Die G20/OECD-Grundsätze der Corporate Governance sind der führende internationale Corporate-Governance-Standard. Ihr Ziel ist es, Politikverantwortliche und Regulierungsbehörden bei der Evaluierung und Verbesserung des rechtlichen, regulatorischen und institutionellen Rahmens der Corporate Governance zu unterstützen, um Marktvertrauen und Marktintegrität, wirtschaftliche Effizienz sowie finanzielle Stabilität zu fördern.
Die Grundsätze wurden 2021–2023 umfassend überarbeitet, um den jüngsten Entwicklungen bei der Corporate Governance und an den Kapitalmärkten Rechnung zu tragen. Die überarbeiteten Grundsätze wurden im Juni 2023 vom Rat der OECD auf Ministerebene verabschiedet (die Grundsätze sind Teil der OECD-Empfehlung betreffend die Grundsätze der Corporate Governance [Recommendation on Principles of Corporate Governance, OECD/LEGAL/0413]) und im September 2023 von den Staats- und Regierungs-chefs der G20 gebilligt. Die Grundsätze zählen zu den Kernstandards für solide Finanzsysteme (Key Standards for Sound Financial Systems) des Finanzstabilitätsrats und bilden die Grundlage für die Weltbank-Berichte über die Einhaltung von Standards und Kodizes (Reports on the Observance of Standards and Codes – ROSC) im Bereich der Corporate Governance.
Die Aktualisierung der Grundsätze hatte zwei Hauptziele. Erstens sollten die Staaten bei ihren nationalen Bemühungen unterstützt werden, die Bedingungen für den Zugang von Unternehmen zu Kapitalmarktfinanzierung zu verbessern, und zweitens sollten Corporate-Governance-Regeln gefördert werden, die die Nachhaltigkeit und Resilienz der Unternehmen stärken, was wiederum zur Nachhaltigkeit und Resilienz der Gesamtwirtschaft beitragen kann.
Eine wichtige Neuerung der überarbeiteten Grundsätze ist daher das Kapitel zu „Nachhaltigkeit und Resilienz“. Es adressiert die wachsenden Herausforderungen für Unternehmen im Umgang mit klimabezogenen und sonstigen Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen. In dieses neue Kapitel wurde auch Kapitel IV der Vorgängerversion der Grundsätze zur „Rolle der verschiedenen Unternehmensbeteiligten (Stakeholder) bei der Corporate Governance“ integriert. Davon abgesehen blieb die Struktur der Grundsätze unverändert. Die bestehenden Kapitel wurden jedoch durch zahlreiche neue Empfehlungen ergänzt.
Für die Überarbeitung zeichnete der OECD-Ausschuss für Corporate Governance unter dem Vorsitz von Herrn Masato Kanda verantwortlich. In dem Ausschuss sind OECD-, G20- und FSB-Mitglieder vertreten, die gleichberechtigt an der Überarbeitung mitwirkten. Die regionalen Corporate-Governance-Gesprächsrunden der OECD in Asien und Lateinamerika sowie Business at OECD (BIAC) und der Gewerkschaftliche Beratungsausschuss (TUAC) leisteten ebenfalls maßgebliche Beiträge. Außerdem wurden eine öffentliche Online-Konsultation und eine Stakeholder-Konsultation in Präsenzform durchgeführt. Auch Experten aus einschlägigen internationalen Organisationen, insbesondere dem Finanzstabilitätsrat, dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbankgruppe, brachten sich ein.
Um sicherzustellen, dass die Grundsätze weiterhin sachlich richtig und relevant sind, wurden umfangreiche empirische Studien und Analysen zu den jüngsten Veränderungen an den Kapitalmärkten und in der Corporate-Governance-Politik und -Praxis durchgeführt, auf die sich die Überarbeitung stützte. Sie dienten dem Ausschuss als Grundlage sowohl für die Auswahl von Prioritätsbereichen für die Überarbeitung als auch für die eigentlichen inhaltlichen Anpassungen.
Die OECD, die G20 sowie maßgebliche Stakeholder werden nun die effektive Umsetzung der überarbeiteten Grundsätze auf internationaler Ebene vorantreiben und überwachen. In diesem Rahmen erfolgt auch eine Überarbeitung der Methodology for Assessing the Implementation of the Principles of Corporate Governance sowie die regelmäßige Veröffentlichung des OECD Corporate Governance Factbook, das die Umsetzung der Grundsätze in zahlreichen Ländern beurteilt.