Brandenburg gehört zu den 16 Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Seine Wirtschaft befindet sich gegenwärtig in einem starken Wandel, wodurch sich neue Perspektiven für hochqualifizierte Arbeitskräfte eröffnen. Im Zuge dessen hat das Bundesland seine Bemühungen um eine Diversifizierung der Wirtschaft in Richtung saubererer und stärker wissensintensiver Branchen intensiviert. Dazu gehören die Entwicklung moderner Fertigungsverfahren, die Förderung unternehmerischer Aktivitäten an landeseigenen Hochschuleinrichtungen sowie innovativer Arbeits- und Lebensorte und der schrittweise Ausstieg aus der Kohleförderung zugunsten von Technologien der nächsten Generation. Dies wird ergänzt durch Spillover-Effekte aus der Berliner Startup-Szene. Als treibende Kraft in der Kompetenzbildung und Forschung innerhalb des Landes wird der Hochschulbereich eine wichtige Rolle in der Herausbildung von Arbeitskräften und Innovationskapazitäten spielen, um dem Land zu helfen, diese Chancen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu nutzen.
Brandenburgs Hochschulbereich bildet hochqualifizierte Arbeitskräfte aus und schafft eine solide Forschungsbasis für die Wirtschaft des Landes. Gewährleistet wird dies u. a. durch das Angebot von Fachrichtungen, die arbeitsmarktrelevante Kompetenzen vermitteln, die Schaffung von Anreizen für internationale Studierende, besonders in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), und die Steigerung der Studienattraktivität, insbesondere durch eine bessere Unterstützung der Studierenden und durch flexiblere Angebote. Die Stärken des Brandenburger Hochschulsystems lassen wie folgt sich zusammenfassen:
Die Lehr- und Forschungsprofile der acht staatlichen Hochschulen in Brandenburg ergänzen sich. Jede Hochschule hat sich auf bestimmte Fachrichtungen spezialisiert, in denen sie über einen exzellenten Ruf verfügt. Daraus ergibt sich, dass die Absolventen von Brandenburger Hochschulen beim Eintritt in den Arbeitsmarkt, sei es in Brandenburg selbst oder über die Landesgrenzen hinaus, gute Beschäftigungsergebnisse erzielen.
Die Hochschulen können immer mehr internationale Studierende für Programme gewinnen, für die ein besonders hoher Bedarf am Arbeitsmarkt besteht, insbesondere in den Bereichen der Wirtschaftswissenschaften und der MINT-Fächer. Diese Studierenden verfügen über großes Potenzial, nach ihrem Abschluss einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes zu leisten.
Durch verbesserte Beratungs- und Unterstützungssysteme und flexiblere Studienangebote und Zugangsmöglichkeiten ebnen die Hochschulen den Studierenden den Weg zu größerem Erfolg im Studium. So wurden zusätzliche Orientierungsprogramme zur Förderung der erfolgreichen Beendigung des Studiums geschaffen, und die Studierenden nutzen diese gut. Auch die Studienangebote und Zugangsmöglichkeiten fallen flexibler aus, sodass auch verstärkt Menschen ohne Abitur von einer Hochschulbildung profitieren können.
Die Landesregierung bemüht sich zudem, Studierende zu gewinnen und ihren Bedürfnissen in zunehmendem Maße gerecht zu werden. Das für die Hochschulbildung zuständige Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) hat zwei Strukturen geschaffen, die eine wichtige Rolle in der Gewinnung von Studierenden für ein Hochschulstudium in Brandenburg spielen. Das ist zum einen das Netzwerk Studienorientierung, ein Kooperationsprojekt der staatlichen Brandenburger Hochschulen. Als größter Anbieter von Berufs- und Studienberatung in Brandenburg ist es an den Hochschulen vertreten und Ansprechpartner für alle brandenburgischen Schulen. Jedes Jahr organisiert das Netzwerk rund 1.000 Veranstaltungen, von denen viele pandemiebedingt inzwischen online stattfinden. Zum anderen gibt es die Präsenzstellen, die Studieninteressierten und Unternehmen in nicht metropolnahen Gebieten des Landes die Hochschulen näherbringen.
Die Verbesserung von Bildungsmöglichkeiten in MINT-Fächern hat sowohl bei der Regierung als auch bei den Hochschulen einen hohen Stellenwert. In diesem Bereich liegt ein besonderer Schwerpunkt auf dem Ingenieurwesen, für das in Brandenburg besonders hoher Bedarf herrscht. Brandenburgs technische Hochschulen haben ihr Studienangebot umstrukturiert und ihren Forschungsschwerpunkt neu ausgerichtet, um attraktiver für Studierende zu werden und besser mit der Wirtschaft vernetzt zu sein. Darüber hinaus werden in zunehmendem Maße duale Studiengänge angeboten, in denen die akademische Lehre mit der praktischen Erfahrung in einem Unternehmen sowie der Ausbildung an einer Berufsschule kombiniert wird. Diese sind ein vielversprechender Weg, um mehr Jugendliche für eine Hochschulausbildung zu gewinnen und qualifizierte Arbeitskräfte an Brandenburgs Wirtschaft zu binden.
Trotz zahlreicher Stärken steht das brandenburgische Hochschulsystem aber auch vor Herausforderungen. Diese reichen von Prognosen über sinkende Einschreibungen bis hin zu Finanzierungsschwierigkeiten, die sich sowohl auf die Studierenden als auch auf die Hochschulen selbst auswirken. Es folgt eine Zusammenfassung dieser Herausforderungen:
Es wird geschätzt, dass die Landesbevölkerung über die kommenden 20 Jahre schrumpft und altert, was wahrscheinlich zu einer niedrigeren Teilnahme an der Hochschulbildung führen wird.
Unter allen Bundesländern fällt der direkte Übergang von der Sekundarbildung in die Tertiärbildung in Brandenburg am niedrigsten aus. Nur knapp zwei Drittel der Hochschulzugangsberechtigten vollziehen tatsächlich den Schritt in den tertiären Bildungsbereich.
Die Teilnahme der Brandenburger Jugendlichen an der Hochschulbildung wird durch mehrere Faktoren beeinflusst: So werden potenzielle Studierende, darunter insbesondere weibliche und benachteiligte Studierende, von der Aufnahme eines Hochschulstudiums abgehalten, da sie die Kosten für eine solche als hoch und gleichzeitig den Nutzen einer Berufsausbildung als vergleichsweise höher empfinden. Auch die relativ niedrigen Erwartungen der Schulabgänger und ihrer Eltern über den Abschluss der tertiären Bildung stellen ein Hindernis dar. Und schließlich wird die Teilnahme an der Hochschulbildung durch die räumliche Distanz zu den Hochschulen aufgrund der ländlichen Struktur des Landes und der Standorte der Hochschulen erschwert.
Dass die Kosten einer Hochschulbildung als hoch wahrgenommen werden, hat verschiedene Ursachen. Zum einen bieten Schulen nicht ausreichend Beratung über Studienfinanzierungsmöglichkeiten. Zum anderen machen viele Schulen keinen Gebrauch von ihrem Recht, Studieninteressierte für ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes zu nominieren.
Das starre Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) behindert sowohl die Aufnahme als auch die Beendigung eines tertiären Bildungsprogrammes in Brandenburg. Im Durchschnitt sind die Studierenden in Brandenburg älter und benötigen mehr Zeit für den Abschluss ihres Studiums als in anderen Bundesländern. Dadurch verringert sich ihr Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch den Bund. Studierende mit niedrigem sozioökonomischem Status befinden sind in einer besonders schwierigen Situation: 41 % dieser Studierenden in Brandenburg (gegenüber nur 16 % in ganz Deutschland) haben keinen Anspruch auf BAföG, weil sie länger als die für ihren Studiengang vorgeschriebene Regelstudienzeit eingeschrieben sind.
Unsicherheiten im Hinblick auf Finanzierungsmöglichkeiten beeinflussen das Weiterbildungsangebot der acht staatlichen Hochschulen.
An der Kompetenzentwicklung sind verschiedene Landesministerien beteiligt, aber ihre Bemühungen sind nicht vollständig aufeinander abgestimmt. Ein leistungsfähiges Hochschulsystem trägt zur Entwicklung von Kompetenzen und zum Ausbau der Forschungs- und Innovationskapazität bei, die für eine wissensintensivere Wirtschaft innerhalb des Landes notwendig sind. Allerdings verweisen die Strategien für die Entwicklung von Kompetenzen und der Wirtschaft nur im begrenzten Maße auf die Hochschulbildung.
Für eine bessere Sichtbarkeit des Studienangebotes an Brandenburger Hochschulen und dessen Anpassung an den Kompetenz- und Innovationsbedarf innerhalb des Landes sowie für die Gewinnung von Studieninteressierten aus Brandenburg und anderen (Bundes-)Ländern werden der Landesregierung im Bericht v.a. die folgenden Empfehlungen gegeben:
Erhaltung der Vielfalt und Förderung von Spitzenleistung in Forschung und Lehre durch Investitionen in die Exzellenzbereiche der Hochschulen, sodass sie die Ranglisten in den Bereichen Forschung, Lehre, Studienbedingungen, Studierendenunterstützung und Arbeitsmarktergebnisse anführen können; durch die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit und Qualität der Hochschulen, während sie wachsen (z. B. durch die Einstellung zusätzlicher Lehrkräfte bei steigenden Studierendenzahlen); und schließlich durch die Gewinnung internationaler Spitzenforschenden.
Förderung von Um- und Höherqualifizierung anhand verbesserter Studienangebote und Zugangsmöglichkeiten, der Sicherung von staatlicher Förderung der Hochschulen und der Wiedereinführung des Bildungsschecks zur Unterstützung von Weiterbildungsmaßnahmen.
Ausgeprägte Unterstützung bei der Studien- und Berufsorientierung:
Im Hochschulbereich: durch die Bewerbung der Exzellenzbereiche in Forschung und Lehre, um das Interesse von Studieninteressierten und Spitzenforschenden zu wecken, die Leistung dieser Forschungsgruppen noch zu erhöhen und weitere Möglichkeiten des Wissenstransfers zu erkunden; durch die Einbindung von studentischen Botschaftern und Alumni, die über ihre eigenen sozialen Medienkanäle Werbung für ihre Alma Mater machen; durch die verbesserte Sichtbarkeit des Informations- und Beratungsangebotes an den Hochschulen und durch die gezielte Ansprache von Studieninteressierten aus anderen (Bundes-)Ländern (insbesondere aus Berlin), um sie zu motivieren, in Brandenburg zu studieren, zu arbeiten und zu leben.
An allen Sekundarschulen: durch die Bereitstellung von umfangreichen Informationen über Studien- und Berufswege, Programmoptionen, Finanzierungsmöglichkeiten (einschließlich Stipendien) für die verschiedenen Bildungswege sowie immaterielle Unterstützungsmechanismen für Schüler; durch die individuelle Beratung von Schülern und Eltern und durch die aktive Nominierung talentierter Schüler für ein Stipendium bei einer Stiftung.
Gewährleistung von Inklusivität beim Zugang zur Hochschulbildung und bei der Teilnahme am Unterricht durch die Bereitstellung von individueller Beratung und von Peer-Support, insbesondere für benachteiligte Schüler, über das Netzwerk Studienorientierung und die Präsenzstellen; durch die Einführung eines Studierenden-Mentoren-Programms zwischen Schülern und Hochschulstudierenden; durch den Ausbau und eine erhöhte Sichtbarkeit von Peer-Support-Programmen an den Hochschulen; durch die umfangreiche, grundsätzliche Überprüfung der Ausbildungsförderungssysteme; durch die Beibehaltung flexibler Lehrformate, in denen der Unterricht teils virtuell, teils in Präsenz stattfindet und durch die Nutzung von Präsenzstellen als Studienstandorte.
Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und lokalen Arbeitgebern durch Fortführung des Förderprogramms „Innovationsfachkräfte“ für die Beschäftigung von Absolventen sowie von Werkstudierenden; durch das erweiterte Angebot von praxisorientierten Lernmöglichkeiten für Studierende innerhalb des Bereichs der staatlichen Verwaltung; durch die aktive Förderung von Zusammenarbeit zwischen den klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU), damit diese sich die Verwaltungskosten teilen und mit den Hochschulen bei Praktika und Forschungsprojekten zusammenarbeiten können; durch die Aufrechterhaltung der Fähigkeit der Hochschulen, über Transfer- und Präsenzstellen eine maßgeschneiderte Beratung und Betreuung für lokale KMU anzubieten; durch die Bereitstellung passender Möglichkeiten für mehr Forscher-Unternehmer-Paare durch das Programm „PerspektivWechsel“; durch die verstärkte finanzielle Unterstützung für unternehmerische Aktivitäten der Hochschulen im Rahmen der Transferstrategie, der staatlichen Innovationsstrategien und der regionalen Wirtschaftsstrukturen, sowie des leistungsorientierten Finanzierungsmodells.
Koordinierung der Kompetenzentwicklung innerhalb der Landesregierung durch die Beauftragung des MWFK und weiterer zuständiger Ministerien und Akteure mit der Gründung eines Landesrates für Kompetenzentwicklung. Dieser wäre für die Erstellung eines Zukunftsbildes von Brandenburg als Forschungs- und Innovationsstandort und für die Beratung der Landesregierung hinsichtlich einer Strategie zur Verwirklichung dieses Bildes zuständig. Der Rat würde auch enge Verbindungen zu öffentlichen Einrichtungen und sozialen Partnern pflegen, um die einzelnen qualifikationstechnischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der verschiedenen Regionen zu bewältigen.