60. Bei staatlichen Hilfen handelt es sich um monetäre oder nichtmonetäre Maßnahmen, mit denen eine Regierung oder sonstige öffentliche Stelle den anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen einen direkten oder indirekten wirtschaftlichen Vorteil gewährt; dies kann z. B. über Zuschüsse, Subventionen, erlassbare Darlehen, Steuerermäßigungen oder Investitionszulagen geschehen. Beispielsweise kann ein Staat die für bestimmte Tätigkeiten anfallenden Arbeitskosten direkt subventionieren oder Unternehmen durch die Bereitstellung von lokaler Infrastruktur wie etwa einem Unternehmenspark indirekt unterstützen.
61. Das oberste Anliegen der Staaten in der COVID-19-Pandemie ist die öffentliche Gesundheit und die Eindämmung des Virus; zugleich bemühen sie sich, Unternehmen bei der Bewältigung des Rückgangs der Geschäftstätigkeit zu helfen und Arbeitskräfte zu unterstützen, die sich mit verringerten Beschäftigungsmöglichkeiten und Einkommen konfrontiert sehen.
62. In vielen Staaten wurden Maßnahmen ergriffen, um Arbeitsplätze in Unternehmen zu erhalten, die einen vorübergehenden Rückgang der Geschäftstätigkeit verzeichnen.1 Beispiele für solche Maßnahmen sind Kurzarbeitsprogramme, bei denen die nicht geleisteten Arbeitsstunden unmittelbar subventioniert werden,2 und Lohnsubventionen, mit denen die geleisteten Arbeitsstunden gefördert oder die Einkommen von Arbeitskräften mit verkürzter Arbeitszeit aufgestockt werden.3
63. Darüber hinaus haben die Staaten allgemeinere Finanz- und Liquiditätshilfen gewährt, um sicherzustellen, dass die Unternehmen ihren Geschäftsbetrieb während der Phase des Konjunktureinbruchs fortführen können. Hierzu zählen: i) Kreditbürgschaften, ii) Direktfinanzierung für Unternehmen zu Vorzugsbedingungen, iii) Kreditstundungen, iv) spezifische Zuschüsse und v) Steuerentlastungen.
64. Verfügbarkeit, Beschaffenheit, Dauer und Inanspruchnahme dieser Maßnahmen haben potenziell Verrechnungspreisfolgen – unabhängig davon, ob die Staatshilfen direkt einem Unternehmen eines multinationalen Konzerns gewährt werden oder unabhängigen Unternehmen auf einem Markt zur Verfügung stehen, auf dem ein multinationaler Konzern tätig ist (und damit das Verhalten von Unternehmen beeinflussen, die potenziell vergleichbare Geschäftsvorfälle tätigen).4
65. Die Bedingungen der staatlichen Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 müssen bei der Ermittlung ihres potenziellen Effekts auf konzerninterne Geschäftsvorfälle und beim Vergleich ihrer Effekte mit denjenigen anderer bereits zuvor bestehender Hilfsmaßnahmen berücksichtigt werden. Beispielsweise sind viele COVID-19-Hilfen als befristete Fördermaßnahmen gestaltet, um die Unternehmensfortführung zu sichern; daher könnten sich ihre Auswirkungen in der Verrechnungspreisanalyse von jenen laufender Fördermaßnahmen (unabhängig davon, ob sie mit COVID-19-Hilfen verknüpft sind) unterscheiden, deren Dauer mehrere Jahre betragen kann.
66. Ferner könnte es in Anbetracht der verschiedenen Kategorien staatlicher COVID-19-Hilfen, der praktischen Schwierigkeiten bei der Beschaffung detaillierter und verlässlicher Informationen und der zeitlichen Verzögerungen im Hinblick auf die Datenverfügbarkeit schwierig sein zu ermitteln, welche Art von staatlicher Unterstützung potenzielle Vergleichsunternehmen empfangen haben. In diesem Kontext sollte die erforderliche Analyse der besonderen Merkmale der staatlichen Hilfen die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Hilfen auf den sachgerecht abgegrenzten Geschäftsvorfall berücksichtigen. Daher bedarf es in Situationen, in denen der Empfang von Staatshilfen keine wesentlichen Auswirkungen auf den sachgerecht abgegrenzten konzerninternen Geschäftsvorfall haben dürfte, keiner erschöpfenden Analyse der besonderen Merkmale der staatlichen Unterstützung. (Vgl. Kapitel III, Abschnitt C der OECD-Verrechnungspreisleitlinien.)