den Politikverantwortlichen ermöglichen, ihre Entwürfe auf die internationalen Verpflichtungen ihres Landes abzustimmen.
Die Regierung Mexikos verfügt über eine allgemeine Datenbank mit verfahrensbezogenen Informationen, derer sie sich bedient, um ihr Verhalten in internationalen Rechtsforen festzulegen. Die Datenbank enthält spanische Vollversionen des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge und des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge zwischen Staaten und internationalen Organisationen oder zwischen internationalen Organisationen sowie die mexikanischen Gesetze über den Abschluss von Verträgen und über die Billigung internationaler Verträge in Wirtschaftsangelegenheiten. Außerdem lässt sich der Datenbank entnehmen, welchen völkerrechtlichen Menschenrechtsverpflichtungen Mexiko unterliegt und welche internationalen Gerichte das Land anerkennt.
Die Slowakische Republik betreibt eine Reihe sektorspezifischer Datenbanken für wichtige Bereiche. Dazu zählen Klimawandel, internationales Privatrecht und hochwertige Infrastruktur (Normen, Messwesen und Prüfung). Verfügbar sind auch multilaterale, regionale und bilaterale Handelsabkommen, die im Zuständigkeitsbereich der EU abgeschlossen wurden.
Sloweniens Rechtsinformationssystem bietet Zugang zu den Rechtstexten der Europäischen Union und des Europarats sowie zu den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, ergänzt durch eine Linksammlung zu weiteren öffentlichen Ressourcen und Informationsquellen.
Das Außenministerium des Vereinigten Königreichs verwaltet eine Onlinedatenbank, in der über 14 000 Verträge erfasst sind, die das Land unterzeichnet hat. Regelmäßig veröffentlichte Berichte über vertragliche Maßnahmen (Treaty Action Bulletins) enthalten außerdem aktuelle Informationen über die sich verändernden internationalen Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs und ein spezifischer Dienst für die Abfrage von Verträgen unterstützt die Nutzer beim Gebrauch der Datenbank.
Quelle: Ergebnisse des iREG Survey von 2021, http://www.ordenjuridico.gob.mx/, http://www.minzp.sk/sekcie/temy-oblasti/ovzdusie/politika-zmeny-klimy/medzinarodne-zmluvy-dohovory/; http://wwwold.justice.sk/wfn.aspx?pg=l722&htm=l7/l700.htm; http://www.unms.sk/?medzinarodne-zmluvy-a-dohody; http://www.mhsr.sk/obchod/multilateralne-obchodne-vztahy/wto/dolezite-dohody-prijate-v-ramci-wto-a-gatt; http://www.mhsr.sk/uploads/files/3dleJuVE.pdf; http://www.pisrs.si/Pis.web/; https://www.gov.uk/guidance/uk-treaties.
Kasten 4.5. Verankerung internationaler Verpflichtungen, Normen und Vorgehensweisen in inländischen Rechtsvorschriften
In Australien besteht sektorübergreifend die Verpflichtung, die „Übereinstimmung mit den internationalen Verpflichtungen Australiens und den einschlägigen international anerkannten Normen und Vorgehensweisen“ zu prüfen (RIA Guide for Ministers’ Meetings and National Standards Setting Bodies). Wo immer dies möglich ist, müssen Rechtsetzungsmaßnahmen oder Normen mit den einschlägigen internationalen oder international anerkannten Normen bzw. Vorgehensweisen vereinbar sein, um Handelshindernisse zu minimieren. Wenn eine Regelungsoption die Festlegung oder Änderung von Normen in Bereichen umfasst, in denen bereits internationale Normen gelten, sollte die vorschlagende Stelle dokumentieren, ob (und warum) die vorgeschlagenen Vorgaben von ihren internationalen Versionen abweichen.
Seit der Annahme des Regierungsbeschlusses Nr. 4398 im Jahr 2018 gilt in Israel der Grundsatz, dass internationale Vorgehensweisen und Regeln die Grundlage für die Ausarbeitung inländischer Rechtsvorschriften bilden. Wenn inländische Normen ausgearbeitet werden, muss das israelische Normungsinstitut außerdem prüfen, ob eine entsprechende internationale Norm anwendbar ist. Von 2017 bis 2020 setzte das Wirtschaftsministerium einen Dreijahresplan um, in dessen Rahmen israelische an internationale Normen angepasst wurden. Hierbei konnten nationale Abweichungen in über 500 Fällen beseitigt werden.
In Mexiko gibt es eine Reihe von Bestimmungen, die die Einführung internationaler Vorgaben fördern. In den meisten Fällen geht es um technische Vorschriften und Normen. Sofern keine internationalen Vorgaben existieren, wird die Prüfung der Normen anderer Länder angeregt, insbesondere die der zwei großen Handelspartner Vereinigte Staaten und Europäische Union. Damit die zuständigen Stellen diese Verpflichtung besser erfüllen können, wurden Leitlinien für die Verankerung internationaler Normen in den inländischen Regelwerken entwickelt. In der Rechtsvorschrift sind einige Beispiele für internationale und ausländische Normen aufgeführt.
In Neuseeland gelten die Erwartungen der Regierung an gute Rechtsetzungspraktiken (Government Expectations for Good Regulatory Practice) für alle Regulierungssysteme des Landes und damit auch für alle entsprechenden Maßnahmen und Stellen. Demnach „ist die Regierung der Auffassung, dass nachhaltige Ergebnisse mit echtem Wert für die Menschen in Neuseeland wahrscheinlicher sind, wenn ein Regulierungssystem [...] mit einschlägigen internationalen Normen und Vorgehensweisen, die die positiven Effekte des Handels und des grenzüberschreitenden Personen-, Kapitalstroms und Austauschs von Ideen maximieren sollen, im Einklang steht (außer wenn dies wichtige nationale Ziele und Werte gefährden würde)“. Die Regulierungsstellen müssen „systematische Folgenabschätzungen und Risikoanalysen [durchführen]; dies umfasst auch die Prüfung alternativer legislativer und nicht-legislativer Politikoptionen sowie der Frage, wie die vorgeschlagene Änderung in diesem oder damit zusammenhängenden Regulierungssystem(en) mit den bestehenden nationalen und internationalen Verpflichtungen in Wechselwirkung steht bzw. in Einklang gebracht werden kann“.
In den Vereinigten Staaten heißt es in den Leitlinien des Office of Management and Budget zur Nutzung freiwilliger Konsensnormen, dass die zuständigen Stellen „zur Förderung des Handels und zur Umsetzung der Bestimmungen internationaler Verträge bei der Beschaffung und bei der Anwendung der Regulierungspolitik internationale Normen berücksichtigen sollten“. Des Weiteren enthält der Präsidialerlass 13609 zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich die Bestimmung, dass die zuständigen Stellen „bei wichtigen Vorschriften von internationaler Tragweite die Regulierungsansätze ausländischer Regierungen berücksichtigen sollen, soweit dies möglich, angemessen und rechtskonform ist und dem von den Vereinigten Staaten ausgehandelten Arbeitsprogramm eines Rats zur regulatorischen Kooperation [Regulatory Cooperation Council] entspricht“. Der Geltungsbereich dieser Vorschrift ist auf die Sektorarbeitsprogramme beschränkt, die die Vereinigten Staaten in Räten zur regulatorischen Kooperation vereinbart haben.
Einbeziehung ausländischer Akteure und Gewährleistung von Transparenz
Transparenz erhöht die Berechenbarkeit der Regulierung für betroffene ausländische Parteien. Die aktive Einbeziehung ausländischer Akteure in den Regulierungsprozess kann zudem die Möglichkeit bieten, wertvolle Inputs von ihnen zu erhalten, beispielsweise Informationen zu unbeabsichtigten grenzüberschreitenden Auswirkungen von Regelungsentwürfen oder auch Hinweise auf Regulierungsansätze in anderen Staaten (Basedow und Kauffmann, 2016[15]). OECD-Studien haben allerdings gezeigt, dass sich die zuständigen Stellen selten konkret darum bemühen, ausländische Akteure an der Ausarbeitung von Gesetzen und Regelungen zu beteiligen, auch wenn die Konsultationsverfahren im Allgemeinen Betroffenen aus anderen Staaten offenstehen (OECD, 2018[16]). Die obligatorische Notifikation von Regelungsentwürfen bei internationalen Foren ist ein wichtiges Instrument, um ausländische Akteure zu informieren und Inputs von ihnen zu erhalten (OECD, 2021[4]). In der Praxis werden diese Verfahren vor allem dazu genutzt, die Auswirkungen von Rechtsvorschriften auf den Handel abzuschätzen. Vorgeschrieben ist die Notifikation von Maßnahmenentwürfen bei Handelspartnern gemäß bestimmten Handelsabkommen und WTO-Verpflichtungen im Rahmen der Übereinkommen über technische Handelshemmnisse (TBT) und über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen (SPS). Einige Länder geben indessen an, dass sie auch andere internationale Foren notifizieren. Deutschland beispielsweise hat Notifikationspflichten gegenüber der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR), einer grenzüberschreitenden Organisation für Binnenschifffahrt, der auch Belgien, Frankreich, die Niederlande und die Schweiz angehören. Die Niederlande informieren wiederum die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), den Europarat und die Benelux-Wirtschaftsunion – die auch Belgien und Luxemburg umfasst – bei Bedarf über neue Rechtsvorschriften.
Trotz der wertvollen Informationen, die durch die Notifikation von Maßnahmenentwürfen bei internationalen Foren oder ausländischen Partnern gewonnen werden können, fehlt es allerdings bisher an einer Verzahnung der entsprechenden Verfahren mit der regulierungspolitischen Agenda. Das führt dazu, dass in anderen Verwaltungsbereichen zusammengetragene nützliche Informationsquellen ungenutzt bleiben (OECD, 2018[16]). Viele Länder bleiben ihrer bisherigen Praxis treu, keine spezifischen Anstrengungen zu unternehmen, um ausländische Akteure in ihre Regelungsverfahren einzubinden (22 Auskunftgebende gaben an, dass diese Einbindung bei Gesetzen nie erfolgt, und 21 Auskunftgebende machten dieselbe Angabe für untergesetzliche Regelungen) (Abbildung 4.6).
Diejenigen Länder, die ausländische Akteure einbeziehen, tun dies indessen auf unterschiedliche Weise (Kasten 4.6), am häufigsten durch gezielte Bitten um Stellungnahme (Abbildung 4.6).
Kasten 4.6. Einbindung externer Akteure in die Erarbeitung inländischer Rechtsvorschriften
Lettland führt bei der Ausarbeitung einiger Gesetze Auslandskonsultationen durch, vor allem mit Akteuren aus den beiden baltischen Nachbarstaaten Estland und Litauen. Außerdem bindet die Regierung regelmäßig die im Rat der Auslandsinvestoren in Lettland (Foreign Investors’ Council in Latvia) zusammengeschlossenen externen Akteure ein, zu denen eine Auswahl von Unternehmen, Handelskammern, Vertreter*innen der Stockholm School of Economics in Riga und französische Außenhandelsberater*innen gehören.
Die Regierung von Norwegen führt häufig Konsultationen mit ausgewählten internationalen Akteuren zu neuen Regelungsentwürfen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen durch. Diese gezielte Einbindung bestimmter Unternehmen, Verbände und Organisationen bleibt jedoch auf Einzelfälle beschränkt. Zwei Anlässe aus jüngerer Zeit waren die vom Finanzministerium durchgeführte Reform des Gesetzes über Finanzunternehmungen und ein umfassendes neues Glücksspielgesetz, das gegenwärtig vom Kulturministerium ausgearbeitet wird.
Quelle: Indicators of Regulatory Policy and Governance Survey 2020.
Beurteilung der grenzüberschreitenden Auswirkungen
Berücksichtigung internationaler Auswirkungen in der Ex-ante-Gesetzesfolgenabschätzung
Neben der Einbeziehung ausländischer Akteure können die Länder die internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich auch fördern, indem sie die möglichen internationalen Auswirkungen im Rahmen ihrer Gesetzesfolgenabschätzungen (GFA) systematisch prüfen. Dies ist eine effektive Möglichkeit, die grenzübergreifenden Effekte von Maßnahmen zu berücksichtigen. Wie 2014 und 2017 bereits beobachtet, geben die Länder an, in ihren GFA zahlreiche IRC-bezogene Folgen erfasst zu haben, insbesondere für den Handel, die Marktöffnung und andere Staaten (Abbildung 4.7). Am häufigsten werden nach wie vor die Auswirkungen von Regelungsentwürfen auf Handel (fast 75 % der auskunftgebenden Länder) und Marktöffnung (rd. 80 %) berücksichtigt. Diese Entwicklung verstärkt sich seit 2017. Die Berücksichtigung der Wirkungen inländischer Regelungen auf andere Staaten erfolgt weniger systematisch und nur wenige Länder untersuchen diese für alle untergesetzlichen Regelungen (Abbildung 4.7).
Die spezifischen Methoden zur Untersuchung internationaler Auswirkungen können einen erhöhten Zeit- und Personalaufwand mit sich bringen, da Kolleg*innen in verschiedenen Regierungsbereichen involviert werden müssen, die über die jeweils nötigen Sachkenntnisse verfügen. Einige Länder ermitteln daher in einem ersten Schritt anhand eines „Gesetzesfolgenkalkulators“, welche Arten internationaler Auswirkungen im Rahmen der GFA geprüft werden sollen. So hat z. B. Mexiko einen „Handelsfilter“ in seinen Folgenkalkulator eingebaut, um eine gründlichere Berechnung der Handelsauswirkungen nur dann vorzunehmen, wenn sie tatsächlich relevant ist. Damit werden die internationalen Handelseffekte in den GFA-Verfahren von Anfang an berücksichtigt. Die Filterkriterien sollen den zuständigen Stellen bei der Prüfung der Frage, ob ihr Entwurf den internationalen Handel beeinflussen könnte, als Orientierung dienen. Wird dies bejaht, ist der nächste Schritt eine Gesetzesfolgenabschätzung mit eingehenderen Fragen bezüglich der Wirkungen auf den Außenhandel (OECD, 2018[2]).
Von den 19 Ländern, die die Effekte ihrer Rechtsvorschriften auf andere Staaten untersuchen, berücksichtigen die meisten dabei nach wie vor in erster Linie Nachbarländer und große Handelspartner. Wenig geändert hat sich nach Angaben der Länder auch an der Vielfalt der Methoden für die Folgenabschätzung, zu denen der Austausch mit den zuständigen Stellen anderer Staaten ebenso gehört wie Meinungsumfragen bei Unternehmen und anderen betroffenen Akteuren oder auch Modellierungen (Abbildung 4.8).
Kasten 4.7. Erfahrungen der Länder bei der grenzüberschreitenden Gesetzesfolgenabschätzung
Chile berücksichtigt im Präsidialerlass Nr. 3/2019 zu Gesetzesfolgen auch die Auswirkungen von Regelungsvorschlägen auf den Handel sowie auf internationale Normen und Übereinkünfte: Die zuständigen Stellen quantifizieren die entsprechenden Effekte mithilfe einer Skala als unerhebliche bzw. vernachlässigbare, leichte, moderate, vertretbare oder beträchtliche Auswirkungen.
Dänemark evaluiert systematisch die Auswirkungen neuer Rechtsvorschriften auf Grenzhindernisse im nordischen Raum, wie im Parlamentsbeschluss V57 und Ziffer 2.8.12.3 der dänischen Leitlinien zur Rechtsqualität festgelegt. Damit unnötige Hindernisse minimiert werden oder gar nicht erst entstehen, können Entwürfe, die die Freizügigkeit oder andere einschlägige Bereiche betreffen, erst nach einer Prüfung der Rechtsvorschriften anderer nordischer Länder ins Parlament eingebracht werden. Dies gilt auch für die Umsetzung von EU-Richtlinien und für Auswirkungen auf die Beziehungen zu den Färöer-Inseln und zu Grönland.
Mexiko hat einen „Handelsfilter“ in das GFA-Verfahren integriert, mit dem die Auswirkungen einer Regulierungsmaßnahme auf die Aus- und Einfuhren evaluiert werden können und der gegebenenfalls das Wirtschaftsministerium involviert, damit es die WTO notifiziert. Anhand von neun detaillierten Fragen können die zuständigen Stellen mit diesem Filter die potenziellen Folgen von Regelungsentwürfen für den internationalen Handel ermitteln. Wenn entsprechende Wirkungen festgestellt werden, wird eine Gesetzesfolgenabschätzung speziell für den Handel durchgeführt, außerdem erfolgt eine Notifikation bei der WTO, um anderen WTO-Mitgliedern und potenziell betroffenen Akteuren die Gelegenheit zu geben, sich zu der Maßnahme zu äußern.
Das Vereinigte Königreich führte 2018 eine aktualisierte GFA-Vorlage ein, die eine neue Frage zu den Auswirkungen der geprüften Rechtsvorschrift auf die internationale Handels- und Investitionstätigkeit enthält („Wird sich diese Maßnahme wahrscheinlich auf Handel und Investitionen auswirken? Ja/Nein“). Diese neue Vorlage wurde 2019 erprobt. Auf der Grundlage der ersten dabei gemachten Angaben arbeiten das britische Ministerium für internationalen Handel (Department of International Trade – DIT), die Direktion Bessere Rechtsetzung (Better Regulation Executive – BRE) und der Ausschuss für Regulierungspolitik (Regulatory Policy Committee – RPC) gemeinsam an einer Verbesserung der Methoden, mit denen die Ministerien die Handelseffekte ihrer Maßnahmenentwürfe messen.
Evaluierung der grenzüberschreitenden Auswirkungen von Rechtsvorschriften anhand von Post-Implementation-Reviews
Die vollen Auswirkungen einer regulatorischen Maßnahme erschließen sich erst nach ihrer Umsetzung. Ex-post-Evaluierungen bieten daher eine ganz entscheidende Möglichkeit, die Folgen potenzieller Abweichungen von internationalen Regelwerken zu ermitteln und in Erfahrung zu bringen, wie sich Gesetze und Rechtsvorschriften auf den Handel und andere IRC-Aspekte auswirken (Kauffmann und Basedow, 2016[17]). Sie erlauben es den Regelungsinstanzen außerdem, den Stand des internationalen Wissens über den regulierten Bereich zu erfassen, eine Bestandsaufnahme neuer und erfolgreicher Konzepte anderer Staaten vorzunehmen und den eigenen Ansatz mit den in anderen Staaten umgesetzten Regelungen zu vergleichen (OECD, 2020[18]). Insgesamt kann dies dazu beitragen, den gesamten Rechtsetzungskreislauf mit Erkenntnissen aus der internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich anzureichern und den Regelungsbestand aus IRC-Sicht zu beleuchten.
Bisher stellten allerdings nur wenige Ex-post-Evaluierungen einen Bezug zur internationalen Zusammenarbeit im Regulierungsbereich her – und bei untergesetzlichen Regelungen spielt die Ex-post-Evaluierung der Kosten im Zusammenhang mit der IRC auch weiterhin kaum eine Rolle, allenfalls bei Gesetzen führen nun etwas mehr Länder entsprechende Prüfungen durch (Abbildung 4.9). Allerdings sorgen einige OECD-Länder mithilfe von Leitlinien dafür, dass die IRC in das Regulierungsmanagement – und damit auch in die Ex-post-Evaluierung – einbezogen wird (Kasten 4.8). Außerdem finden sich in Handelsabkommen eigenständige Kapitel zu guter Rechtsetzung und IRC, deren Inhalte darauf schließen lassen, dass die Länder Ex-post-Evaluierungen zunehmend als geeignete Maßnahme für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung betrachten. Hierzu gehört auch die Förderung des Austauschs von Methoden und Ergebnissen solcher Evaluierungen (Kasten 4.9).
Kasten 4.8. Einbeziehung der IRC in Ex-post-Evaluierungen
Kanada
Die aktualisierte Fassung der kanadischen Richtlinie zur Regulierung (Directive on Regulation) von September 2018 sieht vor, dass die Zusammenarbeit im Regulierungsbereich in den gesamten Rechtsetzungskreislauf eingebunden wird:
Die zuständigen Stellen müssen prüfen, welche Möglichkeiten für eine frühzeitige Abstimmung mit anderen Staaten und Gebietskörperschaften (auf nationaler und internationaler Ebene) bestehen, um den Erfüllungsaufwand für kanadische Unternehmen zu verringern und gleichzeitig die Gesundheit und Sicherheit sowie das soziale und wirtschaftliche Wohlergehen der in Kanada lebenden Menschen zu wahren oder zu verbessern und die Umwelt zu schützen.
Kanadaspezifische Ansätze müssen in der Gesetzesfolgenabschätzung begründet werden.
Die Planung zukünftiger Regelungsvorhaben muss Fragen der Zusammenarbeit im Regulierungsbereich berücksichtigen.
Bei Prüfungen des Regelungsbestands müssen die zuständigen Stellen neue Möglichkeiten aufzeigen, den Erfüllungsaufwand für die betroffenen Akteure durch Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung zu verringern.
Neuseeland
Die Erwartungen der Regierung Neuseelands an gute Rechtsetzungspraktiken (Government Expectations for Good Regulatory Practice) gelten für alle Regulierungssysteme des Landes und damit für alle Arten von Regulierungsmaßnahmen und zuständigen Stellen. In Teil A der Erwartungen sind die Anforderungen an die Gestaltung von Regulierungssystemen dargelegt. Demnach „ist die Regierung der Auffassung, dass nachhaltige Ergebnisse mit echtem Wert für die Menschen in Neuseeland wahrscheinlicher sind, wenn ein Regulierungssystem [...] mit einschlägigen internationalen Normen und Vorgehensweisen im Einklang steht, die die positiven Effekte des Handels, und des grenzüberschreitenden Personen-, Kapitalstroms und Austauschs von Ideen maximieren sollen (außer wenn dies wichtige nationale Ziele und Werte gefährden würde)“. Mit dem Begriff internationale Normen bezieht sich Neuseeland dabei auf alle internationalen Vereinbarungen, legt also eine breitere Definition zugrunde als dieser Bericht und die WTO. In Teil B werden die Erwartungen an die Steuerung der Rechtsetzung durch die staatlichen Stellen beschrieben. Hinsichtlich bestehender Regulierungssysteme umfasst dies u. a. Monitoring-, Prüfungs- und Reportingaufgaben. Von den zuständigen Stellen wird erwartet, dass sie „sich regelmäßig mit vergleichbaren Regulierungssystemen in Neuseeland und anderen Staaten befassen, um mögliche Trends, Bedrohungen, Zusammenhänge, Anpassungsmöglichkeiten, Skalen- und Verbundvorteile sowie Beispiele für Innovation und empfehlenswerte Verfahrensweisen zu erkennen“. Auch für belastbare Analysen und Unterstützung bei der Umsetzung von Änderungen an den Regulierungssystemen sind die Stellen zuständig: Sie müssen „systematische Folgenabschätzungen und Risikoanalysen [durchführen], indem sie u. a. alternative legislative und nicht legislative Politikoptionen prüfen und der Frage nachgehen, wie die vorgeschlagene Änderung mit den nationalen und internationalen Verpflichtungen, die in diesem oder damit zusammenhängenden Regulierungssystem(en) bestehen, in Wechselwirkung bzw. im Einklang stehen kann“.
Kasten 4.9. Austausch der Ergebnisse von Ex-post-Evaluierungen als Möglichkeit zur Zusammenarbeit im Regulierungsbereich
Die Erweiterung der Inhalte und Reichweite von Handelsabkommen hat sie zu einem geeigneten Instrument für die grenzüberschreitende Förderung der Rechtsetzungsqualität werden lassen. In jüngster Zeit wurden in einer Reihe von Handelsabkommen eigene horizontale Kapitel aufgenommen, die im Allgemeinen darauf abzielen, ein Mindestniveau an guten Rechtsetzungspraktiken und/oder internationaler Zusammenarbeit im Regulierungsbereich unter den Partnerländern zu fördern.
Diese Bekenntnisse zu einer Stärkung der Regulierungspolitik begünstigen die systematische Einführung von Ex-post-Evaluierungen und anderen Instrumenten des Regulierungsmanagements, mit denen politische Entscheidungsträger die Qualität von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften gewährleisten können.
Insbesondere die entsprechenden Kapitel des Handelsabkommens zwischen Brasilien und Chile, des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der EU und Japan, das Freihandelsabkommen EU-Kanada (CETA) und das USMCA-Abkommen sehen Ex-post-Evaluierungen als Möglichkeit der regulatorischen Zusammenarbeit vor. Im CETA wird darauf hingewiesen, dass die Beteiligten im Rahmen ihrer IRC-Tätigkeiten Ex-post-Evaluierungen von Rechtsvorschriften oder Maßnahmen durchführen, die dabei verwendeten Methoden und Annahmen vergleichen und sich gegebenenfalls Zusammenfassungen ihrer Ergebnisse übermitteln können. Auch das betreffende Kapitel des Handelsabkommens zwischen Brasilien und Chile weist die Vertragsparteien auf die Möglichkeit hin, sich gegenseitig über ihre Ex-post-Evaluierungsmethoden und -verfahren zu informieren. Das Abkommen zwischen der EU und Japan ermutigt die Vertragsparteien, sich über rückblickende Evaluierungen und andere gute Regulierungspraktiken auszutauschen. Im USMCA wiederum wird anerkannt, dass regulatorische Unterschiede besser reduziert werden können, wenn sich die Vertragsparteien regelmäßig über Post-Implementation-Reviews (PIR) von Regelungen verständigen, die den Handel oder die Investitionstätigkeit betreffen.
Anmerkung: In Kauffmann und Saffirio (2021[8]) werden die folgenden Vereinbarungen analysiert: das Abkommen zwischen Neuseeland und Singapur über eine engere Wirtschaftspartnerschaft (CEP in der aktuellen Fassung), das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zwischen der EU und Japan, das Freihandelsabkommen EU-Kanada (CETA), das Handelsabkommen zwischen Brasilien und Chile, das Handelsabkommen zwischen Chile und Uruguay, das transpazifische Freihandelsabkommen (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership – CPTPP), die erste Ergänzung zum Zusatzprotokoll des Rahmenabkommens der Pazifik-Allianz und das USMCA-Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada.
Quelle: Kauffmann und Saffirio (2021[8]).
Bilaterale, regionale und multilaterale Zusammenarbeit: Verbesserung der inländischen Rechtsetzungsqualität durch internationale Kooperationsbemühungen
Die Politikverantwortlichen der verschiedenen Länder können eine ganze Reihe von bilateralen, regionalen und multilateralen Plattformen nutzen, um zusammenzuarbeiten und Informationen für ihre Konzepte zur Lösung politischer Aufgaben im Inland zu sammeln (OECD, 2013[11]; 2014[19]). Dabei erweisen sich internationale Kooperationsformen als wichtige Ergänzung zu rein unilateralen Maßnahmen im Inland. Sie schaffen die Grundlage für eine institutionalisierte und kontinuierliche Zusammenarbeit und eine größere Kohärenz in Regulierungsfragen. Die konkrete Gestaltung einer solchen internationalen Zusammenarbeit hängt zum einen vom Rechts- und Verwaltungssystem sowie von der geografischen Lage des jeweiligen Landes und zum anderen vom jeweiligen Sektor oder Politikbereich ab (OECD, 2021[4]).
Die Plattformen für internationale Zusammenarbeit werden immer vielfältiger und versammeln heute die verschiedensten Akteure, von zwischenstaatlichen Organisationen über länderübergreifende Netzwerke bis hin zu privaten Normgebern. Dabei entsteht ein rasch wachsender Katalog von Normen und Standards (OECD, 2019[20]), der die nationalen Regelungsanstrengungen bei der Bewältigung der zunehmend internationalen politischen Herausforderungen von heute unterstützt. Dringende Erfordernisse während der Coronakrise haben dazu geführt, dass sich eine Reihe von Staaten um bilaterale oder regionale Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Nachbarländern bemüht hat. In Anbetracht der globalen Reichweite der Pandemie spielten vor allem die multilateralen Organisationen eine wichtige Rolle. Dabei hat sich gezeigt, wie wichtig sie für die Arbeit der Politikverantwortlichen in den jeweiligen Ländern sind, und zwar sowohl als Informationszentren als auch als Foren für die Entwicklung internationaler Vereinbarungen (OECD, 2020[1]; 2020[21]). Doch auch unabhängig von der Pandemie entstehen weiterhin neue Initiativen für internationale Zusammenarbeit, die neuen und sich verändernden Politikprioritäten Rechnung tragen. Ein Beispiel hierfür ist die Förderung weltweiter Zusammenarbeit in Bezug auf Innovationen (Kasten 4.12).
Auch wenn internationale Organisationen die Rechtsetzung in den einzelnen Ländern maßgeblich unterstützen, wurde noch in der vorherigen Ausgabe des OECD-Ausblicks Regulierungspolitik hervorgehoben, dass diese Organisationen die Transparenz, Effektivität und Wirkungen ihrer Übereinkünfte dringend verbessern müssen. Empfohlen wurde hierfür insbesondere die Einführung guter Regulierungspraktiken (GRP), wie sie beispielsweise in der Empfehlung von 2012 zum Thema inländische Rechtsetzung vorgeschlagen werden. (OECD, 2018[13]). Auch heute noch bedarf es weiterer Anstrengungen, allerdings gibt es mittlerweile verschiedene Maßnahmen und Initiativen, die die Regelungsverfahren der internationalen Organisationen verbessern und ihre Vereinbarungen effektiver machen sollen. Dazu zählt neben dem Compendium of International Organisations’ Practices: Working Towards More Effective International Rulemaking, das gemeinschaftlich von der Partnerschaft internationaler Organisationen für eine effektive internationale Rechtsetzung entwickelt wurde, eine Reihe von weiteren Initiativen einzelner internationaler Organisationen.
Dieser Abschnitt stellt dar, inwieweit internationale Vereinbarungen die Rechtsetzung der einzelnen Staaten beeinflussen. Die Grundlage dafür bilden die Ergebnisse des iREG Survey und neue OECD-Analysen. Zudem wird die besondere Rolle der internationalen Organisationen in Bezug auf die Regelungen zur Bekämpfung der Covid-19-Krise hervorgehoben. Abschließend werden die spezifischen Anstrengungen bestimmter internationaler Organisationen zur Verbesserung der Qualität der internationalen Rechtsetzung umrissen. Die Informationen für diesen Abschnitt stammen in erster Linie aus dem Survey of International Organisations von 2018 sowie den jüngsten Studien der OECD über die Weltorganisation für Tiergesundheit (OECD, 2020[22]), das Internationale Büro für Maße und Gewichte (OECD, 2020[23]) und die Welthandelsorganisation (WTO) (OECD/WTO, 2019[7]). Außerdem flossen die vorläufigen Ergebnisse des IO-Kompendiums ein.
Internationale Vereinbarungen zur Unterstützung nationaler Regelungsanstrengungen
Die Politikverantwortlichen in den einzelnen Ländern sind auf internationales Fachwissen und internationale Erkenntnisse angewiesen, um in einer stark vernetzten Welt effektive und faktenbasierte Maßnahmen entwickeln zu können. Internationale Organisationen dienen zuallererst als institutionelle Foren für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Rechtsetzung. Sie verfügen über vielfältige Informationen und Erfahrungen, auf die sich Regierungen und Behörden stützen können (OECD, 2014[19]). Genauer gesagt bieten sie einen Rahmen, um in den jeweiligen Politikbereichen den Austausch von Daten zwischen den kooperierenden Ländern zu koordinieren, sei es als Rohdaten, über Datenbanken oder auch in analysierter Form als Themen- oder Länderberichte.
Dank dieser regelmäßig und dauerhaft ausgeübten Funktion können die Mitglieder der Organisationen ihre Ansichten zu neuen politischen Herausforderungen austauschen und verschiedene mögliche Politikoptionen zu deren Bewältigung prüfen. Diese Aufgabe des Ideengebers erfüllen beispielsweise die WTO-Ausschüsse für Technische Handelshemmnisse und für Gesundheits- und Pflanzenschutz, deren Mitglieder sich auf themenspezifischen Veranstaltungen oder in entsprechenden Workshops u. a. zu sektorspezifischen laufenden, neuen oder aufkommenden Regulierungsfragen (z. B. Energieeffizienz oder Lebensmittelkennzeichnung) austauschen (OECD/WTO, 2019[7]).
Diese Funktion internationaler Organisationen als „Datenhubs“ erweist sich auch in der Coronakrise als nützlich. Praktisch alle internationalen Organisationen, bei denen normative Übereinkünfte getroffen werden, haben eigene Covid-19-Rubriken auf ihren Websites für den Informationsaustausch in ihren jeweiligen Aufgabenbereichen eingerichtet – auch die OECD (OECD, 2020[1]). Sie stellen allerdings nicht nur öffentliche Onlineinhalte bereit, sondern dienen ihren Mitgliedern auch als Plattform, über die sie sich über ihre jeweiligen Maßnahmen unterrichten und sich einheitlich positionieren können (Kasten 4.10).
Länder, die sich ähnlichen Politikfragen gegenübersehen, können die internationalen Organisationen auch nutzen, um ihre Konzepte aufeinander abzustimmen. Dies erfolgt beispielsweise durch die Entwicklung internationaler Terminologien oder Vereinbarungen. Wenn nationale Delegierte oder Regelungsinstanzen IRC-Vereinbarungen treffen oder im Rahmen von institutionalisierten Verfahren gemeinsame Regeln einführen, können die Ergebnisse in verschiedenen Formen normativer Vereinbarungen verankert werden (OECD, 2014[19]). Diese Übereinkünfte können dann für die inländische Gesetzgebung herangezogen werden und so die länderübergreifende Kohärenz von Regulierungskonzepten verbessern.
Im Kontext der Covid-19-Pandemie lastete auf den internationalen Organisationen ein großer Druck, ihren Mitgliedsländern bei der Krisenbewältigung zu helfen (OECD, 2020[1]). Eine Reihe von Organisationen nutzte ihre normativen Funktionen, um in ihren jeweiligen Fachgebieten Leitlinien zu entwickeln. Hierzu passten sie ihre üblichen Werkzeuge an den Pandemiekontext an und berieten ihre Mitgliedsländer entweder zum Umgang mit den Auswirkungen der Pandemie in ihrem jeweiligen Fachgebiet oder zur Bewältigung der damit zusammenhängenden weltweiten sozialen und wirtschaftlichen Krise (Kasten 4.11).
Kasten 4.10. Internationale Organisationen als Plattformen für den Austausch von Notfalldaten in Zeiten von Covid‑19
Eine Vielzahl internationaler Organisationen reagierte auf den dringenden Datenbedarf ihrer Mitgliedsländer, um die von der Coronapandemie ausgehende Krise zu bewältigen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spielte in dieser Hinsicht eine prominente Rolle, indem sie für die Evaluierung gesundheitsbezogener Maßnahmen essenzielle Gesundheitsstatistiken erstellte und verbreitete sowie Empfehlungen zu internationalen Gesundheitsfragen gab. Die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der WHO bilden einen übergreifenden Rechtsrahmen, in dem die Pflichten der Länder beim Umgang mit akuten Gesundheitsrisiken festgelegt sind, die eine internationale Tragweite erreichen könnten. Die IGV „sind das einzige verbindliche weltweite Rechtsinstrument, das der Vorbeugung und Bekämpfung der internationalen Ausbreitung von Krankheiten gewidmet ist“ (Burci, 2020[24]). Die WHO ist demnach die zentrale Koordinierungsstelle für die Bekämpfung der Pandemie; sie nimmt Meldungen über Ausbrüche entgegen und stellt Informationen bereit, um die Forschung weltweit bei der Bekämpfung von Epidemien zu unterstützen.
Die OECD stellt Echtzeitdaten und Analysen zu den vielschichtigen Auswirkungen der weltweiten Krise in Bereichen wie Gesundheitsversorgung, Bildung, Beschäftigung und Steuern bereit.1
Die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) trägt Daten der Mitgliedstaaten zu den Ergebnissen von Tieruntersuchungen auf Infektionen mit SARS-CoV-2 zusammen.2
Die Welthandelsorganisation (WTO) hat Listen der im Zusammenhang mit Covid-19 ergriffenen Maßnahmen veröffentlicht3 und eine Reihe von Informationsnotizen zu Covid-19 und dem Welthandel herausgegeben.
Die Welttourismusorganisation (UNWTO) hat angesichts der Coronakrise eine Folgenabschätzung für den Fremdenverkehrssektor durchgeführt.4
Über den Rat der europäischen Energieregulierungsbehörden hatten dessen Mitglieder die Möglichkeit, sich über ihre jeweiligen nationalen Maßnahmen zum Umgang mit dem durch Covid-19 bedingten Rückgang des Energieverbrauchs sowie über Vorgehensweisen zur Unterstützung vulnerabler Kund*innen auszutauschen.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hat ein Big-Data-Instrument zu Lebensmittelketten während der Coronapandemie entwickelt, das tagesaktuelle Informationen zu den Auswirkungen der Pandemie auf Nahrungsmittel und Landwirtschaft, Wertschöpfungsketten, Lebensmittelpreise, Ernährungssicherheit sowie zu den ergriffenen Maßnahmen sammelt, organisiert und analysiert. Wie auf der FAO-Website angegeben, zielt das Instrument letztlich darauf ab, den Ländern als Entscheidungsgrundlage Fakten und Informationen über die Auswirkungen der Pandemie auf die Lebensmittelketten zur Verfügung zu stellen.5
Über die Kommunikationsplattform des Customs Enforcement Network (CENcomm) der Weltzollorganisation (WZO) können die Zollbehörden weltweit Erkenntnisse zu gefälschten Medizinprodukten und Arzneimitteln austauschen.
2. Vgl. die Rubrik „Covid-19“ unter https://www.oie.int/en/what-we-offer/emergency-and-resilience/covid-19/#ui-id-3.
Quelle: OECD (2020[1]).
Kasten 4.11. Internationale Organisationen als Plattformen für gemeinsames Handeln im Kontext von Covid-19
Als Plattformen für gemeinsames Handeln haben viele internationale Organisationen im Kontext der Pandemie Leitlinien entwickelt, um ihre Mitgliedsländer bei der Überwindung der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Krise zu unterstützen.
Die OECD gab den Ländern maßgeschneiderte Orientierungshilfen für die verschiedenen von der Krise betroffenen Politikbereiche an die Hand, u. a. zur Wahrung der Qualität der Rechtsetzung in Krisenzeiten.
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) erstellte einen Maßnahmenkatalog zur Vorbeugung und Verlangsamung der Ausbreitung von Covid-19 am Arbeitsplatz. Dieser bietet einen kooperativen Ansatz zur Beurteilung der Pandemierisiken und eine Grundlage für Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit von Arbeitskräften.
Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) gab Ratschläge und Orientierungshilfen, um den Seehandel aufrechtzuerhalten, ohne die Gesundheit der Seeleute zu gefährden.
Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) entwickelte eine Reihe von Kurzleitfäden zu bestimmten Themenbereichen, die in der Pandemie als Orientierungshilfe dienen sollen, um Risiken für die geschäftliche und betriebliche Kontinuität der Luftfahrt zu bewältigen.
Die Internationale Kriminalpolizeiorganisation (INTERPOL) entwickelte Leitlinien zum Schutz der Strafverfolgungsbeamt*innen und der Ersteinsatzkräfte.
Der Commonwealth of Nations entwickelte Leitlinien zu Sport, Bewegung und körperlicher Betätigung sowie Sportpolitik während der Coronapandemie.
Die Weltzollorganisation (WZO) entwickelte Leitlinien zu verschiedenen Themen, um den grenzüberschreitenden Verkehr wichtiger Güter des Grundbedarfs zu erleichtern.
Das Internationale Büro für Maße und Gewichte (BIPM) arbeitet gemeinsam mit den nationalen Messinstituten an der Validierung, Kalibrierung und Verifizierung von wichtigen Messinstrumenten für eine Reihe von Kernprodukten zur Bekämpfung von Covid-19. Die Zusammenarbeit dient ferner der Erarbeitung von Protokollen, um wissenschaftliche Vergleiche zur Förderung von Antigen- und Impfstofftests zu organisieren.
Quelle: OECD (2020[1]).
Kasten 4.12. Agile Nations: Pionierleistung in der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtsetzung?
Mit der Unterzeichnung der Agile Nations Charter haben Dänemark, Italien, Japan, Kanada, Singapur, die Vereinigten Arabischen Emirate und das Vereinigte Königreich im November 2020 ein zwischenstaatliches Netzwerk geschaffen, um beim Umgang mit Innovationen zusammenzuarbeiten. Das zentrale Ziel dieses Netzwerks besteht darin, die Schaffung eines innovationsfreundlichen Regulierungsumfelds mit einer besseren Steuerung grenzüberschreitender Risiken in Einklang zu bringen.
In der Agile Nations Charter sind die Zusagen der sieben Staaten zur Schaffung eines Regulierungsumfelds verankert, in dem neue Ideen gedeihen können. Die Vereinbarung ebnet den Weg für eine Zusammenarbeit der beteiligten Staaten, um Innovationsträgern zu helfen, sich sicher in ihrem Rechtsrahmen zu bewegen, neue Ideen gemeinsam mit den Regulierungsverantwortlichen zu testen und diese Ideen auf den sieben Märkten zu skalieren. Im Zentrum der Zusammenarbeit stehen u. a. die Bereiche umweltverträgliche Wirtschaft, Mobilität, Daten, finanzielle und professionelle Dienstleistungen sowie medizinische Diagnosen und Behandlungen.
Die Unterzeichnerstaaten der Charter erkennen an, dass sich gute Praktiken im Bereich der Rechtsetzung verändern; daher wollen sie diese Praktiken unter Beachtung der Arbeiten der OECD, des Weltwirtschaftsforums und anderer internationaler Organisationen regelmäßig überprüfen.
Verbesserung der Qualität und Wirksamkeit internationaler Vereinbarungen
Die OECD stellt fest, dass internationale Vereinbarungen für die nationalen Regelungsinstanzen zu einem wichtigen Aspekt bei der IRC-Umsetzung geworden sind (OECD, 2018[13]). Gleichwohl könnte die Berücksichtigung dieser Übereinkünfte bei der Erarbeitung und Anwendung inländischer Regelwerke noch systematischer erfolgen. Dafür müssen die Vereinbarungen allerdings hohen Qualitätsanforderungen genügen, weithin leicht zugänglich sein und dem Gemeinwohl in dem jeweiligen Staat dienen.
Die OECD benennt fünf Kernprioritäten, um internationale Vereinbarungen effektiver zu machen: das Umfeld klären, um die bestehenden Terminologien und die damit zusammenhängenden Rechtsfolgen zu beschreiben; die Umsetzung internationaler Vereinbarungen im Inland verbessern; eine Evaluierungskultur im Hinblick auf internationale Vereinbarungen entwickeln; die effiziente Einbeziehung der betroffenen Akteure sicherstellen und die Koordinierungsmöglichkeiten zwischen internationalen Organisationen maximieren (OECD, 2016[25]). Im Rahmen des OECD-Ausschusses für Regulierungspolitik hat die Partnerschaft für eine effektive internationale Rechtsetzung („IO-Partnerschaft“) an diesen fünf Herausforderungen gearbeitet und aus der nationalen Regulierungspolitik Lehren für die internationale Rechtsetzung gezogen. Das Compendium of International Organisations’ Practices: Working Towards More Effective International Instruments („IO Compendium“) präsentiert eine Reihe von Trends hin zu Verfahrensweisen, mit denen internationale Organisationen die Qualität internationaler Vereinbarungen sicherstellen wollen, und führt mehrere individuelle Beispiele für diese Entwicklung an (Kasten 4.13). Außerdem enthält es die wichtigsten Grundsätze zur Verbesserung der Wirksamkeit internationaler Rechtsetzung. Als praktisches Werkzeug für die Rechtsetzungstätigkeiten der Sekretariate internationaler Organisationen schafft das IO Compendium überdies Klarheit für die zuständigen Stellen der einzelnen Länder, damit diese sich in der Vielfalt internationaler Vereinbarungen besser zurechtfinden und die für sie wichtigsten Vereinbarungen identifizieren können. Es enthält zudem umfassende Informationen über die auf internationaler Ebene eingesetzten Instrumente zur Wahrung der Qualität der Rechtsetzung (OECD, 2021[26]).
Kasten 4.13. Beispiele für Verfahrensweisen internationaler Organisationen, die Transparenz, Evaluierung und Koordinierung internationaler Vereinbarungen verbessern sollen
Erläuterung zahlreicher internationaler Vereinbarungen
Das Online Compendium of OECD Legal Instruments enthält die Volltexte aller seit 1961 im Rahmen der OECD entwickelten Rechtsinstrumente. Zusätzlich bietet es Informationen zu ihrem Entstehungsprozess, ihrer Umsetzung sowie zum Beitritt von Nichtmitgliedsländern. Auch die wieder außer Kraft gesetzten Instrumente sind enthalten. Dieses Compendium ist ein weiterer Schritt, um die Arbeit internationaler Organisationen sowie ihre Vereinbarungen sichtbarer und verständlicher zu machen. Für jede Übereinkunft kann auch eine Zusammenfassung der genannten Informationen heruntergeladen werden. Das Compendium ist öffentlich zugänglich und wird von der OECD-Direktion Rechtsangelegenheiten gepflegt.
Stärkung der Umsetzung
Im Rahmen einer umfassenden Strategie zur Stärkung der Umsetzung ihrer Normen richtet die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) eine Beobachtungsstelle ein, die die Implementierung der OIE-Vorgaben überwachen soll. Die dort gesammelten und analysierten Daten sollen der Organisation dabei helfen, die Herausforderungen bei der Umsetzung besser zu verstehen und die Relevanz und Effizienz ihrer internationalen Normen zu evaluieren. Die Ergebnisse der Beobachtungsstelle sollen bei der Entwicklung und Überarbeitung neuer Regelungen berücksichtigt werden und damit letztlich auch den Normensetzungsprozess der OIE verbessern.
Akteursbeteiligung
Die WHO hat eine organisationsweite Politik zur Einbeziehung betroffener Akteure festgelegt: Der „Framework of Engagement with non-State Actors“ soll die Beteiligungsbemühungen wirksamer machen und bildet den Rahmen für die Zusammenarbeit der Organisation mit NRO, dem privaten Sektor, philanthropischen Stiftungen und akademischen Einrichtungen. Das Rahmenkonzept teilt die Interaktionen zwischen der WHO und nichtstaatlichen Akteuren in verschiedene Kategorien auf: Teilnahme an Konsultationen, Anhörungen und anderen Treffen der Organisation, Unterstützung durch finanzielle Beiträge oder Sachleistungen, Bereitstellung von Daten, Lobbyarbeit und technische Kooperation (insbesondere Produktentwicklung, Kapazitätsaufbau, operative Zusammenarbeit in Notfällen und Beiträge zur Umsetzung der WHO-Politik). Es legt Mechanismen für den Umgang mit Interessenkonflikten und anderen Risiken im Zusammenhang mit der Beteiligung fest.
Evaluierung
Damit die ISO-Normen auf dem Stand der Technik sind und weltweit relevant bleiben, werden sie spätestens alle fünf Jahre einer systematischen Überprüfung unterzogen. Dies ist bei privaten Normungsgremien gängige Praxis und andere internationale Organisationen wie die Internationale Organisation für das gesetzliche Messwesen (OIML) oder ASTM International sehen ähnliche Prozesse vor. Im Rahmen dieses Verfahrens überprüfen die ISO-Mitglieder das Dokument und seine Verwendung in ihrem jeweiligen Land (in Konsultation mit den dortigen betroffenen Akteuren), um zu entscheiden, ob es noch gültig ist, auf den Stand der Technik gebracht oder zurückgezogen werden sollte. Die ISO stellt auch ein Dokument mit Leitlinien für die systematische Überprüfung zur Verfügung.
Verbesserung der Koordinierung
Unter dem Motto „One Health“ arbeiten die FAO, OIE und WHO an einer langfristigen strategischen Orientierung für die Koordinierung ihrer globalen Aktivitäten zur Bewältigung von Gesundheitsrisiken an der Schnittstelle zwischen Mensch, Tier und Ökosystemen. Dabei wollen sie auch gewährleisten, dass die Normensetzungstätigkeiten der drei beteiligten Organisationen miteinander im Einklang stehen.
Anmerkungen
Vgl. Rechtshilfevertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Rechts- und Amtshilfe in Zoll-, Verbrauchsteuer- und Monopolangelegenheiten, Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1983 (BVerfGE 63, 343-380 [370]).
Literaturverzeichnis
[15] Basedow, R. und C. Kauffmann (2016), „International Trade and Good Regulatory Practices: Assessing The Trade Impacts of Regulation“, OECD Regulatory Policy Working Papers, No. 4, OECD Publishing, Paris, https://dx.doi.org/10.1787/5jlv59hdgtf5-en.
[14] BEIS (2020), International Regulatory Cooperation for a Global Britain: Government Response to the OECD Review of International Regulatory Cooperation of the UK, Department for Business, Energy and Industrial Strategy, Birmingham, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/913730/international-regulatory-cooperation-for-a-global-britain.pdf.
[10] Botta, E. et al. (2021), „The economic benefits of international co-operation to improve air quality in Northeast Asia“, unveröffentlichtes Paper, OECD, Paris.
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[17] Kauffmann, C. und R. Basedow (2016), „The political economy of international co-operation – a theoretical framework to understand international regulatory co-operation (IRC)“, unveröffentlichtes Paper, OECD, Paris.
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[23] OECD (2020), The Case of the International Bureau of Weights and Measures (BIPM), OECD, Paris, https://www.oecd.org/governance/regulatory-policy/international-regulatory-cooperation-and-international-organisations-the-case-of-the-international-bureau-of-weights-and-measures.pdf.
[5] OECD (2019), „Regulatory effectiveness in the era of digitalisation“, Broschüre, OECD, Paris, http://www.oecd.org/gov/regulatory-policy/Regulatory-effectiveness-in-the-era-of-digitalisation.pdf.
[20] OECD (2019), The Contribution of International Organisations to a Rule-Based International System: Key Results from the Partnership of International Organisations for Effective Rulemaking, OECD, Paris, https://www.oecd.org/gov/regulatory-policy/IO-Rule-Based%20System.pdf.
[16] OECD (2018), „Bessere Regeln durch internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich“, in OECD-Ausblick Regulierungspolitik 2018, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/9789264307988-9-de.
[13] OECD (2018), OECD-Ausblick Regulierungspolitik 2018 (Auszugsweise Übersetzung), OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/9789264307988-de.
[2] OECD (2018), Review of International Regulatory Co-operation of Mexico, OECD Publishing, Paris, https://dx.doi.org/10.1787/9789264305748-en.
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