Der hier vorgestellte Vorschlag für eine nationale Finanzbildungsstrategie für Deutschland stützt sich auf die Analysen und vorläufigen Empfehlungen der Studie Finanzbildung in Deutschland: Finanzielle Resilienz und finanzielles Wohlergehen verbessern. Er nennt Maßnahmen, um die Finanzbildung von Erwachsenen und jungen Menschen aus verschiedenen sozioökonomischen Gruppen zu stärken und die Wirkung von Finanzbildungsinitiativen zu erhöhen.
Finanzkompetenz in Deutschland stärken
Abstract
Executive Summary
Das Finanzkompetenzniveau ist in Deutschland im internationalen Vergleich relativ hoch, hinter den Durchschnittswerten verbergen sich jedoch große Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Eine Steigerung des Finanzkompetenzniveaus kann sich positiv auf das individuelle finanzielle Wohlergehen und die Widerstandskraft der deutschen Wirtschaft insgesamt auswirken.
In diesem Vorschlag für eine nationale Finanzbildungsstrategie werden Maßnahmen für Bund und Länder, sonstige Akteure auf Bundesebene sowie private und zivilgesellschaftliche Stakeholder empfohlen. Die zuständigen staatlichen Instanzen in Deutschland sind aufgefordert, unter gebührender Berücksichtigung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern die Governancestruktur zu bestimmen, die für die Strategie am besten geeignet ist, was eine leitende Stelle bzw. einen Mechanismus für die Koordination ihrer Umsetzung umfassen sollte.
Ausgehend von den im Bericht Finanzbildung in Deutschland: Finanzielle Resilienz und finanzielles Wohlergehen verbessern (OECD, 2024[1]) vorgestellten Daten benennt dieser Vorschlag drei Hauptziele und ergänzend dazu einen umfassenden, aber flexiblen Katalog von Maßnahmen, die von den zuständigen staatlichen Stellen und anderen Stakeholdern umgesetzt werden können. Die drei Hauptziele lauten:
Das finanzielle Wohlergehen von Erwachsenen und jungen Menschen in Deutschland erhöhen, wozu es gilt, ein solides Finanzverhalten in fünf Bereichen zu fördern:
Langfristiges Sparen und Altersvorsorge: Nur 52 % der Erwachsenenbevölkerung im Erwerbsalter sind zuversichtlich, dass sie gut für das Alter vorsorgen, und nur etwa die Hälfte verfügt über eine betriebliche Alterssicherung oder private Altersvorsorgeprodukte.
Beteiligung am Kapitalmarkt: Fast 90 % der Erwachsenen in Deutschland legen aktiv Geld zurück, aber nur 18 % verfügen über Anlageprodukte.
Haushaltsplanung, Vermeidung von Überschuldung und verantwortungsvolle Kreditnutzung: Trotz vieler Finanzbildungsprogramme, die sich mit Krediten befassen, sind ungefähr 8 % der Bevölkerung überschuldet.
Sichere Nutzung digitaler Finanzdienstleistungen: Weniger als die Hälfte der Erwachsenenbevölkerung in Deutschland fühlt sich sicher im Umgang mit digitalen Finanzdienstleistungen und 7 % wurden bereits Opfer von Finanzbetrug oder Scams.
Umsetzung von Nachhaltigkeitspräferenzen: Die Hälfte der Erwachsenen findet, dass es bei Investitionsentscheidungen wichtiger ist, dass Unternehmen um eine möglichst geringe Umweltbelastung bemüht sind, als dass sie Gewinne erzielen. Diese Präferenz spiegelt sich allerdings nicht in den tatsächlichen Anlagebeständen wider: Nur 15 % der Erwachsenen haben nachhaltige Finanzprodukte in ihrem Portfolio.
Die Entwicklung und Umsetzung evidenzbasierter Finanzbildungsinitiativen fördern:
Damit fortfahren, die Finanzkompetenz Erwachsener nach der Methode des Internationalen Netzwerks zur Finanziellen Bildung der OECD zu messen.
Die Lücken in der Finanzkompetenz der Schülerpopulation eingehender untersuchen, idealerweise durch die Teilnahme der Bundesländer am nächsten PISA-Finanzkompetenztest 2029.
Die Stakeholder in der Nutzung von Evidenz bei der Konzipierung ihrer Initiativen sowie in der Durchführung von Wirkungsanalysen unterstützen.
Die Koordination zwischen den Stakeholdern im Finanzbildungsbereich weiter verbessern und einen konstruktiven Dialog zwischen Bund und Ländern fördern, der auf der Bildungshoheit der Länder aufbaut.
Die Strategie sollte darauf ausgerichtet sein, das finanzielle Wohlergehen aller Menschen in Deutschland zu verbessern. Sie sollte aber auch die Bedarfe von Bevölkerungsgruppen im Blick haben, deren Finanzkompetenz und finanzielle Resilienz geringer sind, denen es finanziell weniger gut geht oder die möglicherweise keinen ausreichenden Zugang zu Finanzbildung haben. Dazu können Menschen mit niedrigem Einkommens- und/oder Bildungsniveau, Frauen, erwerbstätige Erwachsene (abhängig Beschäftigte und Eigentümer*innen kleinster, kleiner und mittlerer Unternehmen), junge Menschen und ältere Menschen gehören.
Im letzten Abschnitt dieses Vorschlags werden Mechanismen für das Monitoring der Umsetzung der Strategie sowie zur Evaluierung ihrer Wirkung aufgeführt. Bei dieser Evaluierung geht es um die institutionelle Koordination der Strategie, die Umsetzung ihrer Maßnahmen sowie die herbeigeführten Verhaltensänderungen in der Bevölkerung.
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