In diesem Kapitel werden die Strategien der brandenburgischen Landesregierung zusammengefasst, mit denen Fachkräfte in Brandenburg ausgebildet, gewonnen und gebunden werden sollen. Zudem wird die Rolle des Hochschulsystems bei der Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Wandel zur modernen Fertigungsindustrie und dem Fachkräftemangel beleuchtet. Hierbei wird insbesondere die Funktion der verschiedenen Landesbehörden, Nichtregierungsorganisationen und Industrieverbände aufgezeigt und die Ausrichtung ihrer Methoden und Ansätze untersucht. In diesem Kapitel wird ebenfalls erörtert, wie die strategischen Prioritäten der Regierung die Hochschulpolitik und damit auch die Prioritäten der Hochschulen beeinflussen. Besonderes Augenmerk gilt den Bildungsmöglichkeiten, Karrieren und Studien in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Das Kapitel endet mit einer Auswertung und Politikempfehlungen.
Zugang zu Hochschulbildung im Bundesland Brandenburg
7. Strategien und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung
Abstract
Die drei wichtigsten Herausforderungen, die das brandenburgische Hochschulsystem angesichts der sich verändernden Anforderungen der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes zu bewältigen hat, betreffen:
1 Die Aufrechterhaltung einer hohen Studiennachfrage und die Förderung von Höher- und Umqualifizierungsmaßnahmen
2 Die Verbesserung der Abschlussquoten der Studierenden an brandenburgischen Hochschulen
3 Die private und berufliche Bindung frischgebackener und früherer Absolventen an das Land Brandenburg.
Die Landesregierung, die Hochschulen und die Sozial- und Wirtschaftspartner gehen diese drei zusammenhängenden Schwerpunkte anhand einer Kombination aus klaren Strategien, Maßnahmen und Initiativen an. In diesem Kapitel wird bewertet, wie gut das derzeitige politische Umfeld und die institutionellen Methoden auf die ermittelten Prioritäten zugeschnitten sind.
Strategische Planung und Koordinierung
Die strategische Agenda des MWFK für die Hochschulbildung ist stark am Bedarf der Wirtschaft des Landes ausgerichtet
Brandenburg hat eine strategische Agenda zur Steuerung der Hochschulpolitik erarbeitet, deren Schwerpunkt auf der Verknüpfung der Hochschulbildung mit dem Arbeitsmarkt und der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes liegt. Neben der Hochschulentwicklungsplanung (2013–2025) steuert das MWFK die brandenburgischen Hochschulen anhand einer fünfjährlich ausgearbeiteten Rahmenvereinbarung, in der die Ziele für den Hochschulbereich und die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele festgelegt werden. Das allgemeine Ziel der derzeitigen von 2019 bis 2023 gültigen Vereinbarung ist es, dass Brandenburg das (Aus-)Bildungs- und Forschungspotenzial der Hochschulen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes noch stärker nutzt und die Leistungskraft der Hochschulen insgesamt und dauerhaft stärkt. Die übergreifenden, aus verschiedenen Strategiedokumenten zusammengetragenen Ziele lassen sich unter sieben Hauptthemen zusammenfassen (Kasten 7.1).
Der Auftrag der staatlichen Hochschulen des Landes besteht nicht nur darin, den Fachkräftebedarf der regionalen Wirtschaft zu decken. Sie müssen ihre Absolventen zudem auf die nationalen und internationalen Arbeitsmärkte vorbereiten und sich im globalen Wettbewerb in den Bereichen Forschung und Innovation behaupten. Diese Faktoren können wiederum die Entwicklung der regionalen Wirtschaft durch Wissens- und Technologietransfer unterstützen.
Kasten 7.1. Strategische Themenfelder der brandenburgischen Hochschulpolitik
Die im Folgenden beschriebenen Themenfelder sind eine Zusammenfassung der Ziele und Maßnahmen aus der Hochschulentwicklungsplanung 2013–2025, den aktuellen Verträgen des MWFK mit den Hochschulen und der Unterrichtung der Landesregierung durch den Landtag über die Rahmenvereinbarung 2019–2023.
1. Anpassung des Studienangebots an den Qualifikationsbedarf und Qualitätssicherung
i) Kontinuierliche Verbesserung und Weiterentwicklung der Qualitätssicherungssysteme an den Hochschulen, um den sich ständig wandelnden Anforderungen gerecht zu werden; ii) Entwicklung weiterer dualer Studiengänge mit Schwerpunkt auf den Sozial-, Gesundheits- sowie technischen Berufen an möglichst vielen Hochschulstandorten; iii) Aufbau von Studienplatzkapazitäten in von Studierenden und Arbeitgebern stark nachgefragten Studiengängen; iv) Erhöhung der Attraktivität der weniger stark nachgefragten Fächer, damit die Ausbildung von genügend Fachkräften in wichtigen Wirtschaftsbranchen gewährleistet ist; v) Bewertung des Angebots wissenschaftlicher Weiterbildungsprogramme und dessen Ausbau in Übereinstimmung mit dem Qualifikationsbedarf.
2. Verringerung der Studienabbruchquote
Weiterentwicklung von Maßnahmen und Strukturen zur Studienorientierung und -vorbereitung (wie z. B. College-Strukturen, Orientierungsstudium u. ä.) ohne Herabsetzen der fachlichen Anforderungen.
3. Stärkung der Forschung sowie des Technologie- und Wissenstransfers
i) Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen und (wenn möglich) auch mit den Forschungseinrichtungen im Land; ii) Stärkung der Kultur des Wissenstransfers und Intensivierung der Leistungen für die regionale und gesellschaftliche Entwicklung; iii) Schaffung von Strukturen für die Zusammenarbeit mit Unternehmen, Verbänden und der Zivilgesellschaft.
4. Stärkung der Position der Fachhochschulen
i) Stärkung der Attraktivität von Fachhochschulprofessuren durch die Einrichtung von Forschungsprofessuren; ii) Erhöhung der Zahl dieser Professuren, damit die Fachhochschulen ihrer Rolle als regionale Partner für die Deckung des Fachkräftebedarfs und zur Generierung von Wachstum und Innovationen auch künftig gerecht werden; iii) Überdenken des Promotionsrechts der Fachhochschulen, dem sich derzeit die Universitäten verwehren.
5. Digitalisierungsvorbereitung und -ausbau
i) Modernisierung der digitalen Infrastruktur an den Hochschulen durch die Gründung eines Zentrums für Digitale Transformation; ii) Entwicklung und Ausbau des Angebots an digitalen Lehr- und Lernformaten; iii) Ausbau der Forschungskapazitäten im Bereich der Digitalisierung.
6. Förderung nachhaltiger Entwicklung
i) Förderung der nachhaltigen Entwicklung in den Bereichen Bildung, Forschung, Wissenstransfer und institutionelle Governance; ii) Bildung einer institutionenübergreifenden Arbeitsgruppe zu diesem Thema unter der Leitung der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE).
7. Förderung von Inklusion und guten Arbeits- und Studienbedingungen
i) Verbesserung der Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Familie für die Studierenden und der Work-Life-Balance für die Hochschulbeschäftigten; ii) Chancengleichheit für alle und insbesondere für Frauen; iii) Schaffung von Strukturen zur Erkennung und Bekämpfung von, insbesondere auch rassistisch motivierter, Diskriminierung; iv) Verbesserung der Strukturen für die Karriereentwicklung des wissenschaftlichen Nachwuchses, um besonders talentierte Nachwuchskräfte für das brandenburgische Hochschulsystem zu gewinnen und an das Land zu binden; v) Anpassung der Stellenausschreibungen an den Hochschulen an die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Postdoktoranden über ein institutionsübergreifendes Netzwerk; vi) verstärkte Einstellung von Menschen mit Behinderungen; vii) Verbesserung des Gesundheitsmanagements an den Hochschulen.
Anmerkung: Diese Informationen wurden aus mehreren Strategiedokumenten des Landes Brandenburg über die Hochschulbildung zusammengetragen.
Quelle: Landtag Brandenburg (2019[1]), Rahmenvereinbarung 2019 - 2023 zwischen dem Land Brandenburg und den Hochschulen des Landes Brandenburg, Unterrichtung der Landesregierung, Drucksache 6/9167; Zugriff auf die Verträge des MWFK mit den Hochschulen über https://mwfk.brandenburg.de/mwfk/de/wissenschaft/rechtliche-grundlagen-zentrale-dokumente/#; MWFK (2013[2]), Hochschulentwicklungsplanung des Landes Brandenburg bis 2025 Potsdam, März 2013, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur.
Zur Erreichung einiger Ziele im Hochschulsektor hat das MWFK in letzter Zeit über Arbeitsgruppen und beratende Gremien umfangreiche Beratungsgespräche mit den Hochschulen geführt. Anhand dieses Dialogs sollen etwa folgende Ziele erreicht werden: Beibehaltung der Nachfrage nach Studienplätzen, Stärkung der Forschungsleistung der Hochschulen und Ausbau der Beziehungen zu Vertretern aus Regierung und Wirtschaft. Dadurch können Entscheidungsprozesse in der Hochschulpolitik transparenter gemacht und Vertrauen zwischen den Hochschulen und dem MWFK aufgebaut werden. Die halbjährlichen Treffen zwischen der Ministerin und den Hochschulpräsidenten, der Arbeitsgruppe mit den Hochschulpräsidenten zur Entwicklung und Finanzierung der Hochschulbildung und der Untergruppen mit den Hochschulkanzlern zum institutionellen Finanzierungsmodell sind nur einige der kürzlich auf den Weg gebrachten Initiativen. Zusätzlich sollen beratende Gremien und Ausschüsse die Arbeit der gemeinsamen Zentren und Netzwerke der staatlichen Hochschulen begleiten, unterstützen und auswerten:
Zu den Netzwerken in Brandenburg gehören u. a. Netzwerk Studienorientierung, Netzwerk Studienqualität, Netzwerk Erfolgreicher Studieneinstieg für internationale Studierende (ESiSt) und das Netzwerk Zukunft. Schule und Wirtschaft für Brandenburg.
Das Qualitätsnetzwerk Duales Studium, das Zentrum für Medienwissenschaften (ZeM) und das Zentrum für Nachhaltigkeit an der HNE Eberswalde.
Das Digitalwerk ist ein Zentrum für die Digitalisierung von KMU, das vom Institut für Innovation und Informationsmanagement an der TH Brandenburg betrieben wird. Es ermöglicht in Brandenburg ansässigen KMU das Testen neuer digitaler Technologien.
Die Präsenzstellen der Hochschulen mit einer Koordinierungsstelle an der TH Brandenburg.
Das MWFK regt u a. die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Hochschulen an, um seine strategischen Ziele zu erreichen. Da viele dieser Projekte jedoch durch befristete Förderprogramme finanziert und nur selten ausgewertet werden, ist die Kontinuität der Ergebnisse gefährdet. Zudem erschwert die Heterogenität des Hochschulbereichs die institutionsübergreifende Zusammenarbeit in Brandenburg. Diese Schwierigkeit wird dadurch verstärkt, dass alle Hochschulen (mit Ausnahme der Universität Potsdam) relativ klein und ihre Kapazitäten daher begrenzt sind.
Die Fachhochschulen scheinen an einer Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen eher interessiert zu sein als Universitäten, die nationale und internationale Kooperationen bevorzugen. Dies ist verständlich, da die Fachhochschulen in der Regel praxisorientierter agieren und Kontakte zu regionalen Unternehmen und Akteuren pflegen. Von der Universität Potsdam wird oft erwartet, dass sie die regionalen Kooperationsbemühungen anführt, obwohl sie groß genug ist, um viele der Projekte allein durchzuführen.
Auch wenn das MWFK die Zusammenarbeit im Hochschulbereich begrüßt, hat es bis auf wenige Ausnahmen noch keine Erfahrung mit der Förderung von Bottom-up-Initiativen. Ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche institutionsübergreifende Zusammenarbeit, die von den Hochschulen selbst initiiert und vom MWFK unterstützt wird, ist etwa das Netzwerk Studienqualität. Das über den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) finanzierte StaF-Förderprogramm (Stärkung der technologischen und anwendungsnahen Forschung an Wissenschaftseinrichtungen) unterstützt gemeinsame Projekte zwischen Hochschulen sowie zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen und soll zu verstärkter institutionsübergreifender Zusammenarbeit führen.
Die derzeitige strategische Agenda des MWFK in Verbindung mit den in der Rahmenvereinbarung festgelegten Zielen und den derzeitigen Netzwerken und Strukturen befasst sich mit vielen Aspekten der drei zu Beginn des Kapitels ermittelten zentralen Herausforderungen und schafft einen Rahmen, innerhalb dessen spezifische Maßnahmen und Programme zur Erreichung der übergeordneten Ziele erarbeitet und umgesetzt werden können. Dennoch müssen neben Hochschulen und dem MWFK noch andere Akteure aktiv werden.
Verschiedene Landesministerien sind an der Kompetenzentwicklung beteiligt, aber ihre Anstrengungen sind nicht vollständig aufeinander abgestimmt
Während das MWFK die Bemühungen um den Ausbau seines Hochschulsystems koordiniert, sind andere Behörden des Landes zumeist in Zusammenarbeit mit nicht staatlichen Akteuren in ein breiteres Aufgabengebiet der Kompetenzentwicklung eingebunden. Die wichtigsten unter ihnen sind das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS), das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie (MWAE), die Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH (WFBB), die Bundesagentur für Arbeit und ihre Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, die Industrie- und Handelskammern (IHK) und die Cluster.
Jede dieser Organisationen hat ihr eigene institutionelle Strategie und ihre eigenen Ansichten über die Rolle der Hochschulbildung bei der Entwicklung von Kompetenzen:
Das MWAE ist für die Entwicklung qualifizierter Arbeitskräfte im Einklang mit der Wirtschaftspolitik des Landes zuständig. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem dualen Studium, das in Brandenburg nur einen kleinen Teil des Hochschulangebots ausmacht. Das MWAE ist zudem für die Fachkräftestrategie des Landes zuständig.
Das MBJS konzentriert sich auf die schulische und berufliche Bildung und ist zuständig für die Berufs- und Studienorientierung an Brandenburgs Schulen.
Die WFBB bietet umfangreiche Beratung und Unterstützung bei der Unternehmensansiedlung, Fachkräftebeschaffung, Beantragung von Fördermitteln und Kontaktierung von technologieorientierten Partnern. Neben anderen Akteuren ist die Gesellschaft in der Vermittlung von Fachkräften und Weiterbildungsmaßnahmen für Angestellte tätig.
Die IHKs sind für die Gestaltung und abschließende Prüfung vieler Berufsbildungsabschlüsse sowie die Vernetzung lokaler Unternehmen mit Auszubildenden in der Berufsausbildung zuständig.
Die Bundesagentur für Arbeit konzentriert sich größtenteils auf die Unterstützung von Personen mit geringen Qualifikationen beim Zugang zu einer entsprechenden Ausbildung und Beschäftigung. Die Arbeitsagentur vernetzt bei Bedarf lokale Unternehmen mit Fachkräften, bietet Hochschulabbrechern mögliche Berufsausbildungen an und unterstützt diese Berufsbildungsmaßnahmen finanziell.
Verschiedene regionale und lokale Partner stellen Informationen über Arbeitsmarktchancen oder Ausbildungs- und Studienprogramme in Brandenburg zur Verfügung, darunter auch Clustermanagement-Geschäftsstellen und Regionale Wachstumskerne (RWK). Jeder dieser Partner verfolgt dabei ein eigenes Programm. Regionale Wachstumskerne sind Gebiete mit besonderem wirtschaftlichem und wissenschaftlichem Potenzial. In Brandenburg existieren insgesamt 15 solcher Wachstumskerne. Diese Einstufung geschah 2004 aus der Motivation heraus, ihren Wachstum zu stärken, ihre Arbeitsplätze zu sichern und ihre Ressourcen effizienter einzusetzen. Darüber hinaus werden sie sicherlich die regionale Entwicklung vorantreiben und sich positiv auf die umliegenden Regionen auswirken. Die RWK haben Vorrang in verschiedenen entwicklungsbezogenen Förderprogrammen des Landes.
Aufgrund der zahlreichen Akteure und der verschiedenen Schwerpunkte ihrer Programme kommt es zu einem „Produktwirrwarr“, bei dem mehrere ähnliche Programme unabhängig voneinander laufen. Dadurch besteht auch die Gefahr, dass diese Stellen unkoordiniert handeln. Die für die OECD-Untersuchung befragten Interessenvertreter schlugen eine bessere Koordinierung zwischen diesen Gruppen und den verschiedenen Organisationen vor. Die Interaktion zwischen den einzelnen Ministerien gilt als ziemlich begrenzt. Dennoch existieren Chancen für mehr Klarheit und Ergänzung: Das Programm des MWFK ist auf die Hochschulbildung ausgerichtet und betont die Notwendigkeit des Erwerbs fortgeschrittener Fähigkeiten und Fertigkeiten, das MWAE und das MBJS konzentrieren sich auf die Entwicklung mittlerer berufsbezogener Fähigkeiten und Fertigkeiten und die Arbeitsagentur unterstützt Menschen mit niedrigen Qualifikationen.
Die Hochschulbildung hat keine Priorität in der übergreifenden strategischen Agenda der Regierung zur Kompetenzentwicklung
Seit den 2000er-Jahren verfolgt Brandenburg unter der Leitung des MWAE eine strategische Agenda zur Unterstützung der Entwicklung und Bindung von Fachkräften im Land. Die 2012 auf den Weg gebrachte Fachkräftestrategie zielt auf die Ausbildung, Bindung und Gewinnung von Fachkräften ab. Für die Amtszeit 2015–2019 wurde sie um die Festlegung fünf übergreifender Themen und konkreter unterstützender Maßnahmen zu deren Umsetzung erweitert (siehe Kasten 7.2). Der im Oktober 2019 unterzeichnete Koalitionsvertrag sieht eine Weiterentwicklung der Strategie, insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung, zu einer umfassenden Kompetenzentwicklungsstrategie für Brandenburg vor, die unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Land Berlin umgesetzt werden soll (Land Brandenburg, 2019[3]). Das MWAE überarbeitet derzeit die Strategie und bittet andere Landesministerien um Beiträge.
Kasten 7.2. Brandenburgs strategische Agenda zur Fachkräftesicherung seit 2012
Die Strategie „Fachkräfte bilden, halten und für Brandenburg gewinnen“ (2012)
Das Land Brandenburg hat 2012 seine erste umfassende Strategie zur Fachkräfteentwicklung „Fachkräfte bilden, halten und für Brandenburg gewinnen“ verabschiedet und mit einem Handlungsplan unterlegt. Vorausgegangen war eine grundlegende Analyse der Fertigungs- und der Tourismusbranche sowie des Gesundheitswesens, einschließlich einer Schätzung des zukünftigen Qualifikationsbedarfs in diesen Bereichen. Die Strategie umfasst acht Handlungsfelder:
Verbesserung der Berufsorientierung und des Übergangs in die Weiterbildung
Verstärkung der Anreize für ein Studium
Quantitativer und qualitativer Ausbau der ersten Berufsausbildung
Förderung der Kompetenzentwicklung in Unternehmen und der Qualifizierung von Arbeitnehmenden
Verbesserung der Arbeitsmarktperspektiven für Erwerbslose durch bedarfsorientierte Qualifizierung
Verbesserung der Zusammenarbeit und des Transfers zwischen Forschung und Wirtschaft
Förderung von Unternehmensgründungen
Erarbeitung strukturierter Maßnahmen.
Fortschreibung der Strategie (2015–2019)
2015 wurde die Strategie zur Fachkräftesicherung an die neueren Entwicklungen angepasst, etwa im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel, dem zunehmenden Fachkräftemangel und zuletzt der Digitalisierung. Zu diesem Zweck wurden fünf Schlüsselthemen festgelegt:
Fachkräfte und Cluster: Die Thematik ist als Querschnittsaufgabe in allen neun Clustern verankert (siehe Kapitel 2) und wird von jedem Cluster in seiner eigenen Strategie bedarfsgerecht erarbeitet.
Übergang Schule–Beruf einschließlich Berufs- und Studienorientierung: Mit diesem Schlüsselthema sollen Schüler und junge Menschen über die verschiedenen postsekundären beruflichen und akademischen Ausbildungsgänge nach dem Schulabschluss informiert werden, damit sie eine berufsbezogene Qualifikation erwerben können.
Ausbau des dualen Studienangebots an Hochschulen: Die Thematik unterliegt der Verantwortung des MWFK und dient dem Aufbau neuer dualer Studienangebote. Um die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen und Unternehmen sowie weiteren Akteuren zu erleichtern, hat das MWFK die Agentur Duales Studium im Land Brandenburg an der Technischen Hochschule Brandenburg eingerichtet.
Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung: Besonders auf der Facharbeiterebene wird ein Fachkräftemangel erwartet. Die kontinuierliche individuelle und betriebliche Weiterbildung wird als wichtig für die Karriereaussichten der Beschäftigten und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erachtet.
Gute Arbeit und Wandel der Arbeit: An dieser Thematik arbeitet die Landesregierung gemeinsam mit verschiedenen Sozialpartnern. Sie vertreten die Ansicht, dass nur ein fairer Umgang mit den Folgen von technischen Veränderungen, wie Technologien der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz, sowie faire Arbeitsbedingungen Brandenburg zu einem attraktiven Standort für qualifizierte Fachkräfte macht.
Die Fachkräftestrategie wird derzeit vom MWAE überarbeitet.
Quelle: MSGIV (n.d.[4]), Fachkräfte bilden, halten und für Brandenburg gewinnen: Die Strategie des Landes Brandenburg zur Fachkräftesicherung, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz.
Mit der Festlegung auf fünf Schlüsselthemen möchte die Landesregierung ihre unterstützenden Maßnahmen und Aktivitäten sichtbar machen, effizient gestalten und die Zusammenarbeit mit entsprechenden Partnern insbesondere aus dem Bündnis für Gute Arbeit stärken. Als Nachfolger des Arbeitskreises für Fachkräftesicherung konstituierte sich 2016 das Bündnis für Gute Arbeit als oberstes arbeitsmarktpolitisches Gremium im Land Brandenburg unter Federführung des MWAE in Zusammenarbeit mit dem MBJS und dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz (MSGIV). Eine der Hauptaufgaben ist die Weiterentwicklung der Fachkräftestrategie und die Umsetzung ihrer Schlüsselthemen. Weitere Beteiligte sind Vertreter der Wirtschaft, der Handels- und Handwerkskammern, der Gewerkschaften, des Landeselternrates, der Hochschulen, der Schulbehörden, des Landkreistags, der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales sowie Abteilungen der brandenburgischen Landesregierung (MWAE, n.d.[5]).
Zur Umsetzung dieser Aktivitäten stellt die Landesregierung verschiedene durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanzierte Förderprogramme zur Verfügung. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Förderung und Unterstützung:
der betrieblichen Weiterbildung in den KMU;
der beruflichen Ausbildung mit dem „Programm zur qualifizierten Ausbildung im Verbundsystem“;
des Berufseinstiegs von Studierenden und Hochschulabsolventen in die brandenburgischen Unternehmen mit dem Programm „Brandenburger Innovationsfachkräfte“.
Auch für den Zeitraum von 2021 bis 2027 wird Brandenburg vorrangig ESF-Fördermittel zur Finanzierung von Maßnahmen, die dieser Strategie dienlich sind, verwenden. Im Einklang mit dem allumfassenden Motto des ESF für diesen Zeitraum „Für ein sozialeres und inklusiveres Europa“ und gemäß dem Koalitionsvertrag von 2019 hat die Landesregierung die „inklusive Bildung und bessere Entwicklung des Arbeitskräftepotenzials“ zu einer ihrer vier politischen Prioritäten gemacht. Bei der inklusiven Bildung wird auf die Verbesserung folgender Bereiche abgezielt: i) Lese- und Schreibkompetenz und Grundbildung, ii) Berufs- und Studienorientierung, iii) Bildungsmaßnahmen an den Hochschulen, iv) kulturelle Bildung von Kindern und Erwachsenen und v) fremdsprachliche und interkulturelle Kompetenzen. Der zweite Teil konzentriert sich besonders auf die Berufs- und Studienorientierung junger Leute und deren Übergang von der Schule in die berufliche oder höhere Bildung. Mit weiteren Maßnahmen sollen bspw. Rückkehrende und Fachkräfte aus dem Ausland angeworben und Arbeitnehmende allgemein auf die sich ständig verändernde Arbeitswelt vorbereitet werden (insbesondere im Zusammenhang mit der Digitalisierung).
Die Fachkräftestrategie von Brandenburg unter der Federführung des MWAE nimmt abgesehen von dem eindeutigen Schwerpunkt auf duale Studien nur einen begrenzten Bezug auf die Hochschulbildung. Sie ist durch die Masterpläne der Cluster, die Transferstrategie und die strategischen Prioritäten der Regionalen Wachstumskerne zu ergänzen. Bei einigen Clustern steht die Hochschulbildung im Hinblick auf die Kompetenzentwicklung und die Bindung von Absolventen im Einklang mit den Innovationsstrategien1 des Landes im Mittelpunkt (siehe Tabelle 7.1).
In der 2017 durch das MWFK auf den Weg gebrachten Transferstrategie für Brandenburg wurden ebenfalls drei konkrete Maßnahmen festgelegt: i) Erweiterung der dualen Studienangebote, ii) Ausbau des Förderprogramms „Brandenburger Innovationsfachkräfte“ (BIF) und iii) bessere Vernetzung von Absolventen mit lokalen Unternehmen zur Förderung der Kompetenzentwicklung und der Bindung von Hochschulabsolventen an das Land Brandenburg (MWFK, 2017[6]). Die Strategie wird vorrangig durch die Technologie- und Wissenstransferstellen sowie die Präsenzstellen der staatlichen Hochschulen umgesetzt (siehe weiter unten in diesem Kapitel). Die Regionalen Wachstumskerne können mit den ihnen bereitgestellten Mitteln ebenfalls Maßnahmen zur Fachkräftesicherung finanzieren. Im November 2019 wurde die Verantwortung für den RWK-Prozess und die damit verbundenen interministeriellen Arbeitsgruppen vom MWAE auf die Brandenburger Staatskanzlei übertragen.
Tabelle 7.1. Bezug zur Hochschulbildung in den Masterplänen der Cluster
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Brandenburg-Berlin Cluster |
Brandenburger Cluster |
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Energie-technik |
Biowissen-schaften & Gesund-heitswesen |
IKT, Medien & Kreativ-wirtschaft |
Optik & Photonik |
Verkehr, Mobilität & Logistik |
Ernährungs-wirtschaft |
Kunst-stoffe & Chemie |
Metall |
Tourismus |
1. Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Hochschulen und anderen (Aus-)Bildungsanbietern bei der Entwicklung und Gestaltung von Studien- und Ausbildungsangeboten |
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X |
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X |
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2a. Vorbereitung und Ansporn der Schüler für ein Studium, eine Ausbildung und die Arbeit in einschlägigen Bereichen (z. B. Naturwissenschaften, Mathematik, Informationstechnologie und Ingenieurwesen) |
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X |
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X |
X |
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2b. Frauen als Zielgruppe |
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X |
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X |
X |
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3. Benachrichtigung von Hochschul- und Berufsschulabsolventen über entsprechende Stellenangebote in Brandenburg |
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X |
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X |
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4. Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen im Bereich Forschung |
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X |
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5. Stärkung einschlägiger angewandter Forschung an den Hochschulen |
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X |
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6. Ausbau des Studienangebots, einschließlich im Bereich der Weiterbildung an Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen in verwandten Bereichen |
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X |
X |
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X |
X |
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7. Kein spezifischer Bezug zur Hochschulbildung |
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X |
X |
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Quelle: Berlin Partner and WFBB (2020[7]), Berlin-Brandenburg – Zukunft der Gesundheit: Masterplan Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH; WFBB (2020[8]), Masterplan Cluster Metall Brandenburg: Allein stark, gemeinsam stärker, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH; WFBB (2014[9]), Brandenburg hat Geschmack: Masterplan für das Cluster Ernährungswirtschaft Brandenburg, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH; Berlin Partner and WFBB (2020[10]), Masterplan Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik Berlin Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH; WFBB (2020[11]), Masterplan Kunststoffe und Chemie: Nachhaltige Entwicklung in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH; Berlin Partner and WFBB (2017[12]), Die Region voller Energie: Masterplan für das Cluster Energietechnik Berlin-Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH; Berlin Partner and WFBB (2020[13]), Masterplan für das Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft Berlin-Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH; Berlin Partner and WFBB (2019[14]), Masterplan Optik und Photonik: Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH; WFBB (2016[15]), Landestourismuskonzeption Brandenburg: Wir machen Lust auf Land, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
Gewinnung und Bindung von Fachkräften
Zur Information und Gewinnung von Fachkräften für Brandenburg wurden Initiativen erarbeitet
Im Rahmen der Strategie zur Fachkräfteentwicklung in Brandenburg finanziert die Landesregierung verschiedene Beratungsstellen, die Information über arbeitsmarkt- und qualifikationsbezogenen Themen zur Verfügung stellen:
Das Team WFBB Arbeit – Fachkräfte & Qualifizierung informiert und berät lokale Unternehmen in verschiedenen Zweigstellen darüber, wie sie, etwa anhand von verfügbaren Förderprogrammen, ihre Fachkräfte bilden und binden. Zudem erleichtern sie die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen regionalen Arbeitsmarktakteuren.
Ihr Service Weiterbildung Brandenburg berät Unternehmen und Einzelpersonen über die berufliche Weiterbildung und stellt eine regelmäßig aktualisierte Datenbank über Weiterbildungsmöglichkeiten in Brandenburg zur Verfügung.
Die Servicestelle Arbeitswelt und Elternzeit (SEA) beriet bis zum 31.12.2021 Beschäftigte, werdende Eltern und Unternehmen über rechtliche und organisatorische Belange mit Bezug auf die Vereinbarung von Familie und Beruf.
Der Fachkräftemonitor Brandenburg liefert regionalen Unternehmen und anderen Interessenvertretern Informationen, die als Grundlage für die Entwicklung gezielter Handlungsmaßnahmen dienen.
Das Fachkräfteportal Brandenburg bietet aktuelle Job- und Ausbildungsplatzangebote im Land Brandenburg sowie weitere hilfreiche Informationen für Neu-Brandenburger, Rückkehrende, Studieninteressierte und andere Gruppen.
Eine 2017 durchgeführte Bewertung der ersten drei dieser Förderprogramme ergab, dass die Projekte ihre qualitativen Ziele erreicht und in einigen Fällen die quantitativen Ziele deutlich übertroffen hatten. Die Service-Nutzer zeigten sich mit dem Angebot höchst zufrieden (Wirtschaftsregion Lausitz GmBH, 2020[16]).
In ganz Brandenburg und auch deutschlandweit erstellen verschiedene Organisationen umfangreiche Arbeitsmarktinformationen. Allerdings sind diese Informationen politischen Entscheidungsträgern, Arbeitgebern und -suchenden nicht leicht zugänglich und werden nicht gemeinsam und systematisch im Prozess der Bewertung und Erwartung von Qualifikationen verwendet. Das Fachkräfteportal Brandenburg stellt den Versuch dar, Informationen zur Arbeitsmarktsituation und über Studienangebote und andere verwandte Themen in Brandenburg zu bündeln (WFBB, n.d.[17]). Allerdings wurde bislang nicht untersucht, wie gut sich das Portal zur Erreichung der damit bezweckten Ziele, wie etwa sein Nutzen für die Zielgruppen, eignet.
Ein weiteres Programm, das den Studierenden den Arbeits- und Wohnort Brandenburg näher bringen soll, wird für niedergelassene Zahnärzte der Universität Greifswald angeboten (Zahnärzte Schwedt, 2022[18]). Da keine der Universitäten in Brandenburg Studiengänge der Zahnmedizin anbietet, hat die Universität Greifswald eine Übereinkunft mit dem Verein der Zahnärzte Schwedt getroffen, dass Studierende einmal im Jahr eine Woche lang Praxiserfahrung in Zahnarztpraxen in Schwedt sammeln können. Durch diese Kooperation sollen die Studierenden einen Überblick über die Anforderungen des Berufsalltags in einer Zahnarztpraxis sowie die wirtschaftlichen, rechtlichen und sonstigen Anforderungen eines selbstständigen Zahnarztes erhalten. Außerdem möchte der Verein die Stadt Schwedt und ihre Umgebung als Wohn- und Arbeitsort vorstellen. Studierende verbringen eine ganze Woche in Schwedt. In dieser Zeit besuchen sie Praxen und Labore sowie ausgewählte Orte in der Stadt, erfahren mehr über den Verein der Zahnärzte und lernen Menschen kennen, die in Schwedt aufgewachsen und später wieder nach Brandenburg zurückgekommen sind. Die Studierenden, die an diesem Projekt teilgenommen haben, bewerten es als positiv und lohnenswert.
Das Land hat auch Anstrengungen unternommen, um Absolventen und junge Fachkräfte aus anderen Teilen Deutschlands und aus dem Ausland, einschließlich Rückkehrende und ehemalige Studierende für Brandenburg zu gewinnen. Das Informationsangebot des Fachkräfteportals enthält 16 Initiativen für Interessierte, die in Erwägung ziehen, sich dauerhaft in Brandenburg niederzulassen (WFBB, n.d.[17]). Außerdem werden Werbekampagnen durchgeführt, um bei nicht mehr in Brandenburg ansässigen Menschen Interesse an Arbeitsplätzen in Brandenburg zu wecken. Zwischen 1992 und 2015 zogen knapp 800.000 Menschen in ein anderes Bundesland. Sollte sich eine große Zahl unter ihnen für eine Rückkehr nach Brandenburg entscheiden, wäre das eine Riesenchance für das Land.
2018 brachte die Staatskanzlei die Kampagne „Brandenburg. Es kann so einfach sein auf den Weg. Darin wird das Land Brandenburg als ein lebenswerter Ort dargestellt, was das Vertrauen der Ansässigen stärken und Menschen aus anderen (Bundes-)Ländern anziehen soll. Die Kampagne umfasst etwa Pressemitteilungen, TV- und Radiospots, Plakate und die Website www.es-kann-so-einfach-sein.de. In einer repräsentativen Online-Umfrage sagte jeder zehnte Deutsche, er kenne den Slogan, in Brandenburg sagte das jeder dritte Befragte. Drei Viertel der Befragten waren überzeugt, dass der Slogan im Gedächtnis bleibt und 79 % meinten, er sei passend für Brandenburg (Brandenburg State Marketing, n.d.[19]).
Alle brandenburgischen Hochschulen pflegen noch ausbaufähige Netzwerke und Services für Alumni. Die ehemaligen Studierenden könnten als Sprachrohre für Brandenburg als lohnenswertes Bundesland zum Studieren, Arbeiten und Leben dienen und Menschen zur Rückkehr nach Brandenburg bewegen. In den meisten Hochschulen gib es Ansprechpersonen für Alumni. Die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder organisiert bspw. regelmäßig Alumni-Treffen in Städten weltweit. Die BTU verfügt über einen speziellen Alumni-Verein (Alumni Club BTU Cottbus-Senftenberg e.V.). Andere Hochschulen laden ihre Alumni ein, Mitglied in sogenannten Freundeskreisen bzw. -gesellschaften zu werden, wie etwa in der Universitätsgesellschaft Potsdam e.V. an der Universität Potsdam, in der Gesellschaft von Freundinnen und Freunden der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf e.V. oder in der Eberswalder Hochschulgesellschaft e.V. an der HNEE. Einige Hochschulen ermöglichen ihren Alumni die Nutzung von Hochschuleinrichtungen und Services. So seht z. B. der Startup-Service der Universität Potsdam Alumni kostenfrei zur Verfügung. Auch die Alumni der HNEE können Gründungsberatungsdienste bis zu sieben Jahre nach ihrem Abschluss kostenfrei in Anspruch nehmen. Die TH Wildau gestattet ihren Alumni die Nutzung des Startup Centers, der Bibliothek und der Sporteinrichtungen. Regionale Wirtschaftsakteure betrachten Alumni als „einen noch nicht entdeckten Schatz“ für Brandenburg.
Der Ausbau der Bildungsmöglichkeiten im technischen Bereich, insbesondere im Ingenieurwesen, hat bei der Landesregierung und den Hochschulen hohe Priorität
In Brandenburg sind Absolventen der Ingenieurwissenschaften sehr gefragt. Ihnen wird ein hohes Maß an Kompetenz nachgesagt. Allerdings geht ihre Zahl zurück. Im Wintersemester 2019/20 stiegen die Studierendenzahlen aufgrund eines hohen Anteils an ausländischen Studierenden erstmals seit 2015 wieder an. Die insgesamt fünf technischen Hochschulen in Brandenburg sehen sich starker Konkurrenz durch die viel größeren technisch orientierten Hochschulen in Berlin und anderen angrenzenden Bundesländern ausgesetzt.
Um für Studierende attraktiver zu werden und besser mit der Wirtschaft verbunden zu sein, haben sie ihr Studienangebot umstrukturiert und ihre Forschungsaktivitäten neu ausgerichtet. So hat sich die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde einen Namen in der Holztechnik gemacht und die Fachhochschule Potsdam auf Bauingenieurwesen spezialisiert. Die BTU, TH Brandenburg und TH Wildau bieten ein breites Spektrum an Fachrichtungen an, wobei sich einige überschneiden und ähneln. Viele der Studiengänge werden durch Forschungsprogramme untermauert, die Potenzial bieten, und sind für den künftigen Fachkräftebedarf von Bedeutung, auch wenn die Nachfrage der Studierenden nach diesen Studiengängen derzeit begrenzt ist.
Viele verschiedene staatliche Akteure und Interessengruppen bieten gemeinsam oder unabhängig voneinander Aktivitäten in den Bereichen Naturwissenschaften, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik2 auf verschiedenen Bildungsebenen an, anhand derer die Kompetenzen junger Leute in diesen Bereichen ausgebaut und das Bewusstsein für diese Berufe geschärft werden soll (siehe Kasten 7.3). Das MWFK wirkt an verschiedenen länderübergreifenden Ausschüssen mit (z. B. dem Länder-Round-Table MINT-Regionen und dem Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen), wodurch es vom Fachwissen anderer Bundesländer profitieren kann. Um die verschiedenen Akteure besser miteinander zu verbinden, unterstützt das MWFK die Schaffung einer MINT-Koordinationsstelle innerhalb des Netzwerks Studienorientierung, die 2022 ihre Arbeit aufnehmen soll.
Kasten 7.3. Initiativen zur Förderung von MINT-Berufen und MINT-Studiengängen
Anhand verschiedener bundesweiter und länderspezifischer Initiativen sollen junge Menschen MINT-Kompetenzen erlangen und auf die Berufe in diesen Bereichen aufmerksam gemacht werden. Zudem soll die Zahl der (insbesondere weiblichen) Studierenden von Studiengängen im technischen Bereich an deutschen Hochschulen erhöht und die Qualifikationen der Absolventen dieser Studiengänge verbessert werden. Auch brandenburgische Schulen nehmen an vielen der MINT-Initiativen und ‑Wettbewerben teil, die entweder bundesweit oder in staatlichen Netzwerken und Plattformen beworben werden (z. B. mintnetz.de und mint-lausitz.de).
MINT – Zukunft schaffen
Dem größten deutschen MINT-Netzwerk gehören viele große (deutsche) Unternehmen an. Es wurde konzipiert, um mehr qualifizierte Fachkräfte für MINT-Fächer zu gewinnen. Es bietet eine Plattform für MINT-Aktivitäten und -Initiativen. Ziel ist es, die breite Öffentlichkeit auf MINT-bezogene Themen aufmerksam zu machen und das Interesse junger Menschen für diesen Bereich zu wecken.
In Zusammenarbeit mit seinen Partnern, Hochschulen und Landesarbeitgeberverbänden bewertet das Netzwerk seit 2011 Schulen, deren Schwerpunkt auf MINT-Fächern liegt, und ehrt sie mit dem Signet „MINT-freundliche Schule“. Das Siegel geht nicht an die besten MINT-Schulen, sondern an jene, die erste wichtige Schritte in diesem Bereich tun. In einem bundesweiten Bewerbungsprozess werden die Schulen nach bestimmten Kriterien bewertet. MINT-freundliche Schulen beweisen, dass sie mind. 10 der 14 Kriterien erfüllen. Mit der Initiative sollen 10 % der deutschen Sekundarschulen erreicht werden.
2017 wurde das neue Programm „Digitale Schule“ ins Leben gerufen. Die Bewertung der Schulen erfolgt nach fünf Kriterien: Pädagogik und Lernkultur; Qualifizierung der Lehrkräfte; regionale Vernetzung; Konzept und Verstetigung; Technik und Ausstattung. 2021 wurden in Brandenburg acht Schulen als „MINT-freundliche Schule“ und fünf als „digitale Schule“ ausgezeichnet.
MINT-EC Zertifikat
MINT-EC ist das Exzellenznetzwerk von 339 Schulen mit Sekundarstufe II und hervorragendem MINT-Schulprofil. Dem Netzwerk gehören auch acht brandenburgische Schulen an. Ziel ist es, die Schulen bei ihrer Entwicklung zu MINT-Talentschmieden mit Angeboten für Schüler, Lehrkräfte und Schulleitungen zu fördern. Das Netzwerk bietet: mehrtägige Forschungsveranstaltungen für Schüler in Kooperation mit Schulen, Hochschulen, Forschungsinstituten und Unternehmen; Wettbewerbe für Schüler sowie für Schulleitungen; Schulleitertagungen; Fachtagungen und Fortbildungen für Fachlehrkräfte; die Entwicklung einer digitalen Lehr- und Lernplattform unter Einbezug der MINT-EC-Schulen; und ein Alumni-Netzwerk.
TuWas! Technik und Naturwissenschaften an Schulen
Diese Initiative, an der vier Bundesländer teilnehmen, wurde 2007 von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Freien Universität Berlin gestartet. Sie soll Grundschüler für ein Studium/einen Beruf im naturwissenschaftlichen und technischen Bereich begeistern.
Die Bertold-Brecht-Schule in Schwedt/Oder in der Uckermark nimmt seit 2008 an diesem Projekt teil. Seit dem Schuljahr 2016/17 sind noch weitere brandenburgische Schulen zunächst mit Unterstützung des MBJS und des Cluster Chemie und Kunststoffe dazugekommen. Das Projekt bietet Experimentier- und Lehrmaterial zu lehrplanrelevanten Themen in Naturwissenschaften und Technik für die Klassen 1 bis 6. Die Schulkinder stellen Hypothesen auf, experimentieren in Teams und dokumentieren und diskutieren ihre Ergebnisse. Auf spielerische Art und Weise lernen sie wissenschaftliche Arbeitsweisen kennen, entwickeln Teamfähigkeit, verbessern ihre Lese- und Schreibfähigkeiten und erweitern ihren naturwissenschaftlichen Wortschatz. Zu jeder Experimentiereinheit werden Fortbildungen angeboten, um die Lehrkräfte auf den Unterricht vorzubereiten.
Quelle: MINT Zukunft e.V. (n.d.[20]), MINT Zukunft Schaffen: Kategorie: Brandenburg, https://mintzukunftschaffen.de/category/deutschlandweit/brandenburg/; MINT-EC (n.d.[21]), MINT-EC-Zertifikat, MINT-EC - Das nationale Excellence-Schulnetzwerk, https://www.mint-ec.de/angebote/schuelerinnen-und-schueler/zertifikat/; TuWaS! (n.d.[22]), Willkommen bei TuWaS!, TuWaS! – Technik und Naturwissenschaften an Schulen, https://tuwas-deutschland.de/.
Lehrkräfteausbildung
In Brandenburg mangelt es weiterhin an Lehrkräften. Die derzeitige Kapazität der Lehrkräftebildungsprogramme deckt nur die Hälfte des Bedarfs an neuen Lehrkräften (etwa 600 Absolventen). Um dieses Problem anzugehen, hat die Landesregierung der Universität Potsdam beträchtliche Fördermittel zugewiesen, um das Studienangebot und die Studienplätze weiter auszubauen und die Infrastruktur und Kapazitäten zu verbessern. Das Studienangebot der Universität Potsdam sollte eventuell auch Studieninteressierten in weiter von Potsdam entfernten Orten näher gebracht werden. Brandenburgische Hochschulen scheinen auch gut auf die Ausbildung von Lehrkräften an Berufsschulen vorbereitet zu sein, wenn die Landesregierung ihnen dafür den Auftrag und die notwendigen Mittel erteilen würde.
In der Zwischenzeit werden anhand eines Programms des MBJS besonders in ländlichen Gegenden Quereinsteigende eingestellt, wenn sich keine Lehrkräfte mit einer an einer Hochschule erworbenen Lehrkräfteausbildung auf eine offene Stelle an einer bestimmten Schule bewerben. Alle Quereinsteigende werden mit einer pädagogischen Grundqualifizierung auf ihren Einsatz im Unterricht vorbereitet, bevor sie an einer Schule eingestellt werden. Die Grundvoraussetzung für den Quereinstieg in das brandenburgische Schulsystem ist in der Regel ein Abschluss an einer Hochschule oder Fachhochschule (Diplom oder Master). Die pädagogische Grundqualifizierung wird im Bereich der zuständigen Landesschulbehörde organisiert. Seminarleiter und Berater des Beratungs- und Unterstützungssystems für Schulen und Schulaufsicht (BUSS) vermitteln Quereinsteigenden Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu wesentlichen Abläufen des Schulalltags und der Unterrichtsgestaltung (MBJS, n.d.[23]).
Auswertung und Politikempfehlungen
Koordinierung der Kompetenzentwicklung innerhalb der gesamten Landesregierung
Die Landes- und die Bundesregierung stellen die Weichen für den Strukturwandel in Wirtschaft und Arbeitsmarkt als Reaktion auf die geplante Einstellung des Kohleabbaus in der Lausitz. Gleichzeitig schreitet die vierte industrielle Revolution (Industrie 4.0) in Brandenburg voran und so muss sich das Land darauf vorbereiten, von diesen Veränderungen zu profitieren (anstatt sie als Risiko zu betrachten). Zudem hat die Covid-19-Pandemie die Art und Weise verändert, wie die Gesellschaft (insbesondere am Arbeitsplatz) funktioniert, was sich auf zukünftige Arbeitsweisen auswirkt.
Die Ungleichgewichte bei den Fachkräften stellen heute die größte Herausforderung für Brandenburgs wirtschaftliche Entwicklung dar und die eben erwähnten Veränderungen werden diese Schieflage noch verstärken. Brandenburg muss in die allgemeine und berufliche Bildung investieren, um auf diesen sich verändernden Qualifikationsbedarf zu reagieren. Brandenburg hat das Potenzial, ein Standort für Forschung und Innovation zu werden. Dazu bedarf es jedoch einer umfassenden strategischen Planung unter Beteiligung aller Ministerien und staatlichen Behörden sowie Arbeitgeber und Bildungsträger des Landes.
Der Hochschulbildung kommt in diesem Transformationsprozess eine Schlüsselrolle zu und zwar in größerem Maße als es in den aktuellen Strategiepapieren und besonders in der Fachkräftestrategie vorgesehen ist. Derzeit verweisen staatliche Strategien zur Kompetenz- und Wirtschaftsentwicklung nur begrenzt auf höhere Bildung. Ein leistungsfähiges Hochschulsystem ist jedoch notwendig, um die für eine wissensintensivere Wirtschaft erforderlichen Kompetenzen zu entwickeln und Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationskapazitäten aufzubauen. Hochschulen sollten daher befähigt werden, eine starke Kompetenzgrundlage für den lokalen, regionalen, nationalen und globalen Arbeitsmarkt zu schaffen und Spitzenleistungen in Forschung und Innovation zu erbringen, wodurch wiederum die regionale und lokale Wirtschaftsentwicklung durch Wissens- und Technologietransfer unterstützt wird.
Das MWFK berät sich bereits mit den anderen für die Kompetenz- und Wirtschaftsentwicklung zuständigen Ministerien. Für seinen Beitrag im Entwicklungsprozess der Nationalen Weiterbildungsstrategie wurde Brandenburg als guter Kooperationspartner eingestuft. Darüber hinaus gibt es interministerielle Arbeitsgruppen zu speziellen Themen wie der Sicherung des Fachkräftebedarfs durch duale Studiengänge. Zurzeit wird die Fachkräftestrategie des Landes durch das MWAE überarbeitet. Weitere Ministerien und Behörden des Landes werden um Mitwirkung gebeten.
Es wurde bereits erwähnt, wie wichtig die Kompetenzentwicklung zukünftig für Brandenburg sein wird und dass ihre zentrale Rolle in der strategischen Planung des Landes zu einer Reihe von Plänen und Initiativen geführt hat. Viele Ministerien und Behörden der Landesregierung haben Interesse an dieser Agenda. Auch nichtstaatliche Organisationen und Netzwerke (wie Industrie- und Handelskammern sowie Sozialpartner) sind beteiligt. Das Ergebnis sind viele verschiedene Netzwerke und ebenso viele Pläne. Diese Netzwerke haben unweigerlich ihre eigenen Vorstellungen der Agenda vorangebracht. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass es an Klarheit und Koordination mangelt.
Um den laufenden Entwicklungsprozess der Fachkräftestrategie zu fördern, kann die brandenburgische Staatskanzlei ein Mehrparteiengremium bestehend aus dem MWFK und weiteren Fachministerien, den Hochschulen sowie den Industrie- und Handelskammern mit der Schaffung eines Landeskompetenzrats einschließlich seiner Struktur, seines Mandats und seiner Finanzierung beauftragen. Letzterer wird ein ständiges Koordinationsforum für die beteiligten Parteien darstellen, ähnlich wie in Norwegen geschehen (siehe Kasten 7.4). Der Kompetenzrat sollte einen vorausschauenden Ansatz verfolgen, Daten zum Qualifikationsbedarf erheben, um wissensbasierte Entscheidungen zu treffen, Analysen selbst erstellen oder in Auftrag geben und den Landesbehörden Empfehlungen zu a) dem Bildungssystem, einschließlich schulischer und beruflicher Bildung sowie Hochschul- und Weiterbildung und b) dem Arbeitsmarkt aussprechen. Interessenvertreter müssten gemeinsam Brandenburgs Vision realisieren, sich mit den langfristigen zukunftsgerichteten Zielen identifizieren und auf die Empfehlungen des Landeskompetenzrats reagieren.
Kasten 7.4. Entwicklung einer Kompetenzstrategie in Norwegen
Im Rahmen seiner Strategie für die Qualifikationspolitik 2017–2021 hat Norwegen die Governance seines Qualifikationssystems gestärkt. Dafür hat das Land zwei neue Governance-Gremien geschaffen: den Rat für Qualifikationspolitik und den Ausschuss für den zukünftigen Qualifikationsbedarf.
Der Rat für Qualifikationspolitik hat einen übergreifenden Koordinierungsausschuss für den zuvor zersplitterten Bereich der Qualifikationspolitik eingerichtet. Dieser verfolgt einen regierungsweiten Ansatz. Der Rat besteht nicht nur aus den traditionellen dreigliedrigen Partnern (Regierung, Arbeitgeber und Vertreter der Arbeitnehmenden), sondern auch aus Sozialunternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Wohltätigkeitsverbänden.
Der Ausschuss für den zukünftigen Qualifikationsbedarf hat Informationssysteme verbessert, indem er den politischen Entscheidungsträgern ein gemeinsames Verständnis der Daten zum Qualifikationsbedarf und eine kohärente, gemeinsame Definition der Herausforderungen in der Qualifikationspolitik vermittelte. Diese Informationen beruhen sowohl auf der wissenschaftlichen Datenanalyse als auch auf dem Fachwissen der Sozialpartner.
Quelle: OECD (2020[24]), Strengthening the Governance of Skills Systems: Lessons from Six OECD Countries, OECD Skills Studies, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/3a4bb6ea-en.
Entwicklung von Strategien zur Maßnahmenbewertung
In Brandenburg werden viele Handlungsinitiativen aus befristeten Mitteln finanziert. Darüber hinaus werden diese Initiativen nur selten bewertet. Folglich gibt es keine Garantie, dass erfolgreiche Programme fortgeführt werden. Formelle Bewertungen sind zwar wichtig, aber sehr kostspielig und zeitaufwendig. Eine bewertende und dauerhafte Überwachung ist ebenso wichtig. Damit können nicht zielführende Programme schneller beendet und Konzeptionsschwierigkeiten erkannt werden. Ihre wichtigste Aufgabe ist jedoch die Ausrichtung und die Konzeption der Bewertung. Die Einbeziehung von Überwachungs- und Bewertungsstrategien in die Konzeption der Handlungsinitiativen sollte fundiertere Entscheidungen über die Fortführung und die Finanzierung dieser Programme ermöglichen und veränderungsbedürftige Bereiche in der Konzeption und Umsetzung dieser Programme anzeigen.
Der etablierte Dialog zwischen dem MWFK und den brandenburgischen Hochschulen ist sehr wertvoll für die Diskussion und zeitnahe Anpassung von Handlungsinitiativen. Die kürzlich eingesetzte Arbeitsgruppe für Hochschulplanung und die Untergruppe für das Finanzierungsmodell der Hochschulen wurden von den Hochschulen begrüßt. Das MWFK sollte eventuell in Betracht ziehen, eine Arbeitsgruppe für die Bundesfinanzierung der Lausitz einzurichten und die Arbeitsgruppe Weiterbildung wiedereinzuberufen, denn die Hochschulen spielen eine wichtige Rolle im Dialog und bei der Klärung dieser Themen.
Politikempfehlungen
Kasten 7.5. Politikempfehlungen zur Koordinierung der Kompetenzentwicklung innerhalb der gesamten Landesregierung und zur Entwicklung von Strategien zur Maßnahmenbewertung
Koordinierung der Kompetenzentwicklung innerhalb der gesamten Landesregierung
Die Staatskanzlei des Landes Brandenburg sollte ein Gremium aus Vertretern verschiedener Parteien, einschließlich des MWFK und weiterer zuständiger Ministerien und Akteure, nominieren und es mit der Gründung eines Landesrates für Kompetenzentwicklung, einschließlich dessen Struktur, Auftrag und Finanzierung, beauftragen. Dieser Rat sollte ein Zukunftsbild von Brandenburg als Forschungs- und Innovationsstandort erstellen und die Landesregierung hinsichtlich einer Strategie zur Entwicklung der für die Verwirklichung dieses Bildes notwendigen Kompetenzen beraten.
Pflege enger Verbindungen zu öffentlichen Einrichtungen und sozialen Partnern, um die einzelnen qualifikationstechnischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der verschiedenen Regionen zu bewältigen. Gewährleistung des Fortbestehens der Präsenzstellen an den Hochschulen (die innovative Formen der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und lokalen Sozial- und Geschäftspartnern auf den Weg gebracht haben).
Entwicklung von Strategien zur Maßnahmenbewertung
Das MWFK sollte Überwachungs- und Bewertungsstrategien in die Konzeption von staatlichen Handlungsinitiativen einbeziehen und unabhängige Bewertungen bestehender Maßnahmen und Programme beauftragen.
Zudem sollte das MWFK erwägen, eine Arbeitsgruppe für die Bundesfinanzierung der Lausitz einzusetzen und die Arbeitsgruppe für Weiterbildung wieder einzuberufen. Immerhin besteht seitens der Hochschulen ein hoher Gesprächs- und Klärungsbedarf bezüglich dieser zukunftsweisenden Themen.
Quellennachweise
[7] Berlin Partner and WFBB (2020), Berlin-Brandenburg – Zukunft der Gesundheit: Masterplan Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
[10] Berlin Partner and WFBB (2020), Masterplan Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik Berlin Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
[13] Berlin Partner and WFBB (2020), Masterplan für das Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft Berlin-Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
[14] Berlin Partner and WFBB (2019), Masterplan Optik und Photonik: Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
[12] Berlin Partner and WFBB (2017), Die Region voller Energie: Masterplan für das Cluster Energietechnik Berlin-Brandenburg, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
[19] Brandenburg State Marketing (n.d.), Über die Landesmarketing-Kampagne für Brandenburg [About the state marketing campaign for Brandenburg], webpage, https://www.es-kann-so-einfach-sein.de/die-kampagne (accessed on 1 November 2021).
[3] Land Brandenburg (2019), Zusammenhalt, Nachhaltigkeit, Sicherheit: Ein neues Kapitel für Brandenburg, Gemeinsamer Koalitionsvertrag von SPD in Brandenburg (EIN Brandenburg); CDU Brandenburg; Bündnis 90/Die Grünen, https://www.brandenburg.de/media/bb1.a.3833.de/Koalitionsvertrag_Endfassung.pdf.
[1] Landtag Brandenburg (2019), Rahmenvereinbarung 2019 - 2023 zwischen dem Land Brandenburg und den Hochschulen des Landes Brandenburg, Unterrichtung der Landesregierung, Drucksache 6/9167, Landtag Brandenburg, https://mwfk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/RV_BRBHS.pdf.
[23] MBJS (n.d.), Seinteneinstieg in den Schuldienst, https://mbjs.brandenburg.de/bildung/lehrerin-lehrer-in-brandenburg/seiteneinstieg-in-den-schuldienst.html (accessed on 15 March 2021).
[20] MINT Zukunft e.V. (n.d.), MINT Zukunft Schaffen: Kategorie: Brandenburg, MINT Zukunft e.V., https://mintzukunftschaffen.de/category/deutschlandweit/brandenburg/ (accessed on 15 March 2021).
[21] MINT-EC (n.d.), MINT-EC-Zertifikat, MINT-EC - Das nationale Excellence-Schulnetzwerk, https://www.mint-ec.de/angebote/schuelerinnen-und-schueler/zertifikat/ (accessed on 15 March 2021).
[4] MSGIV (n.d.), Fachkräfte bilden, halten und für Brandenburg gewinnen: Die Strategie des Landes Brandenburg zur Fachkräftesicherung, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz, https://msgiv.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Broschuere_Strategie_Fachkraeftesicherung_Brandenburg.pdf.
[5] MWAE (n.d.), Gemeinsam für Gute Arbeit: Brandenburger Bündnis für Gute Arbeit, webpage, https://mwae.brandenburg.de/de/gemeinsam-f%C3%BCr-gute-arbeit/bb1.c.659499.de (accessed on 2 December 2021).
[6] MWFK (2017), Transferstrategie Brandenburg: Verbesserung der Zusammenarbeit von Wissenschaft mit Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft, Ministerium für WIssenschaft, Forschung und Kultur, https://mwfk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/MWFK_Transferstrategie_DIN_A4_2019-12-13.pdf.
[2] MWFK (2013), Hochschulentwicklungsplanung des Landes Brandenburg bis 2025 Potsdam, März 2013 [University development plan of the state of Brandenburg until 2025 Potsdam, March 2013], Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur.
[24] OECD (2020), Strengthening the Governance of Skills Systems: Lessons from Six OECD Countries, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/3a4bb6ea-en.
[22] TuWaS! (n.d.), Willkommen bei TuWaS!, TuWaS! – Technik und Naturwissenschaften an Schulen, https://tuwas-deutschland.de/ (accessed on 15 March 2021).
[8] WFBB (2020), Masterplan Cluster Metall Brandenburg: Allein stark, gemeinsam stärker, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
[11] WFBB (2020), Masterplan Kunststoffe und Chemie: Nachhaltige Entwicklung in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
[15] WFBB (2016), Landestourismuskonzeption Brandenburg: Wir machen Lust auf Land, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
[9] WFBB (2014), Brandenburg hat Geschmack: Masterplan für das Cluster Ernährungswirtschaft Brandenburg, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH.
[17] WFBB (n.d.), Fachkräfteportal Brandenburg, Wirtschaftsförderung Brandenburg, https://www.fachkraefteportal-brandenburg.de/ (accessed on 15 March 2021).
[16] Wirtschaftsregion Lausitz GmBH (2020), Erarbeitung von Konzepten zur nachhaltigen Sicherung des Fachkräftepotenzials in der Lausitz Endbericht.
[18] Zahnärzte Schwedt (2022), Studentenbesuch, Zahnärzte Schwedt, https://www.zahnaerzte-schwedt.de/ (accessed on 15 March 2021).
Anmerkungen
← 1. Darüber hinaus können Hochschulen von besonderen clusterbezogenen Förderprogrammen, wie z. B. der StaF-Richtlinie („Stärkung der technologischen und anwendungsnahen Forschung an Wissenschaftseinrichtungen im Land Brandenburg“) und der ProFIT-Richtlinie (Programm zur Förderung von Forschung, Innovationen und Technologien) profitieren.
← 2. Die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik).