In den meisten Ländern wächst die Gruppe der älteren Zugewanderten. Trotzdem ist nur wenig über ihre Integrationsherausforderungen und -ergebnisse bekannt. Es ist schwierig, diese Herausforderungen zu benennen, da die ältere Zuwanderungsbevölkerung aus langjährigen Migrationsbewegungen entstanden ist und sich häufig stark von anderen Migrationskohorten unterscheidet. In den meisten langjährigen Zielländern wurde die ältere Zuwanderungsbevölkerung durch die Migration geringqualifizierter „Gastarbeiter*innen“ und den anschließenden Familiennachzug geprägt. Dieses Kapitel präsentiert erstmals einen Überblick über ausgewählte Indikatoren zur älteren Zuwanderungspopulation vor Beginn der Coronapandemie. Zunächst werden die Größe und die Altersstruktur (Indikator 6.1) der Gruppe erörtert und anschließend die Lebensverhältnisse beleuchtet, insbesondere Armut (Indikator 6.2), Wohnverhältnisse (Indikator 6.3) und subjektiver Gesundheitszustand (Indikator 6.4). Der letzte Indikator erfasst den Zugang zu professioneller häuslicher Pflege (Indikator 6.5).
Indikatoren der Integration von Zugewanderten 2023
6. Integration der älteren Zuwanderungsbevölkerung
Abstract
In Kürze
Auch wenn die im Ausland Geborenen in den meisten Ländern im Schnitt jünger sind als die im Inland Geborenen, gibt die wachsende Gruppe der älteren Zugewanderten Anlass zur Besorgnis
In der EU und im OECD-Raum sind rd. 15 % der im Ausland Geborenen über 65 Jahre alt. Bei den im Inland Geborenen ist der entsprechende Anteil in den meisten Ländern höher. In etwa einem Drittel der Länder fällt der Anteil der Über-65-Jährigen dagegen bei den im Ausland Geborenen größer aus als bei den im Inland Geborenen.
In den meisten OECD- und EU-Ländern wird die Zuwanderungsbevölkerung immer älter. Der Anteil der älteren Zugewanderten ist in den letzten zehn Jahren in zwei Dritteln der Länder gestiegen. Die Zuwanderungsbevölkerung altert jedoch langsamer als die Population der im Inland Geborenen, deren Anteil älterer Menschen in allen Ländern gewachsen ist.
In der Altersstruktur der Zuwanderungsbevölkerung spiegeln sich die Migrationsbewegungen der Vergangenheit, die Entwicklungstrends der Rückkehrmigration nach Renteneintritt und die Mortalitätsstrukturen wider. Am kleinsten ist der Anteil der älteren Zugewanderten in Ländern, in denen Zuwanderung ein vergleichsweise neues Phänomen ist (z. B. Lateinamerika), am größten hingegen in Ländern, deren Zuwanderungsbevölkerung durch Staatsneugründungen, Grenzverschiebungen und nationale Minderheiten geprägt wurde (wie in den baltischen Staaten).
Die relative Armutsquote der älteren Zugewanderten ist in den letzten zehn Jahren gestiegen, ihre Wohnverhältnisse haben sich jedoch verbessert
Etwa ein Viertel der älteren Migrant*innen in der EU lebt in relativer Armut. In den Vereinigten Staaten und Australien sind es sogar über 40 %. In den meisten Ländern sind zugewanderte ältere Menschen häufiger von relativer Armut betroffen als im Inland geborene, vor allem in langjährigen Zielländern, den Vereinigten Staaten, Südeuropa und Schweden. In Malta und Zypern, zwei für wohlhabende Rentner*innen attraktive Länder, sind die Armutsquoten der im Inland geborenen älteren Menschen höher.
Die Armutsquote der zugewanderten älteren Menschen ist in den letzten zehn Jahren sowohl in der EU als auch im OECD-Raum um rd. 4 Prozentpunkte gestiegen, während sie bei den im Inland geborenen leicht zurückging. Bei den Zugewanderten ab 75 Jahren hat sich die Situation sogar noch deutlicher verschlechtert.
Die Wohnverhältnisse älterer Menschen haben sich in den letzten zehn Jahren verbessert. Dennoch leben zugewanderte ältere Menschen in der Tschechischen Republik, den nordischen Ländern und den meisten langjährigen Zielländern im Vergleich zu im Inland geborenen häufiger in unzureichenden Wohnverhältnissen, in den baltischen Ländern dagegen seltener. Am häufigsten leben Nicht-EU-Migrant*innen in unzureichenden Wohnverhältnissen.
Beim subjektiven Gesundheitszustand und beim Zugang zu Pflege sind nur geringe Unterschiede zwischen Zugewanderten und im Inland Geborenen festzustellen, der Zugang zu professioneller häuslicher Pflege stellt jedoch in beiden Gruppen ein Problem dar
Der Anteil älterer Menschen, die Eigenangaben zufolge bei guter Gesundheit sind, ist in den meisten OECD-Ländern bei den im Ausland und den im Inland Geborenen etwa gleich hoch. In der EU schätzen rd. 40 % der älteren Migrant*innen den eigenen Gesundheitszustand als gut ein. Am höchsten ist der Anteil in Nordamerika (über 60 %), am niedrigsten in den baltischen Ländern.
Der Anteil älterer Menschen, die Eigenangaben zufolge bei guter Gesundheit sind, ist bei den Zugewanderten in den letzten zehn Jahren in rund zwei Dritteln der Länder gestiegen und bei den im Inland Geborenen in fast allen Ländern.
Die meisten Haushalte, in denen ältere Menschen leben, die professionelle Pflegeleistungen benötigen, haben keinen Zugang zu entsprechenden Diensten. Nur 34 % der Haushalte, in denen ältere Migrant*innen mit Bedarf an professioneller Pflege leben, erhalten eine solche Unterstützung, im Vergleich zu 36 % bei den im Inland Geborenen. In den meisten südeuropäischen Ländern und Belgien erhalten die Haushalte mit älteren Zugewanderten deutlich seltener Hilfe.
Alleinstehende ältere Zugewanderte werden seltener von häuslichen Pflegediensten versorgt als jene, die mit anderen Zugewanderten zusammenleben, obwohl gerade sie diese Dienste wohl am dringendsten benötigen. Bei den im Inland Geborenen ist dieses Phänomen nicht zu beobachten.
6.1. Alter der Zuwanderungsbevölkerung
Kontext des Indikators
Ältere Menschen sind Personen ab 65 Jahren. Da gesundheitliche Probleme in der Regel in höherem Alter auftreten, beschäftigt sich dieses Kapitel auch mit sehr alten Menschen, d. h. mit Personen ab 75 Jahren. Die jeweiligen Anteile beziehen sich auf die Zuwanderungsbevölkerung bzw. die im Inland geborene Bevölkerung.
Der Anteil älterer Menschen (ab 65 Jahren) ist bei den im Inland Geborenen höher als bei den im Ausland Geborenen, und zwar sowohl im OECD-Raum (18 % vs. 15 %) als auch in der EU (21 % vs. 15 %). Bei den sehr alten Menschen (ab 75 Jahren) zeigt sich in der EU ein ähnliches Bild: Sie machen in der EU 10 % der im Inland Geborenen aus, aber nur 6 % der Zugewanderten. In zwei Dritteln der Länder ist der Anteil der älteren und sehr alten Menschen bei den im Inland Geborenen höher als bei den im Ausland Geborenen. In den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern (wo die Struktur der älteren Zuwanderungsbevölkerung durch Staatsneugründungen, Grenzverschiebungen und nationale Minderheiten geprägt wurde) sowie in Türkiye und einigen klassischen und langjährigen Zuwanderungsländern (z. B. Australien, Kanada und Frankreich) verhält es sich dagegen umgekehrt. Am größten ist die Population älterer Zugewanderter in den baltischen Ländern: In Lettland und Estland machen sie mehr als 44 % der im Ausland Geborenen aus.
Die Altersstruktur der älteren Zuwanderungsbevölkerung ist von Land zu Land unterschiedlich. Sie spiegelt die Migrationsbewegungen der Vergangenheit, die Entwicklungstrends der Rückkehrmigration nach Renteneintritt und die Mortalitätsstrukturen wider. Im Großteil der OECD-Länder ist die Mehrheit der älteren Migrant*innen zwischen 65 und 74 Jahre alt. 42 % der älteren Zugewanderten im OECD-Raum und der EU sind mindestens 75 Jahre alt. In Ländern, in denen die großen Migrationsbewegungen erst in den 2000er Jahren eingesetzt und bislang nur wenige Zugewanderte ein sehr hohes Alter erreicht haben, ist dieser Anteil jedoch kleiner, so z. B. in Südeuropa, Irland, Mexiko und Chile. In Polen, wo die Zuwanderungsbevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg von nationalen Minderheiten geprägt war, oder auch in Korea handelt es sich dagegen bei mindestens zwei Dritteln der älteren Zugewanderten um sehr alte Menschen. In Polen, Bulgarien, Korea und Norwegen sind mehr als 15 % der älteren Zugewanderten mindestens 85 Jahre alt.
Während sich der Anteil der älteren und sehr alten Menschen bei den im Inland Geborenen in den letzten zehn Jahren in allen Ländern erhöht hat, war dies bei den Zugewanderten nur in zwei Dritteln der Länder der Fall. Der Anteil älterer Menschen ist in sieben von zehn Ländern bei den im Inland Geborenen stärker gestiegen und der Anteil der mindestens 75-Jährigen in acht von zehn Ländern. Frankreich, die Vereinigten Staaten, Griechenland, die baltischen Länder und Kroatien bilden hier allerdings eine Ausnahme. In vielen anderen mittel- und osteuropäischen Ländern ist der Anteil der älteren und sehr alten Migrant*innen in den letzten zehn Jahren zurückgegangen, was der Sterblichkeit und jüngeren Zuwanderungskohorten zuzuschreiben ist. In den meisten nordischen Ländern und Chile war eine ähnliche Entwicklung zu beobachten, wenn auch in abgeschwächter Form.
Kernaussagen
In zwei Dritteln der EU- und OECD-Länder ist der Anteil älterer Menschen bei den im Inland Geborenen höher als bei den im Ausland Geborenen. Bei den im Ausland Geborenen sind diesbezüglich deutlich größere länderspezifische Unterschiede zu beobachten als bei den im Inland Geborenen.
In den meisten Ländern ist die Mehrheit der älteren Migrant*innen zwischen 65 und 74 Jahre alt. Die Zuwanderungsbevölkerung in Polen, Bulgarien, Korea und Norwegen weist einen höheren Anteil sehr alter Menschen auf.
Während sich der Anteil älterer Menschen bei den im Inland Geborenen in den letzten zehn Jahren in allen Ländern erhöht hat, war dies bei den Zugewanderten nur in zwei Dritteln der Länder der Fall.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
6.2. Relative Armut
Kontext des Indikators
Die relative Armutsquote entspricht dem Anteil der Bevölkerung, der unter der relativen Armutsgrenze lebt. Laut Eurostat-Definition liegt diese Grenze bei 60 % des verfügbaren Median-Äquivalenzeinkommens des jeweiligen Landes. Die Armutsquote wird für ältere Menschen (ab 65 Jahren) und für sehr alte Menschen (ab 75 Jahren) berechnet.
In der EU sind 26 % der älteren und 28 % der sehr alten Zugewanderten von relativer Armut betroffen, gegenüber 19 % bzw. 22 % der im Inland Geborenen. In den Vereinigten Staaten und Australien liegt die relative Armutsquote der älteren Zugewanderten bei über 40 % und in den Vereinigten Staaten sind bis zu 48 % der sehr alten Migrant*innen von relativer Armut betroffen. Ältere und sehr alte Zugewanderte sind in den meisten Ländern häufiger von Armut betroffen als die entsprechenden Altersgruppen im Inland Geborener: In den langjährigen Zielländern (außer Deutschland und dem Vereinigten Königreich), den Vereinigten Staaten, den südeuropäischen Ländern (außer Portugal) und Schweden beläuft sich der Abstand auf mindestens 10 Prozentpunkte. In Malta und Zypern dagegen, zwei für wohlhabende Rentner*innen attraktive Länder, sind im Inland geborene ältere Menschen häufiger von Armut betroffen. Auch in Kanada, Neuseeland und einigen mittel- und osteuropäischen Staaten leben im Inland geborene ältere Menschen deutlich häufiger in relativer Armut.
Sowohl in der EU als auch im OECD-Raum ist die Armutsquote der im Ausland geborenen älteren Menschen in den letzten zehn Jahren um rd. 4 Prozentpunkte gestiegen, während sie bei den im Inland geborenen leicht zurückging. Bei den im Ausland geborenen Personen ab 75 Jahren ist sie in der EU und im OECD-Raum sogar noch stärker gestiegen und bei den im Inland geborenen nur leicht gesunken. In Italien und den Niederlanden hat sich die relative Armutsquote der älteren Zuwanderungsbevölkerung mehr als verdoppelt, während sie in der entsprechenden Altersgruppe der im Inland Geborenen leicht gesunken bzw. leicht gestiegen ist. In den baltischen Ländern hat sich die relative Armutsquote der älteren und sehr alten im Inland und im Ausland geborenen Menschen deutlich erhöht (um mindestens 18 Prozentpunkte), bei den im Inland Geborenen fiel der Anstieg jedoch stärker aus.
Im Ausland geborene ältere Menschen sind unabhängig vom Bildungsniveau häufiger arm als im Inland geborene. In der EU sind hochqualifizierte ältere Migrant*innen mehr als doppelt so häufig von relativer Armut betroffen wie im Inland geborene ältere Menschen mit hohem Bildungsniveau – und in der Hälfte der EU-Länder dreimal so häufig. In Drittstaaten geborene ältere Migrant*innen sind in fast allen EU-Ländern häufiger von Armut betroffen als in der EU geborene. Familienstand, (die bei Zugewanderten geringere) Wohneigentumsquote und die Merkmale der Beschäftigung vor Renteneintritt sind ebenfalls wichtige Einflussfaktoren relativer Armut.
In der EU lebt ein Drittel der im Inland bzw. im Ausland geborenen älteren Menschen allein. In den Vereinigten Staaten gilt dies für 22 % der zugewanderten und 29 % der im Inland geborenen älteren Menschen. Alleinlebende ältere Menschen haben ein noch höheres Armutsrisiko. Sie weisen im EU- und OECD-Durchschnitt eine um rd. 20 Prozentpunkte höhere relative Armutsquote auf als die ältere Zuwanderungsbevölkerung insgesamt. In den meisten europäischen Ländern ist der Effekt des Alleinlebens bei den im Ausland Geborenen geringer, außerhalb Europas ist dies jedoch nicht der Fall. Am stärksten ist der Effekt in den mittel- und osteuropäischen Staaten. In knapp zwei Dritteln der Länder sind mehr als 40 % der älteren Zugewanderten, die allein leben, von relativer Armut betroffen. In der entsprechenden Altersgruppe im Inland Geborener trifft das etwa in der Hälfte der Länder zu.
Kernaussagen
26 % der älteren Zugewanderten in der EU leben in relativer Armut – außerhalb Europas sind es sogar noch mehr. Sie sind in den meisten Ländern häufiger von Armut betroffen als im Inland geborene ältere Menschen, insbesondere in langjährigen Zielländern, den Vereinigten Staaten, Südeuropa und Schweden.
Sowohl in der EU als auch im OECD-Raum ist die Armutsquote der im Ausland geborenen älteren Menschen in den letzten zehn Jahren um rd. 4 Prozentpunkte gestiegen, während sie bei den im Inland geborenen leicht zurückging. Bei den Migrant*innen ab 75 Jahren hat sich die Situation noch deutlicher verschlechtert.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
6.3. Wohnverhältnisse
Kontext des Indikators
Die Wohnverhältnisse haben entscheidenden Einfluss auf die Lebensqualität älterer Menschen. Unzureichende Wohnverhältnisse erhöhen das Risiko gesundheitlicher Probleme und können zu sozialer Isolation führen.
Der Indikator (der nur für europäische Länder verfügbar ist) gibt Auskunft über den Anteil der Bevölkerung ab 65 Jahren bzw. ab 75 Jahren in unzureichenden Wohnverhältnissen, z. B. in Wohnungen, die zu dunkel sind, kein eigenes Badezimmer oder ein undichtes Dach haben.
Ein Sechstel der älteren Zugewanderten in der EU lebt in unzureichenden Wohnverhältnissen. Bei den im Inland geborenen älteren Menschen ist der Anteil ähnlich hoch. In drei von fünf Ländern, insbesondere in der Tschechischen Republik, den nordischen und den meisten langjährigen Zielländern, leben im Ausland geborene ältere Menschen häufiger in unzureichenden Wohnverhältnissen als im Inland geborene. Zugewanderte ab 75 Jahren leben seltener in unzureichenden Wohnverhältnissen als 65- bis 74-jährige. Die im Inland Geborenen ab 75 Jahren sind in fast allen Ländern häufiger von unzureichenden Wohnverhältnissen betroffen. In der EU ist der Anteil der Personen ab 75 Jahren in unzureichenden Wohnverhältnissen bei den im Inland Geborenen um 4 Prozentpunkte höher als bei den im Ausland Geborenen. In Spanien, Österreich und Frankreich beispielsweise leben die Zugewanderten ab 75 Jahren im Gegensatz zu den 65- bis 74-jährigen Zugewanderten in besseren Wohnverhältnissen als die im Inland Geborenen der jeweiligen Altersgruppe. In den baltischen Ländern (außer Estland) trifft dies sowohl auf die ältere als auch auf die sehr alte Zuwanderungsbevölkerung zu. Dasselbe gilt für Malta, wo viele wohlhabende ältere Zugewanderte leben.
Die Wohnverhältnisse älterer Menschen haben sich in den letzten zehn Jahren verbessert. In rund drei von vier Ländern ist der Anteil im Ausland geborener älterer Menschen in unzureichenden Wohnverhältnissen gesunken – bei den sehr alten Zugewanderten in den meisten Ländern sogar noch deutlicher. Bei den im Inland Geborenen zeigt sich ein ähnlicher Trend, wobei der Rückgang bei den im Inland geborenen älteren Menschen tendenziell sogar noch stärker ausfiel als bei den zugewanderten (EU-weit -8 vs. -5 Prozentpunkte), während er in der Altersgruppe ab 75 Jahren ähnlich hoch war wie bei den Zugewanderten. Somit hat sich der Abstand zwischen den im Ausland und den im Inland geborenen älteren Menschen in einigen Ländern vergrößert.
Unzureichende finanzielle Ressourcen und Kenntnisse des Wohnungsmarkts sowie Diskriminierung seitens der Immobilieneigentümer*innen erschweren älteren Zugewanderten u. U. den Zugang zu angemessenem Wohnraum. Ältere Nicht-EU-Migrant*innen sind von derartigen Hindernissen in stärkerem Maße betroffen als jene aus EU-Ländern und leben in fast allen europäischen Ländern häufiger in unzureichenden Wohnverhältnissen. In Österreich, Schweden und den Niederlanden beträgt der Abstand mehr als 11 Prozentpunkte. Auch alleinlebende ältere Menschen sind häufiger von unzureichenden Wohnverhältnissen betroffen als die ältere Bevölkerung insgesamt. Dies gilt sowohl für die im Inland als auch für die im Ausland Geborenen. In Spanien, Griechenland und Slowenien leben alleinstehende Zugewanderte besonders häufig in unzureichenden Wohnverhältnissen. Hinzu kommt, dass Wohneigentum, das mit einem geringeren Risiko unzureichender Wohnverhältnisse verbunden ist, bei den im Ausland geborenen älteren Menschen in nahezu allen Ländern weniger verbreitet ist als bei den im Inland geborenen (im EU-Durchschnitt 60 % vs. 85 %).
Kernaussagen
In den nordischen Ländern und den meisten langjährigen Zielländern leben im Ausland geborene ältere Menschen häufiger in unzureichenden Wohnverhältnissen als im Inland geborene, in den baltischen Ländern hingegen seltener. Die Zugewanderten ab 75 Jahren leben in besseren Wohnverhältnissen als die Zugewanderten im Alter von 65 bis 74 Jahren, bei den im Inland Geborenen ist dies jedoch nicht der Fall.
In der EU ist der Anteil älterer Migrant*innen in unzureichenden Wohnverhältnissen in den letzten zehn Jahren gesunken und in der Altersgruppe ab 75 Jahren fiel der Rückgang sogar noch stärker aus. Bei den im Inland geborenen älteren Menschen verbesserten sich die Wohnverhältnisse noch deutlicher, in der Altersgruppe ab 75 Jahren allerdings etwa gleich stark wie bei den im Ausland geborenen.
Alleinlebende ältere Menschen sind besonders häufig von unzureichenden Wohnverhältnissen betroffen, insbesondere zugewanderte.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
6.4. Subjektiver Gesundheitszustand
Kontext des Indikators
Ein guter subjektiver Gesundheitszustand erhöht die Wahrscheinlichkeit einer selbstständigen Lebensführung, sozialer Beziehungen und einer hohen Lebensqualität.
Dieser Abschnitt befasst sich mit dem Anteil der älteren (ab 65 Jahren) und sehr alten Menschen (ab 75 Jahren), die ihren (körperlichen und psychischen) Gesundheitszustand insgesamt als „gut“ oder „sehr gut“ einschätzen.
Im EU-Durchschnitt betrachten 40 % der älteren und 30 % der sehr alten Migrant*innen ihren Gesundheitszustand als gut. Bei den im Inland Geborenen sind die entsprechenden Anteile etwa gleich hoch. In Nordamerika, Australien, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich empfinden im Ausland geborene ältere Menschen ihren Gesundheitszustand im Vergleich zu den im Inland geborenen seltener als gut (und in der Altersgruppe ab 75 Jahren noch seltener). Dies lässt darauf schließen, dass bei Migrant*innen hohes Alter mit einem schlechteren subjektiven Gesundheitszustand verbunden ist (Indikator 4.9). Auch in langjährigen europäischen Zielländern, vor allem in Belgien und den Niederlanden, weisen die älteren Migrant*innen einen schlechteren subjektiven Gesundheitszustand auf. In Südeuropa, Ungarn und Slowenien ist es umgekehrt: Hier betrachten zugewanderte ältere Menschen ihren Gesundheitszustand häufiger als gut als im Inland geborene.
Der Anteil der älteren Menschen, die ihre Gesundheit als gut einschätzen, hat sich in der EU in den letzten zehn Jahren sowohl bei den im Inland als auch bei den im Ausland Geborenen um rd. 8 Prozentpunkte erhöht. Bei den zugewanderten älteren und sehr alten Menschen hat sich der subjektive Gesundheitszustand in zwei Dritteln der Länder verbessert, bei den im Inland geborenen sogar in fast jedem Land. Am stärksten ist der Anteil der älteren und sehr alten Migrant*innen, die ihren Gesundheitszustand für gut halten, in Griechenland, Italien, Slowenien und Frankreich gewachsen – und zwar deutlich stärker als bei den im Inland geborenen älteren Menschen. In Spanien und den Niederlanden hingegen ist der Anteil der älteren Menschen mit guter subjektiver Gesundheit bei den Zugewanderten um mindestens10 Prozentpunkte gesunken, bei den im Inland Geborenen aber gestiegen. Im Vereinigten Königreich hat sich der subjektive Gesundheitszustand bei den im Inland Geborenen verschlechtert, bei den im Ausland Geborenen dagegen nicht. In den Vereinigten Staaten wiederum, wo der subjektive Gesundheitszustand unter den Zugewanderten ebenfalls stabil blieb, war bei den im Inland Geborenen eine leichte Verbesserung zu beobachten.
Bei den älteren Zugewanderten, die in der EU geboren sind, ist der Anteil derer, die ihre Gesundheit als gut betrachten, um 8 Prozentpunkte höher als bei den älteren Nicht-EU-Migrant*innen, die in der Regel über weniger finanzielle Ressourcen, schwächere soziale Netzwerke und einen schlechteren Zugang zu den Gesundheitssystemen verfügen. Im OECD-Raum betrachten die Männer ihren Gesundheitszustand im Allgemeinen häufiger als gut als die Frauen, und zwar unabhängig vom Geburtsort. Allein zu leben hat einen besonders negativen Effekt auf die Gesundheit – vor allem im höheren Alter. In sieben von zehn Ländern ist der Anteil der alleinlebenden älteren Menschen mit schlechtem subjektivem Gesundheitszustand bei den im Inland Geborenen größer als bei den im Ausland Geborenen. In Ländern, die in der Vergangenheit Gastarbeiter*innen aufgenommen haben (wie Frankreich und Deutschland), sowie in Teilen Südeuropas weisen die alleinlebenden älteren Migrant*innen sogar häufiger einen guten subjektiven Gesundheitszustand auf als die übrigen, was bei den im Inland Geborenen in dieser Altersgruppe in keinem Land (außer in Lettland und den Vereinigten Staaten) zu beobachten ist.
Kernaussagen
In der EU schätzen zwei Fünftel der im Ausland geborenen älteren Menschen ihren Gesundheitszustand als gut ein. Die Anteile sind etwa gleich hoch wie bei den im Inland Geborenen, aber deutlich geringer als bei den im Inland Geborenen in Nordamerika und einigen langjährigen europäischen Zielländern.
Der Anteil älterer Menschen, die Eigenangaben zufolge bei guter Gesundheit sind, hat sich bei den im Inland Geborenen in den letzten zehn Jahren in fast allen Ländern erhöht und bei den im Ausland Geborenen in etwa zwei Dritteln der Länder. In den Niederlanden und Spanien wurde bei den im Ausland geborenen älteren Menschen ein deutlicher Rückgang verzeichnet.
In Ländern, die zahlreiche „Gastarbeiter*innen“ aufgenommen haben (z. B. Frankreich und Deutschland), sowie in Südeuropa weisen die alleinlebenden älteren Migrant*innen häufiger einen guten subjektiven Gesundheitszustand auf als andere ältere Migrant*innen, was bei den im Inland Geborenen in dieser Altersgruppe in fast keinem Land zu beobachten ist.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
6.5. Zugang zu professioneller häuslicher Pflege
Kontext des Indikators
Professionelle Pflege ermöglicht es älteren Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, weiter selbstbestimmt zu leben. Die Inanspruchnahme professioneller Pflege korreliert stark mit einer höheren Lebensqualität.
Dieser Indikator (der nur für Europa bzw. für das Jahr 2016 verfügbar ist) misst den Anteil der Haushalte mit Personen ab 65 Jahren sowie mit Personen ab 75 Jahren, die professionelle häusliche Pflege erhalten. Der Zugang zu professioneller häuslicher Pflege hängt hauptsächlich vom institutionellen Rahmen ab. Zu den stationär gepflegten älteren Menschen stehen leider keine länderspezifischen Daten zur Verfügung, denn ältere Menschen, die in Pflegeheimen leben, werden in den Haushaltserhebungen nicht erfasst. Auf das Thema informelle häusliche Pflege wird nur kurz eingegangen, da es auf Länderebene keine umfassende Erhebung dazu gibt und nur auf Angaben anderer Haushaltsmitglieder beruhende Daten verfügbar sind.
2016 erhielten in der EU 6 % der Haushalte, in denen im Ausland geborene ältere Menschen leben, professionelle häusliche Pflege – ein ebenso hoher Anteil wie bei den Haushalten mit im Inland geborenen älteren Menschen. Bei den Haushalten mit Migrant*innen ab 75 Jahren nahmen 13 % professionelle häusliche Pflegeleistungen in Anspruch. In einem Viertel der Länder werden im Ausland geborene ältere und sehr alte Menschen häufiger professionell zu Hause gepflegt als im Inland geborene. In Schweden, Deutschland sowie den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern nehmen ältere Migrant*innen genauso häufig professionelle häusliche Pflege in Anspruch. In anderen langjährigen EU-Zielländern, insbesondere in Belgien, erhalten Haushalte mit im Ausland geborenen älteren Menschen dagegen seltener professionelle häusliche Pflege. Auf Migrant*innen ab 75 Jahren trifft dies jedoch nicht zu: In Frankreich z. B. erhalten Haushalte mit im Ausland geborenen Personen dieser Altersgruppe im Vergleich zu Haushalten mit im Inland Geborenen ab 75 Jahren häufiger professionelle häusliche Pflege. In den meisten europäischen Ländern nehmen alleinstehende, im Inland geborene ältere Menschen häufiger professionelle häusliche Pflege in Anspruch als Haushalte, in denen mehrere im Inland Geborene zusammenleben. Bei den im Ausland geborenen älteren Menschen verhält es sich überraschenderweise umgekehrt – außer in den Niederlanden, Griechenland und dem Vereinigten Königreich.
Der europaweiten Erhebung zur Lebensqualität 2016 zufolge erhielten 41 % der im Inland geborenen älteren Menschen in der EU, die in den zwölf vorhergehenden Monaten zu Hause gepflegt worden waren, informelle Pflege (hauptsächlich von Angehörigen, Freund*innen und Nachbar*innen), während 54 % von professionellen Pflegediensten versorgt wurden. Der Anteil derer, die professionell zu Hause gepflegt werden, ist bei den im Ausland geborenen älteren Menschen größer als bei den im Inland geborenen, und nur ein Drittel der im Ausland geborenen älteren Menschen erhält informelle häusliche Pflege (größtenteils allerdings nicht von Angehörigen oder Freund*innen). Die meisten im Ausland oder im Inland geborenen älteren Menschen, die pflegebedürftig sind, haben jedoch keinen Zugang zu professioneller häuslicher Pflege. Laut der Statistik der Europäischen Union über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) wurden 2016 nur 34 % der Haushalte mit im Ausland geborenen älteren Personen, die professionelle häusliche Pflege benötigen, pflegerisch entsprechend versorgt, während es bei den im Inland Geborenen 36 % waren. Auf Länderebene liegt der Anteil zwischen 60 % in Frankreich und den Niederlanden und 10 % in den baltischen Ländern, wobei die Anteile unter den Haushalten mit zugewanderten älteren Personen durchweg geringer sind. In der Hälfte der Fälle erhielten die Haushalte mit älteren Menschen unabhängig vom Geburtsort keine professionelle häusliche Pflege, weil sie es sich nicht leisten konnten.
Kernaussagen
Die meisten Haushalte, in denen im Inland oder im Ausland geborene ältere Menschen leben, die professionelle häusliche Pflege benötigen, haben keinen Zugang zu entsprechenden Pflegeleistungen – wobei im Ausland geborene ältere Menschen etwas seltener professionell zu Hause gepflegt werden.
In Schweden, Deutschland und den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern erhalten Haushalte mit im Ausland geborenen älteren Menschen mindestens so häufig professionelle häusliche Pflege wie Haushalte mit im Inland geborenen, wohingegen sie in den meisten südeuropäischen Ländern und Belgien deutlich seltener von professionellen Pflegediensten versorgt werden.
Einpersonenhaushalte, die nur aus einer im Ausland geborenen älteren Person bestehen, erhalten seltener professionelle häusliche Pflege als Haushalte mit mehreren im Ausland geborenen Personen. Bei den im Inland Geborenen ist dies nicht der Fall.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.