Die Kompetenzen und die Arbeitsmarktintegration von Zugewanderten sind entscheidend für deren Eingliederung in das Wirtschaftsgeschehen des Aufnahmelandes. Die Kompetenzen und Qualifikationen der Migrant*innen geben einen Hinweis darauf, wie gut sie sich in die Gesellschaft des Aufnahmelandes integrieren können, denn die Erwerbstätigkeit gilt häufig als der wichtigste Indikator für Integration. Entscheidend ist dabei aber auch die Qualität der Beschäftigung, denn sie hat großen Einfluss darauf, wie gut es den Zugewanderten gelingt, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Das vorliegende Kapitel beleuchtet das Bildungsniveau der Zugewanderten (Indikator 3.1), ihre Bereitschaft zur Weiterbildung (Indikator 3.2), ihre Kenntnisse in der Sprache des Aufnahmelandes (Indikator 3.3) und ihre Arbeitsmarktergebnisse (Indikatoren 3.4 und 3.5). Es werden Indikatoren der Arbeitsmarktexklusion (Indikatoren 3.6 und 3.7) und die Merkmale der Tätigkeiten von Zugewanderten beschrieben, darunter die Art ihrer Beschäftigungsverhältnisse (Indikator 3.8), ihre Arbeitszeit (Indikatoren 3.9 und 3.10) und die Qualifikationsanforderungen (Indikator 3.11). Zum Schluss werden auch Zahlen zur Überqualifizierung (Indikator 3.12) und Selbstständigkeit der Zugewanderten (Indikator 3.13) vorgestellt.
Indikatoren der Integration von Zugewanderten 2023
3. Kompetenzen und Arbeitsmarktintegration von Migrant*innen
Abstract
In Kürze
Neuzugewanderte sind besser ausgebildet als frühere Kohorten
In Ländern mit starker Arbeitsmigration, etwa in den klassischen Zuwanderungsländern, sind Zugewanderte besser ausgebildet als im Inland Geborene. In der EU sind hingegen mehr als ein Drittel der Zugewanderten (35 %) geringqualifiziert, verglichen mit einem Fünftel der im Inland Geborenen (20 %).
Der Anteil der Hochqualifizierten unter den Zugewanderten ist in den vergangenen zehn Jahren mit Ausnahme Mexikos in allen Ländern gestiegen.
Sehr niedrige Bildungsniveaus (kein Abschluss des Sekundarbereichs I) stellen eine besondere Herausforderung dar: EU-weit ist der Anteil der Geringstqualifizierten unter den Zugewanderten dreimal so hoch wie unter den im Inland Geborenen. In den Vereinigten Staaten sind 84 % der Geringstqualifizierten im Erwerbsalter aus dem Ausland zugewandert.
Erwachsenenbildung trägt dazu bei, die Lücke zwischen Zugewanderten und im Inland Geborenen im formalen Bildungsbereich zu schließen. Doch in den meisten europäischen Ländern nehmen Zugewanderte seltener an Erwachsenenbildung teil als im Inland Geborene, wobei die Unterschiede in der Hälfte der Länder marginal sind. Die Teilnahmedifferenz zu den im Inland Geborenen weitete sich in den 2010er Jahren in rund der Hälfte der Länder aus.
In der EU geben 62 % der Zugewanderten an, mindestens über fortgeschrittene Kenntnisse der Sprache ihres Aufnahmelandes zu verfügen. In den klassischen Zuwanderungsländern sind es 72 %, in Korea 50 %. Am höchsten sind die Anteile in Mitteleuropa, Portugal, Spanien und den englischsprachigen Zielländern, am kleinsten in Malta, Zypern, Estland, Lettland, den Niederlanden und Finnland.
EU-weit geben seit Langem ansässige Zugewanderte nahezu doppelt so häufig wie Neuzugewanderte an (70 % vs. 40 %), die Sprache des Aufnahmelandes zu beherrschen. In den Vereinigten Staaten wirkt sich die Aufenthaltsdauer weniger auf die angegebene Sprachbeherrschung aus (74 % vs. 63 %). Sprachkurse erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Zugewanderte, die bei ihrer Ankunft im Aufnahmeland höchstens über mittlere Sprachkenntnisse verfügen, ein fortgeschrittenes Kompetenzniveau erreichen, um 2 Prozentpunkte.
Die Erwerbstätigenquoten der Zugewanderten sind in den letzten zehn Jahren gestiegen – ein nachhaltiger Coronaeffekt blieb aus
Die Beschäftigungsquoten der Zugewanderten sind in den letzten zehn Jahren in den meisten Ländern gestiegen. In Europa werden Zugewanderte zwar immer noch seltener beschäftigt als im Inland Geborene, doch in den meisten nichteuropäischen OECD-Ländern sind die Erwerbstätigenquoten der Zugewanderten höher.
In vier von fünf Ländern sind im Ausland Geborene häufiger erwerbslos als im Inland Geborene. In der EU ist die Erwerbslosenquote der Zugewanderten sogar doppelt so hoch, wobei die Unterschiede außerhalb Europas kleiner sind. Ein hohes Bildungsniveau trägt zwar in allen Ländern zum Schutz vor Erwerbslosigkeit bei, doch hochqualifizierte Zugewanderte sind immer noch häufiger erwerbslos als hochqualifizierte im Inland Geborene. Hätten zugewanderte und im Inland geborene Hochqualifizierte die gleiche Erwerbstätigenquote, würden in der EU über eine Million Hochqualifizierte mehr arbeiten.
Auch wenn die Erwerbslosigkeit mit Beginn der Coronapandemie stark zunahm, ging sie in den meisten Ländern in den letzten zehn Jahren zurück, und zwar sowohl in der zugewanderten als auch in der im Inland geborenen Bevölkerung. Auch die Erwerbstätigenquoten haben das Vorpandemieniveau inzwischen wieder erreicht.
Viele Zugewanderte fürchten die Arbeitsmarktexklusion
Die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust ist in praktisch allen Ländern unter Zugewanderten stärker ausgeprägt als unter im Inland Geborenen.
In rund der Hälfte aller EU-Länder sind Zugewanderte häufiger von Langzeiterwerbslosigkeit betroffen als im Inland Geborene. Außerhalb der EU sind die Gruppen gleichermaßen betroffen.
Viele Zugewanderte wollen zwar arbeiten, begeben sich aber nicht aktiv auf Arbeitsuche. Die unfreiwillige Nichterwerbstätigkeit ist unter Zugewanderten stärker verbreitet als unter den im Inland Geborenen und hat in den vergangenen zehn Jahren zugenommen – unter den Zugewanderten in der EU stärker als unter den im Inland Geborenen, außerhalb der EU jedoch nicht.
Für Zugewanderte ist die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit eine Möglichkeit, Marginalisierung vorzubeugen. So sind im Ausland Geborene in zwei Dritteln der Länder häufiger selbstständig als im Inland Geborene. Insgesamt sind 30 % der selbstständigen Zugewanderten aufgrund fehlender Alternativen selbstständig, verglichen mit 20 % bei den im Inland Geborenen.
Zugewanderte sind häufiger befristet oder unfreiwillig in Teilzeit beschäftigt
In europäischen und asiatischen Ländern haben Zugewanderte häufiger befristete Arbeitsverhältnisse als im Inland Geborene. In den klassischen Zuwanderungsländern wie auch in den lateinamerikanischen OECD-Ländern ist das im Allgemeinen jedoch nicht der Fall. Die Differenz zwischen den im Ausland und den im Inland Geborenen verringert sich nach zehn Jahren Aufenthalt EU-weit um mehr als 50 % und verschwindet in der Hälfte der Länder nahezu vollständig.
Zugewanderte arbeiten zudem in der Hälfte der Länder häufiger in Teilzeit – vor allem in südeuropäischen und baltischen Staaten, nicht aber in Ländern, in denen Teilzeitarbeit in der im Inland geborenen Bevölkerung stark verbreitet ist, z. B. in den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Österreich und der Schweiz.
Eine den Qualifikationen entsprechende Arbeit zu finden ist nach wie vor schwierig
Das Qualifikationsniveau der Arbeitsplätze von Zugewanderten ist in den vergangenen zehn Jahren gestiegen, wodurch sich der Abstand zur im Inland geborenen Bevölkerung in einem Drittel der Länder verringerte. Gleichwohl werden 30 % der Hilfstätigkeiten in der EU immer noch von Zugewanderten ausgeübt – im deutschsprachigen Raum wie auch in Zypern, Norwegen und Schweden sind es sogar über 50 %.
Zugewanderte mit Tertiärabschluss sind überall seltener erwerbstätig als die im Inland Geborenen mit entsprechendem Abschluss. Und diejenigen, die erwerbstätig sind, sind in nahezu allen Ländern häufiger überqualifiziert. Insgesamt sind EU-weit 47 % der Zugewanderten mit Tertiärabschluss überqualifiziert oder erwerbslos, während es bei den im Inland Geborenen nur 30 % sind. Mit einem Abschluss des Aufnahmelandes verringert sich der Überqualifizierungsabstand der Zugewanderten in der EU um 75 % und noch deutlicher in Nordamerika, den deutschsprachigen Ländern, Frankreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich.
Trotz höherer Bildungsabschlüsse erzielen Migrantinnen häufig schlechtere Arbeitsmarktergebnisse als Migranten
Innerhalb der Zuwanderungsbevölkerung sind Frauen in OECD- und EU-Ländern häufig besser ausgebildet als Männer. Ihr höheres Bildungsniveau schlägt sich aber nicht in besseren Arbeitsmarktergebnissen nieder. In der EU sind nur 57 % der Migrantinnen erwerbstätig – gegenüber 73 % der Migranten und 65 % der im Inland geborenen Frauen. In den klassischen Einwanderungsländern sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Zugewanderten etwas geringer. In den Vereinigten Staaten, Korea und lateinamerikanischen Ländern sind sie hingegen stärker ausgeprägt und deutlich größer als bei den im Inland Geborenen.
In den meisten Ländern üben Migrantinnen außerdem geringer qualifizierte Tätigkeiten aus als im Inland Geborene. Bei den qualifizierten Arbeitsplätzen ist die Lücke zwischen zugewanderten und im Inland geborenen Frauen in Südeuropa und langjährigen europäischen Zielländern am größten.
Migrantinnen arbeiten genauso häufig in Teilzeit wie im Inland geborene Frauen, und die Teilzeitbeschäftigung unter Arbeitsmigrantinnen ging sowohl in der EU als auch im OECD-Raum in den vergangenen zehn Jahren immer mehr zurück. Dennoch sind Arbeitsmigrantinnen insgesamt immer noch diejenigen, die – vorrangig aus familiären Gründen – am häufigsten unfreiwillig teilzeitbeschäftigt sind.
3.1. Bildungsniveau
Kontext des Indikators
Auch wenn ein hohes Bildungsniveau nicht automatisch dazu führt, dass Zugewanderte erfolgreich in die Gesellschaft des Aufnahmelandes integriert werden, sind die Arbeitsmarktergebnisse hochqualifizierter Zugewanderter in den allermeisten Fällen besser (vgl. weitere Indikatoren unten).
Nach der internationalen Standardklassifikation des Bildungswesens (ISCED) gliedert sich das Bildungsniveau in drei Stufen: 1. niedriges Bildungsniveau, bis Sekundarbereich I (ISCED-Stufen 0–2); 2. mittleres Bildungsniveau, Sekundarbereich II und postsekundärer nichttertiärer Bereich (ISCED-Stufen 3 und 4) und 3. hohes Bildungsniveau, Tertiärbereich (ISCED-Stufen 5–8).
In der EU sind mehr als ein Drittel der Zugewanderten (35 %) geringqualifiziert – im Verhältnis fast doppelt so viele wie in der im Inland geborenen Bevölkerung (20 %). Der relativ hohe Anteil geht hauptsächlich auf die Drittstaatsangehörigen zurück, von denen EU-weit 40 % nur ein niedriges Bildungsniveau erreichen, in Südeuropa (außer Portugal) und Deutschland sogar noch mehr. Außerhalb Europas (mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, Japans und Koreas) sind Zugewanderte hingegen seltener geringqualifiziert als im Inland Geborene, vor allem in Lateinamerika (außer Costa Rica). In den OECD-Ländern sind 19 % derjenigen, die höchstens über einen Grundschulabschluss verfügen (Geringstqualifizierte), im Ausland geboren. EU-weit ist der Anteil der Geringstqualifizierten unter den Zugewanderten dreimal so hoch wie unter den im Inland Geborenen. Außerhalb Europas verblassen die Unterschiede zwar meistens, doch in den Vereinigten Staaten machen Zugewanderte 84 % der Geringstqualifizierten im Erwerbsalter aus. Auch in der EU verfügen Zugewanderte zwar seltener über ein hohes Bildungsniveau als im Inland Geborene, doch die Hochqualifiziertenanteile der beiden Gruppen liegen deutlich näher beieinander (und unterscheiden sich nur um 3 Prozentpunkte). In den nichteuropäischen Ländern ist das Bildungsniveau der Zugewanderten in den klassischen Einwanderungsländern, Mexiko, Chile und Türkiye höher.
Von 2010 bis 2020 ist der Anteil der Hochqualifizierten in allen Ländern (bis auf Mexiko) gestiegen. In rund der Hälfte der Länder stieg der Bildungsgrad der Zugewanderten dabei schneller als in der im Inland geborenen Bevölkerung. Besonders bei Frauen stieg das Niveau deutlich an. Insgesamt sind Migrantinnen häufiger hochqualifiziert als Migranten, wobei die Geschlechterdifferenzen in dieser Gruppe kleiner ausfallen als unter im Inland Geborenen. Neuzugewanderte sind besser ausgebildet als die im Inland Geborenen und frühere Kohorten: 2020 verfügten EU-weit 39 % und OECD-weit 50 % über einen Tertiärabschluss – 2010 waren es EU-weit noch 25 % und OECD-weit 35 %.
Sowohl in der EU als auch im OECD-Raum erwarben mehr als die Hälfte der Zugewanderten ihren Tertiärabschluss im Ausland. In Ländern, in denen der Anteil der internationalen Studierenden seit Langem sehr groß ist (darunter Frankreich und klassische Einwanderungsländer) oder in denen im Ausland Geborene hauptsächlich als Kinder zuzogen, bevor es zu Grenzverschiebungen kam (z. B. Kroatien), wurde der Großteil der hochqualifizierten Zugewanderten im Aufnahmeland ausgebildet. In den Vereinigten Staaten wie auch in Ländern mit starker Arbeitsmigration (einschließlich durch Freizügigkeit) wurden die meisten hochqualifizierten Zugewanderten hingegen im Ausland ausgebildet. In der EU geborene Hochqualifizierte, deren Bildungsabschlüsse innerhalb der EU einfacher anerkannt werden, wurden häufiger im Ausland ausgebildet als Hochqualifizierte, die außerhalb der EU geboren wurden.
Kernaussagen
Bei Zugewanderten in der EU ist der Anteil der Geringqualifizierten nahezu doppelt so hoch wie bei den im Inland Geborenen. Unter den Geringstqualifizierten liegt der Anteil der Zugewanderten in der EU bei 20 % und in den Vereinigten Staaten bei 84 %.
Neuzugewanderte sind in fast allen Ländern besser ausgebildet als frühere Kohorten: 2020 verfügten EU-weit 39 % und OECD-weit 50 % über einen Tertiärabschluss, während es 2010 in der EU noch 25 % und in der OECD 35 % waren. Neuzugewanderte sind zudem häufiger hochqualifiziert als im Inland Geborene.
In der EU und im OECD-Raum erwarben mehr als 50 % der Zugewanderten ihren Tertiärabschluss im Ausland.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.2. Zugang zu Erwachsenen- und Weiterbildung
Kontext des Indikators
Durch Erwachsenenbildung können Zugewanderte ihr Potenzial entfalten und die Lücke zur im Inland geborenen Bevölkerung im formalen Bildungsbereich verringern. Indem sie ihre Kompetenzen ausbauen und auf den neuesten Stand bringen, können sie sich an Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt anpassen und dadurch ihre beruflichen Perspektiven verbessern.
Dieser Indikator, der nur für europäische Länder zur Verfügung steht, gibt den Anteil der Erwachsenen an, die in den vergangenen vier Wochen an einem Kurs, einem Seminar oder einer Tagung teilnahmen oder Privatunterricht oder ein anderes Bildungsangebot außerhalb des regulären Bildungssystems in Anspruch nahmen.
In den meisten Ländern nehmen Zugewanderte seltener an Erwachsenen- und Weiterbildungsangeboten teil als im Inland Geborene, der Unterschied ist häufig aber sehr klein. Am größten ist der Abstand in den meisten nordischen Ländern, in Südeuropa (bis auf Portugal) und Frankreich. Nur in Portugal sowie Mittel- und Osteuropa nehmen Zugewanderte häufiger an Erwachsenenbildung teil. Entsprechend dem allgemeinen Weiterbildungs- und Umschulungstrend stieg der Anteil der Zugewanderten in der Erwachsenenbildung in den letzten zehn Jahren in rund drei Fünfteln der Länder an, wenn auch weniger stark als in der im Inland geborenen Bevölkerung. Tatsächlich ist die Teilnahmelücke in etwa der Hälfte aller Länder gewachsen, wobei sie infolge der Coronapandemie zuletzt zurückging. In Portugal, Polen und der Tschechischen Republik, wo Zugewanderte bereits zuvor häufiger an Erwachsenenbildung teilnahmen, hat sich der Abstand deutlich vergrößert.
Ein Grund für die geringere Teilnahme von Zugewanderten an Erwachsenenbildung könnte sein, dass sie weniger über das Angebot aufgeklärt werden, was bei den bedürftigsten Gruppen am häufigsten vorkommt. In nahezu allen europäischen Ländern nehmen Frauen seltener an Erwachsenen- und Weiterbildung teil, wobei die Geschlechterlücke in der im Inland geborenen Bevölkerung größer ist als unter Zugewanderten. Die EU-weiten Teilnahmequoten der Frauen sind unabhängig vom Geburtsort ähnlich, Migranten nehmen jedoch etwas seltener teil als im Inland geborene Männer.
Geringqualifizierte nehmen seltener Erwachsenen- und Weiterbildung in Anspruch als Hochqualifizierte. Während Menschen mit niedrigem und mittlerem Bildungsniveau, egal ob im Inland oder Ausland geboren, üblicherweise ähnliche Quoten erreichen, nehmen zugewanderte Hochqualifizierte in den meisten Ländern seltener an Erwachsenenbildung teil als im Inland geborene Hochqualifizierte. In rund der Hälfte der Länder – insbesondere in Dänemark und Österreich – nehmen zugewanderte Geringqualifizierte häufiger an Weiterbildungen teil als im Inland geborene. Einige vulnerable Migrantengruppen weisen eine höhere Teilnahmequote auf. So nehmen etwa Neuzugewanderte in zwei von drei Ländern häufiger an Weiterbildungen teil als im Inland Geborene. In Belgien und Spanien sowie teilweise in Ländern mit starker humanitärer Migration (wie Deutschland und Österreich) nehmen Neuzugewanderte zudem doppelt so häufig an Weiterbildungen teil wie seit Langem ansässige Migrant*innen. In Griechenland, Zypern, Malta und Schweden ist das Gegenteil der Fall: Hier nehmen Neuzugewanderte seltener an Erwachsenenbildung teil als seit Langem ansässige Zugewanderte. Die Teilnahmequoten von innerhalb und außerhalb der EU Geborenen sind allgemein ähnlich, außer in der Schweiz, den nordischen Ländern und Mitteleuropa, wo Zugezogene aus Nicht-EU-Ländern deutlich seltener an entsprechenden Angeboten teilnehmen.
Kernaussagen
In den meisten Ländern nehmen Zugewanderte seltener an Erwachsenenbildung teil als im Inland Geborene, wobei die Unterschiede in der Hälfte der Länder marginal sind.
In rund der Hälfte der Länder weitete sich die Differenz zwischen Zugewanderten und im Inland Geborenen bei der Teilnahme an Erwachsenenbildung in den vergangenen zehn Jahren aus, wobei sie infolge der Coronapandemie zuletzt abnahm.
Zwischen den Zugewanderten und den im Inland Geborenen mit niedrigem und mittlerem Bildungsniveau gibt es beim Zugang zur Erwachsenenbildung in der Regel keine Unterschiede. In zwei Dritteln der Länder ist die Teilnahmequote der Neuzugewanderten jedoch höher als bei den im Inland Geborenen.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.3. Sprachkenntnisse
Kontext des Indikators
Die Beherrschung der Sprache des Aufnahmelandes ist die wichtigste Kompetenz, die Zugewanderte brauchen, um uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben sowie am Arbeitsmarkt ihres neuen Wohnorts teilnehmen zu können.
Dieser Indikator misst den Anteil der im Ausland Geborenen, die laut eigenen Angaben über fortgeschrittene Kenntnisse in der Hauptsprache des Aufnahmelandes verfügen oder diese als Muttersprache sprechen.
In der EU erklären 62 % der Zugewanderten, mindestens über fortgeschrittene Kenntnisse in der Sprache ihres Aufnahmelandes zu verfügen. In Australien und den Vereinigten Staaten sind es 72 %, in Korea 50 %. In englischsprachigen Zielländern wie auch in Staaten, in denen die Landessprache vielfach der Muttersprache der Zugewanderten entspricht (z. B. in Kroatien, Ungarn, Portugal und Spanien), sind die Anteile höher. In Malta, Zypern, Estland, Lettland, den Niederlanden und Finnland gibt hingegen weniger als die Hälfte der Zugewanderten an, die Sprache des Aufnahmelandes fließend zu beherrschen.
Die Sprachkenntnisse der Zugewanderten gingen im Zeitraum 2014–2021 in zwei Dritteln der Länder zurück. In der EU ist der Anteil der Zugewanderten, die nach eigenen Angaben über fortgeschrittene Kenntnisse der Landessprache verfügen, um 3 Prozentpunkte gesunken. Grund für den Rückgang ist teilweise ein Anstieg von Neuzugewanderten, auch wenn deren Sprachkenntnisse 2021 fortgeschrittener waren als noch 2014. In den Vereinigten Staaten ist der Anteil der Zugewanderten, die Englisch beherrschen, hingegen um 6 Prozentpunkte gestiegen – und bei Neuzugewanderten sogar noch mehr. In der Regel nehmen die Sprachkenntnisse dabei mit längerer Aufenthaltsdauer zu. Unter den seit Langem ansässigen Zugewanderten in der EU geben rd. 70 % der Befragten an, die Sprache des Aufnahmelandes zu beherrschen – nahezu doppelt so viele wie unter den Neuzugewanderten (40 %) und mehr als doppelt so viele wie in der Gruppe der Zugewanderten, deren Muttersprache nicht der Landessprache entspricht. In den Vereinigten Staaten ist dieser Trend weniger stark ausgeprägt: Neuzugewanderte geben hier häufiger an, über fortgeschrittene Sprachkenntnisse zu verfügen, während der mit der Aufenthaltsdauer verbundene Kompetenzzuwachs geringer ausfällt (63 % bei Neuzugewanderten vs. 74 % bei seit Langem Ansässigen).
Unter den Zugewanderten, die bei Ankunft in der EU eigenen Angaben zufolge höchstens über mittlere Kenntnisse der Sprache des Aufnahmelandes verfügten, erreichen 50 % der Anfänger*innen und 70 % der Zugezogenen mit mittlerem Kompetenzniveau nach mindestens fünf Jahren Aufenthalt ein fortgeschrittenes Niveau. Sprachkurse können den Lernprozess unterstützen und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, fortgeschrittene Sprachkenntnisse zu erreichen, um 2 Prozentpunkte – nach Berücksichtigung von soziodemografischen Faktoren (Alter, Bildung, Geschlecht, EU-/Nicht-EU-Herkunft), migrationsbezogenen Faktoren (Aufenthaltsdauer, Migrationsgrund, anfängliches Sprachniveau) und von Unterschieden zwischen den Aufnahmeländern. EU-weit haben nahezu drei Fünftel der Zugewanderten, die eigenen Angaben zufolge Sprachunterricht benötigen, seit ihrer Ankunft an Sprachkursen teilgenommen – ein Anteil, der seit 2014 in rund zwei Dritteln der Länder zurückging. Der Anteil der in der EU Geborenen, die eigenen Angaben zufolge über fortgeschrittene Kenntnisse der Sprache des Aufnahmelandes verfügen, liegt EU-weit um 10 Prozentpunkte höher als unter den nicht in der EU Geborenen, die im Allgemeinen geringer qualifiziert sind und bei Ankunft eher über ein niedrigeres landessprachliches Kompetenzniveau verfügen.
Kernaussagen
In der EU erklären 62 % der Zugewanderten, mindestens über fortgeschrittene Kenntnisse in der Sprache ihres Aufnahmelandes zu verfügen. In Australien und den Vereinigten Staaten sind es 72 %, in Korea 50 %.
EU-weit ist die selbsteingeschätzte Sprachbeherrschung bei den seit Langem ansässigen Zugewanderten nahezu doppelt so hoch wie bei den Neuzugewanderten (70 % vs. 40 %). In den Vereinigten Staaten wirkt sich die Aufenthaltsdauer weniger auf die angegebene Sprachbeherrschung aus (74 % vs. 63 %).
Sprachkurse erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Zugewanderte, die bei ihrer Ankunft im Aufnahmeland höchstens über mittlere Sprachkenntnisse verfügen, ein fortgeschrittenes Kompetenzniveau erreichen, um 2 Prozentpunkte.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.4. Erwerbstätigkeit und Erwerbsbeteiligung
Kontext des Indikators
Der Arbeitsplatz ist die Haupteinnahmequelle von Zugewanderten und ein wichtiger Baustein ihrer Eingliederung in die Gesellschaft.
Die Erwerbstätigenquote gibt den prozentualen Anteil der 15- bis 64-Jährigen an, die in der Berichtswoche mindestens eine Stunde gearbeitet haben oder in einem Beschäftigungsverhältnis standen, das aber vorübergehend nicht ausgeübt wurde (Definition der ILO). Die Erwerbsbeteiligungs- oder Erwerbsquote gibt den Anteil der 15- bis 64-jährigen Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbslose) an.
In der EU sind 65 % der Zugewanderten erwerbstätig, verglichen mit 69 % der im Inland Geborenen. Mit Ausnahme von Türkiye, wo die Erwerbstätigenquote in beiden Bevölkerungsgruppen (Zugewanderte und im Inland Geborene) unter 50 % liegt, ist die Mehrheit in allen Ländern erwerbstätig. In den klassischen Zuwanderungsländern und den langjährigen Zielländern mit vorwiegend in der EU geborenen Migrant*innen, aber auch in einigen mitteleuropäischen Staaten mit wachsender Arbeitsmigration wie Polen und Ungarn liegt die Erwerbstätigenquote der Zugewanderten mit über 70 % auf einem besonders hohen Niveau. Insgesamt machten Migrant*innen 2021 EU- und OECD-weit 13 % der Erwerbstätigen aus, während es 2011 noch 11 % waren.
In den meisten langjährigen Zielländern Europas und im nordischen Raum verzeichnen die im Inland Geborenen eine höhere Erwerbstätigenquote als die Zugewanderten. Die größten Unterschiede gibt es dabei in den nordischen Ländern (außer Island) und den europäischen Zielländern, in denen vorwiegend Nicht-EU-Migrant*innen zugezogen sind. Außerhalb Europas (mit Ausnahme Australiens, Kanadas, Koreas und Mexikos) sind Zugewanderte dagegen häufiger erwerbstätig, insbesondere in Chile und Israel, wo die Erwerbstätigenquoten bei den Zugewanderten um mindestens 14 Prozentpunkte höher liegen als bei den im Inland Geborenen.
In Ländern mit zuletzt starker Arbeitsmigration, wie beispielsweise in den süd-, mittel- und osteuropäischen Staaten, und in den meisten Ländern mit hauptsächlich EU-Migration sind die Erwerbsquoten der Zugewanderten in der Regel höher als diejenigen der im Inland Geborenen. Auch außerhalb Europas, insbesondere in Lateinamerika (außer Mexiko) und Israel, beteiligen sich die Zugewanderten mit wenigen Ausnahmen stärker am Arbeitsmarkt als die im Inland Geborenen. In den meisten langjährigen europäischen Zielländern und im nordischen Raum ist jedoch das Gegenteil der Fall, was hauptsächlich auf die vergleichsweise höhere Nichterwerbstätigkeit der zugewanderten Frauen zurückzuführen ist. In den Niederlanden etwa sind Migrantinnen um 17 Prozentpunkte häufiger nichterwerbstätig als im Inland geborene Frauen, in Frankreich und Belgien um rd. 9 Prozentpunkte. Auch in den baltischen Staaten, wo viele Zugewanderte im Erwerbsalter demnächst das Rentenalter erreichen, liegen Zugewanderte bei der Erwerbsquote hinter der im Inland geborenen Bevölkerung zurück.
In der frühen Phase der Coronapandemie gingen die Erwerbstätigenquoten der Zugewanderten unverhältnismäßig stark zurück. Dank einer kräftigen Erholung 2021 haben sie das Vorpandemieniveau – genauso wie die im Inland geborene Bevölkerung – inzwischen jedoch fast wieder erreicht. Im Zuge der Erholung von dem Abschwung auf dem Arbeitsmarkt, der von der großen Rezession 2007–2008 verursacht wurde, stieg die EU-weite Erwerbstätigenquote der Zugewanderten in den vergangenen zehn Jahren um 4 Prozentpunkte, verglichen mit 6 Prozentpunkten in der im Inland geborenen Bevölkerung. Die Erwerbstätigkeit der im Inland Geborenen stieg dabei in praktisch allen Ländern, die Erwerbstätigkeit der Zugewanderten in mehr als vier Fünfteln der Länder. In den mittel- und osteuropäischen Staaten, die zuletzt eine starke Arbeitsmigration verzeichneten, sowie in den meisten englischsprachigen OECD-Ländern und Dänemark stiegen die Erwerbstätigenquoten unter den Zugewanderten schneller als unter den im Inland Geborenen. So konnten die Zugewanderten die Beschäftigungslücke zur im Inland geborenen Bevölkerung verringern – und in Polen und Kroatien sogar umkehren. In langjährigen europäischen Zielländern wie den Niederlanden, Deutschland und den baltischen Staaten ist die Erwerbstätigenquote unter den im Inland Geborenen hingegen schneller gewachsen. Verschlechtert haben sich die Erwerbstätigenquoten der Zugewanderten nur in wenigen Ländern, darunter insbesondere in Korea, Türkiye und Griechenland. In den letzten beiden Ländern sind die Erwerbstätigenquoten der im Inland Geborenen leicht gestiegen oder stabil geblieben, wodurch sich der Abstand zu den Zugewanderten vergrößerte.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Erwerbstätigenquote sind in fast allen Ländern unter den Zugewanderten größer als unter den im Inland Geborenen. In der EU sind nur 57 % der Migrantinnen erwerbstätig – gegenüber 73 % der Migranten und 65 % der im Inland geborenen Frauen. In den klassischen Zuwanderungsländern sind die Unterschiede zwischen zugewanderten Männern und Frauen etwas geringer. In den Vereinigten Staaten, Korea und lateinamerikanischen Ländern fallen sie dagegen größer aus. Die EU-weite Erwerbstätigenquote liegt bei den in der EU geborenen Zugewanderten um 3 Prozentpunkte höher als bei den im Inland Geborenen. Die Erwerbstätigkeit der Nicht-EU-Migrant*innen fällt in zwei Dritteln der Länder hingegen deutlich geringer aus. In den nordischen und langjährigen europäischen Zielländern (mit Ausnahme Luxemburgs und des Vereinigten Königreichs) beträgt die Differenz zur im Inland geborenen Bevölkerung mindestens 10 Prozentpunkte, wobei diese teilweise auf die niedrige Erwerbstätigkeit der zugezogenen Frauen zurückzuführen ist. EU-weit sind nur 52 % der Nicht-EU-Migrantinnen erwerbstätig, verglichen mit 65 % bei den im Inland Geborenen. In aller Regel steigen die Erwerbstätigenquoten vor allem der Nicht-EU-Migrant*innen mit zunehmender Aufenthaltsdauer zwar an, doch auch seit Langem ansässige Zugewanderte schneiden in langjährigen europäischen Zielländern mit starker Nicht-EU-Migration (außer im Vereinigten Königreich) und in den baltischen und nordischen Staaten schlechter ab als die im Inland Geborenen.
Ein höheres Bildungsniveau verbessert die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Bei den Zugewanderten ist dieser Effekt im Vergleich zur im Inland geborenen Bevölkerung allerdings weniger spürbar. Die Erwerbstätigenquoten der hoch- und geringqualifizierten Zugewanderten unterscheiden sich in der EU um 21 Prozentpunkte, verglichen mit 35 Punkten bei den im Inland Geborenen. Außerhalb Europas (mit Ausnahme Australiens) zeigt sich ein ähnliches Muster. Tatsächlich sind Zugewanderte mit Tertiärabschluss in allen Ländern seltener erwerbstätig als die im Inland Geborenen auf diesem Bildungsniveau. Die Differenz beträgt EU-weit 10 Prozentpunkte – und weitet sich etwa in Südeuropa, Deutschland und Estland noch weiter aus. In den klassischen Zuwanderungsländern, dem Vereinigten Königreich und den meisten mittel- und osteuropäischen Staaten liegen die Werte hingegen näher beieinander. Hätten zugewanderte und im Inland geborene Hochqualifizierte die gleiche Erwerbstätigenquote, würden in der EU über eine Million Hochqualifizierte mehr arbeiten. Ein Grund für die geringeren Erwerbstätigenquoten hochqualifizierter Zugewanderter ist die Tatsache, dass ausländische Abschlüsse auf fast allen OECD-Arbeitsmärkten nicht als gleichwertig akzeptiert werden. Lediglich in der Slowakischen Republik, Korea, Luxemburg und Kanada sind im Ausland ausgebildete Zugewanderte häufiger erwerbstätig als diejenigen mit einer Qualifizierung des Aufnahmelandes. EU-weit verzeichnen im Aufnahmeland ausgebildete Zugewanderte eine um 12 Prozentpunkte höhere Erwerbstätigenquote als im Ausland ausgebildete Zugewanderte. Doch auch wenn die Arbeitsmarktergebnisse der Zugewanderten mit einem Studienabschluss des Aufnahmelandes besser sind, liegen sie dennoch in fast allen Ländern hinter den Ergebnissen der im Inland geborenen Hochqualifizierten zurück – außer in den Vereinigten Staaten, im Vereinigten Königreich, Portugal und einzelnen mittel- und osteuropäischen Ländern.
Bei den Geringqualifizierten schneiden die Zugewanderten verglichen mit den im Inland Geborenen hingegen in mehr als zwei Dritteln der Länder besser ab. In Israel und den Vereinigten Staaten gibt es sogar einen Unterschied von rd. 30 Prozentpunkten. In den nordischen Ländern (außer Island und Finnland), den baltischen Staaten und den meisten langjährigen europäischen Zielländern, deren Zuwanderungsbevölkerung hauptsächlich aus Nicht-EU-Migrant*innen besteht, ist jedoch das Gegenteil der Fall. Die größten Unterschiede gibt es mit 13 Prozentpunkten dabei in Schweden und den Niederlanden. In etlichen süd-, mittel- und osteuropäischen Ländern, allen voran in Ungarn und der Tschechischen Republik, sind aus Nicht-EU-Ländern zugewanderte Geringqualifizierte hingegen häufiger erwerbstätig als die im Inland geborenen.
Kernaussagen
Während Zugewanderte in Europa, Australien, Korea und Mexiko in der Regel eine geringere Erwerbstätigenquote aufweisen als die im Inland Geborenen, ist in anderen OECD-Ländern genau das Gegenteil der Fall.
Auch wenn die Erwerbstätigkeit der Zugewanderten und im Inland Geborenen aufgrund der Coronakrise zeitweise zurückging, ist sie inzwischen wieder auf Vorkrisenniveau und in den letzten zehn Jahren insgesamt gestiegen.
Zugewanderte mit Tertiärabschluss sind in allen Ländern seltener erwerbstätig als die im Inland Geborenen mit dem gleichen Bildungsniveau. Bei den geringqualifizierten Zugewanderten ist in mehr als zwei Dritteln der Länder hingegen genau das Gegenteil der Fall.
Hätten zugewanderte und im Inland geborene Hochqualifizierte die gleiche Erwerbstätigenquote, würden in der EU über eine Million Hochqualifizierte mehr arbeiten.
Zugewanderte mit inländischem Abschluss haben in der EU eine um 12 Prozentpunkte höhere Erwerbstätigenquote als Zugewanderte mit ausländischem Abschluss.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.5. Erwerbslosigkeit
Kontext des Indikators
Eine erwerbslose Person ist eine Person, die keine Arbeit hat, aber dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, und in der Berichtswoche auf Arbeitsuche war (Definition der ILO). Die Erwerbslosenquote ist der Anteil der Erwerbslosen an der Erwerbsbevölkerung (d. h. der Summe der Erwerbstätigen und der Erwerbslosen).
Zugewanderte sind in vier von fünf Ländern häufiger erwerbslos als die im Inland Geborenen. In langjährigen Zielländern mit starker Nicht-EU-Migration, in den meisten südeuropäischen und den nordischen Ländern sind die Unterschiede dabei besonders groß. Die Erwerbslosenquote der Zugewanderten (12 %) ist EU-weit doppelt so hoch wie bei den im Inland Geborenen. Am größten ist der Unterschied in Schweden, wo sie das Dreifache beträgt. Außerhalb Europas sind die Unterschiede deutlich weniger stark ausgeprägt. So sind Zugewanderte in Chile sogar um 3 Prozentpunkte seltener erwerbslos als im Inland Geborene.
Die Erwerbslosigkeit ging EU- und OECD-weit gegenüber 2011 um rd. 3 Prozentpunkte zurück, und zwar sowohl bei den Zugewanderten als auch bei den im Inland Geborenen. Konkret ist sie in rund drei Vierteln der Länder in beiden Gruppen gefallen, während sie in anderen Ländern nach oben ging – in Türkiye und Chile sogar um bis zu 5 Prozentpunkte. Mit Beginn der Coronapandemie ist die Erwerbslosigkeit der Zugewanderten stark um mehr als 2 Prozentpunkte gestiegen (u. a. in den Vereinigten Staaten, den baltischen Ländern und Schweden). 2021 ging sie jedoch in den meisten Ländern wieder auf Vorpandemieniveau zurück. Die Erholung bei den im Inland Geborenen war ähnlich, auch wenn die Quote zunächst weniger stark anstieg.
Da ein hohes Bildungsniveau zum Schutz vor Erwerbslosigkeit beiträgt, sind Geringqualifizierte in fast allen Ländern stärker von ihr betroffen. Doch selbst unter den Hochqualifizierten schneiden Zugewanderte schlechter ab als die im Inland Geborenen – und in den meisten Ländern nimmt der Abstand mit steigendem Bildungsgrad sogar zu. Ein Ausnahmebeispiel ist hier Schweden, wo die Unterschiede unter den Hochqualifizierten kleiner ausfallen, während es bei den Geringqualifizierten eine Differenz von 18 Prozentpunkten gibt. Was die Geschlechterverteilung betrifft, sind im Inland geborene Frauen und Männer ähnlich häufig erwerbslos, während zugewanderte Frauen am stärksten von Erwerbslosigkeit betroffen sind: EU-weit sind sie um 3 Prozentpunkte häufiger erwerbslos als zugewanderte Männer, in den meisten nichteuropäischen OECD-Ländern um 1 Prozentpunkt. Am größten sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Zugewanderten in Costa Rica und Griechenland (über 10 Prozentpunkte). Die Erwerbslosigkeit der Nicht-EU-Migrant*innen liegt EU-weit bei 14 %, verglichen mit 8 % bei in der EU Geborenen. Die höchste Erwerbslosenquote verzeichnen Frauen aus Nicht-EU-Ländern (15 %). Neuzugewanderte sind darüber hinaus in fast allen Ländern häufiger von Erwerbslosigkeit betroffen als seit Langem ansässige Zugewanderte. In Kroatien, Ungarn, Bulgarien und Schweden ist ihre Erwerbslosenquote mindestens doppelt so hoch wie bei den Zugewanderten mit einer Aufenthaltsdauer von mindestens 10 Jahren.
Kernaussagen
In vier von fünf Ländern sind im Ausland Geborene häufiger erwerbslos als die im Inland Geborenen. EU-weit liegt ihre Erwerbslosenquote sogar doppelt so hoch, während die Unterschiede außerhalb Europas abflachen.
Auch wenn die Erwerbslosigkeit mit Beginn der Coronapandemie stark zunahm, ging sie in den meisten Ländern in den vergangenen zehn Jahren zurück, und das sowohl bei den Zugewanderten als auch bei den im Inland Geborenen.
Während ein hohes Bildungsniveau in der Regel überall zum Schutz vor Erwerbslosigkeit beiträgt, sind hochqualifizierte Zugewanderte häufiger erwerbslos als hochqualifizierte im Inland Geborene. Zugewanderte Frauen, insbesondere aus Nicht-EU-Ländern, sind häufiger von Erwerbslosigkeit betroffen als im Inland geborene Frauen und zugewanderte Männer.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.6. Risiko der Arbeitsmarktexklusion
Kontext des Indikators
Das Risiko der Arbeitsmarktexklusion stellt für Zugewanderte eine größere Bedrohung dar als für im Inland Geborene, da sie nicht über die sozialen Netzwerke verfügen, um ausgrenzungsbedingte psychische und finanzielle Belastungen aufzufangen. Lange Phasen der Arbeitslosigkeit berauben die Zugewanderten der Chance, die Sprache des Aufnahmelandes zu sprechen und sich über den Arbeitsplatz sozial zu vernetzen.
Die Langzeiterwerbslosenquote ist der Anteil der Arbeitsuchenden, die seit mindestens zwölf Monaten erwerbslos sind. In diesem Abschnitt wird auch auf diejenigen eingegangen, die es als wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich erachten, in den nächsten zwölf Monaten erwerbslos zu sein bzw. zu werden, sowie auf diejenigen, die befürchten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder keinen zu finden.
In etwa der Hälfte der europäischen Länder sind im Ausland Geborene häufiger von Langzeiterwerbslosigkeit betroffen als im Inland Geborene, vor allem in den nordischen Ländern (außer Finnland), Luxemburg, Litauen und Belgien. In den südeuropäischen Ländern, in Teilen Mittel- und Osteuropas sowie in den nichteuropäischen OECD-Ländern (außer Kanada und Israel) sind im Inland Geborene hingegen mindestens genauso häufig längerfristig erwerbslos wie Migrant*innen. Zugewanderte aus Nicht-EU-Ländern und solche, die seit mindestens zehn Jahren im Aufnahmeland ansässig sind, sind überproportional häufig von Langzeiterwerbslosigkeit betroffen. In den langjährigen europäischen Zielländern (außer dem Vereinigten Königreich), den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern sowie Australien und Costa Rica sind auch zugewanderte Frauen häufiger von Langzeiterwerbslosigkeit betroffen – sowohl im Vergleich zu den im Inland geborenen Frauen als auch im Vergleich zu den zugewanderten Männern.
Mit dem Konjunkturabschwung 2007–2008 ist die Langzeiterwerbslosenquote drastisch gestiegen. In zwei Dritteln der Länder ging sie im Zeitraum 2011‒2021 jedoch wieder zurück (auch wenn sie während der Coronapandemie nochmal anzog). Da der Rückgang unter den Zugewanderten allgemein stärker war als unter den im Inland Geborenen, verkleinerte sich der Abstand zwischen den Gruppen, vor allem in den klassischen Zuwanderungsländern und den meisten langjährigen europäischen Zielländern mit starker Nicht-EU-Migration, insbesondere in Deutschland und den Niederlanden. In Südeuropa entwickelte sich die Situation hingegen weitaus weniger positiv: Außer in Spanien und Malta ist die strukturelle Erwerbslosigkeit dort deutlich gestiegen, vor allem unter den Zugewanderten. In Griechenland stieg die Langzeiterwerbslosenquote in der zugezogenen Bevölkerung um 21 Prozentpunkte und in Italien um 9 Punkte – fast doppelt so stark wie in der im Inland geborenen Bevölkerung.
Da Zugewanderte auf dem Arbeitsmarkt des Aufnahmelandes etliche Barrieren überwinden müssen, ist die Angst vor Arbeitsplatzverlust und Langzeiterwerbslosigkeit bei ihnen deutlich stärker ausgeprägt als bei im Inland Geborenen. Vergleicht man die Zahlen von 2006 mit 2016, so stellt man fest, dass die Angst vor einer Arbeitsmarktexklusion fast überall zunahm. Unter den im Ausland Geborenen war der hauptsächlich auf den weltweiten Konjunkturabschwung zurückzuführende Anstieg dabei besonders ausgeprägt, da Zugewanderte während einer Rezession stärker vom Risiko des Arbeitsplatzverlustes betroffen sind.
Kernaussagen
In rund der Hälfte aller EU-Länder sind Zugewanderte häufiger von Langzeiterwerbslosigkeit betroffen als im Inland Geborene, insbesondere in den nordischen Ländern (außer Finnland), Luxemburg, Litauen und Belgien. Außerhalb der EU sind die Gruppen im gleichen Umfang betroffen.
Die Langzeiterwerbslosenquote ist in den vergangenen zehn Jahren in zwei Dritteln der Länder gesunken, mit allgemein besonders starkem Rückgang bei den im Ausland geborenen Arbeitsuchenden.
Die Angst vor Arbeitsplatzverlust und Langzeiterwerbslosigkeit ist unter Zugewanderten in fast allen Ländern deutlich stärker ausgeprägt als unter im Inland Geborenen.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.7. Unfreiwillige Nichterwerbstätigkeit
Kontext des Indikators
Auch wenn sich Zugewanderte im Allgemeinen seltener am Arbeitsmarkt beteiligen als im Inland Geborene, ist ihre Nichterwerbstätigkeit nicht immer frei gewählt. Die Gründe dafür können Krankheit, Entmutigung oder familiäre Pflichten sein, denn die Geschlechterrollen in den Aufnahme- und Herkunftsländern können voneinander abweichen.
Der Indikator betrifft nichterwerbstätige Personen (die laut Definition der ILO weder erwerbstätig noch erwerbslos sind). Es sind Erwachsene, die zwar arbeiten möchten, jedoch aus verschiedenen Gründen daran gehindert werden. „Entmutigte“ sind diejenigen, die keine Arbeit suchen, weil sie davon ausgehen, keinen geeigneten Arbeitsplatz zu finden.
Im Ausland Geborene sind EU-weit häufiger von unfreiwilliger Nichterwerbstätigkeit betroffen als im Inland Geborene (28 % vs. 18 %). Außerhalb der EU gehen die Zahlen dabei weniger stark auseinander. In nahezu allen Ländern möchten nichterwerbstätige Zugewanderte häufiger arbeiten als nichterwerbstätige im Inland Geborene. Rund 5 % der nichterwerbstätigen Zugewanderten und im Inland Geborenen in der EU suchen gar keine Arbeit, weil sie davon ausgehen, keinen angemessenen Arbeitsplatz zu finden. In den Nicht-EU-Ländern liegt dieser Anteil in beiden Gruppen unter 2 % (außer in Neuseeland). Vor allem in Griechenland und Island sind Zugewanderte im Vergleich zu den im Inland Geborenen deutlich häufiger entmutigt. Der Hauptgrund dafür, dass Zugewanderte keine Arbeit suchen, obwohl sie grundsätzlich arbeiten möchten, sind sowohl in der EU als auch im OECD-Raum familiäre Pflichten. Im Großteil der Länder (mit Ausnahme der meisten nordischen Länder, der Slowakischen Republik und Litauens) sind gesundheitliche Gründe weniger von Bedeutung, vor allem in der Gruppe der Zugewanderten.
Die unfreiwillige Nichterwerbstätigkeit in der EU ist in den vergangenen zehn Jahren gestiegen, und zwar um 3 Prozentpunkte in der im Inland geborenen und 6 Prozentpunkte in der im Ausland geborenen Bevölkerung. In den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich gab es hingegen in beiden Gruppen kaum Bewegung. In rund drei von vier Ländern stieg die unfreiwillige Nichterwerbstätigkeit unter den Zugewanderten, und in rund zwei von drei Ländern stieg sie unter den im Inland Geborenen. Am stärksten war der Anstieg in der zugewanderten Bevölkerung dabei in Portugal und Polen.
Frauen sind in der Regel seltener von unfreiwilliger Nichterwerbstätigkeit betroffen als Männer, wobei die geschlechtsspezifische Differenz unter Zugewanderten deutlich größer ist als unter den im Inland Geborenen: In der EU und den Vereinigten Staaten beträgt sie 7 Prozentpunkte. Während die meisten Männer aufgrund von Entmutigung unfreiwillig nichterwerbstätig sind, fallen bei den Frauen eher familiäre Gründe ins Gewicht – bei Migrantinnen EU-weit nahezu doppelt so häufig wie bei den im Inland geborenen Frauen. Darüber hinaus sind in der EU geborene Zugewanderte und solche, die seit weniger als zehn Jahren im Aufnahmeland ansässig sind, häufiger von unfreiwilliger Nichterwerbstätigkeit betroffen als seit Langem ansässige und Zugewanderte aus Nicht-EU-Ländern. Die unfreiwillige Nichterwerbstätigkeit aus familiären Gründen nimmt mit zunehmender Aufenthaltsdauer zwar ab, dafür treten aber gesundheitliche Gründe stärker in den Vordergrund. Darüber hinaus sind Zugewanderte über alle Bildungsniveaus hinweg häufiger unfreiwillig nichterwerbstätig als die im Inland Geborenen. Der Hauptgrund für die Nichterwerbstätigkeit zugewanderter Geringqualifizierter ist Entmutigung (wobei dieser Grund bei den im Inland geborenen Geringqualifizierten noch stärker ins Gewicht fällt). Bei zugewanderten Hochqualifizierten spielen hingegen vorwiegend familiäre Gründe eine Rolle.
Kernaussagen
Im Ausland Geborene sind in nahezu allen Ländern häufiger von unfreiwilliger Nichterwerbstätigkeit betroffen als im Inland Geborene. Hauptgrund für die unfreiwillige Nichterwerbstätigkeit von Zugewanderten sind vor allem bei den Frauen familiäre Pflichten.
Die unfreiwillige Nichterwerbstätigkeit der Zugewanderten hat in den vergangenen zehn Jahren EU-weit stärker zugenommen als in der im Inland geborenen Bevölkerung, außerhalb der EU jedoch nicht.
Hauptgrund für die unfreiwillige Nichterwerbstätigkeit geringqualifizierter Zugewanderter ist Entmutigung, wobei dieser Grund bei den geringqualifizierten im Inland Geborenen noch bedeutender ist.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.8. Art des Beschäftigungsverhältnisses
Kontext des Indikators
Befristete Arbeitsverträge bieten in der Regel nicht die Arbeitsplatzsicherheit, die benötigt wird, um in die Zukunft zu blicken, Dinge zu planen und sich finanziell abzusichern. So erschweren sie z. B. die Kreditaufnahme oder die Wohnungssuche.
In den meisten Ländern bezeichnet eine befristete Beschäftigung jede Art von abhängiger Beschäftigung, die auf einem befristeten Arbeitsvertrag basiert, einschließlich betrieblicher Ausbildungen, Zeitarbeit und vergüteter Weiterbildung. In Australien ist befristete Beschäftigung als Arbeitsverhältnis ohne bezahlten Urlaub definiert.
Zugewanderte Arbeitskräfte befinden sich fast überall häufiger in befristeten Arbeitsverhältnissen als im Inland Geborene (in der EU 17 % vs. 10 %). In der Hälfte der europäischen Länder sowie in den asiatischen OECD-Ländern liegt der Unterschied bei mindestens 5 Prozentpunkten, mit besonders großem Abstand in den neueren Zielländern. In Korea sind beispielsweise mehr als die Hälfte der Zugewanderten befristet beschäftigt, während das in der im Inland geborenen Bevölkerung deutlich seltener vorkommt. Außerhalb Europas und Asiens ist der Anteil der befristet Beschäftigten unter den Zugewanderten und den im Inland Geborenen in den klassischen Zuwanderungsländern ähnlich, während er in Chile und Costa Rica unter den Zugewanderten kleiner ausfällt. Frauen befinden sich in der Regel häufiger in befristeten Arbeitsverhältnissen als Männer, wobei die Geschlechterlücke in der Hälfte der Länder unter den Zugewanderten größer ist. In Ländern wie Belgien, den Niederlanden, Italien und Spanien befinden sich Migrantinnen hingegen seltener in befristeten Arbeitsverhältnissen als zugewanderte Männer.
Die Anteile der im Inland geborenen Erwerbstätigen mit befristetem Arbeitsvertrag blieben in den letzten zehn Jahren stabil. Bei den Zugewanderten gingen die Anteile in zwei Dritteln der Länder hingegen zurück (EU-weit um 2 Prozentpunkte) und nur in wenigen Ländern nach oben. Die Differenz zwischen Zugewanderten und im Inland Geborenen bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen konnte so in zahlreichen Ländern verringert werden, ins-besondere in Südeuropa (außer Italien und Malta). In den meisten Ländern ging der Anteil der Zugewanderten mit befristeten Arbeitsverträgen von 2019 bis 2021 zurück – hauptsächlich, weil die Beschäftigten in der Coronapandemie ihren Arbeitsplatz verloren oder in ihre Herkunftsländer zurückkehrten. In manchen Ländern (z. B. Kanada und dem Vereinigten Königreich) spiegelte der Rückgang der befristeten Arbeitsverhältnisse einen tatsächlichen Abwärtstrend wider, der allerdings durch die Coronakrise unterbrochen wurde.
Am weitesten gehen die Anteile der zugewanderten und im Inland geborenen Erwerbstätigen mit befristeten Arbeitsverträgen in den Ländern auseinander, in die viele Geringqualifizierte, Nicht-EU-Migrant*innen oder Neuzugewanderte zuziehen. Letztere sind besonders häufig von befristeten Arbeitsverhältnissen betroffen, genauso wie geringqualifizierte Erwerbstätige. Gleichzeitig werden auch zugewanderte Hochqualifizierte in fast allen Ländern (außer Australien, Portugal und Griechenland) immer noch häufiger befristet beschäftigt als im Inland geborene Hochqualifizierte – EU-weit um bis zu 5 Prozentpunkte. Eine befristete Beschäftigung kann oft der erste Schritt in den Arbeitsmarkt sein. Neuzugewanderte befinden sich in vier von fünf EU-Ländern mindestens doppelt so häufig in befristeten Arbeitsverhältnissen wie seit Langem ansässige Migrant*innen. Der Abstand zwischen den im Inland und den im Ausland Geborenen verringert sich nach zehn Jahren Aufenthalt EU-weit um mehr als 50 % und verschwindet in der Hälfte der Länder – vor allem in Zypern, den Niederlanden, Luxemburg und Österreich – sogar nahezu vollständig.
Kernaussagen
In Europa und Asien befinden sich Zugewanderte häufiger in befristeten Arbeitsverhältnissen, in den klassischen Zuwanderungsländern und Lateinamerika ist das in der Regel allerdings nicht der Fall.
Der Anteil der befristet beschäftigten Zugewanderten ist in den letzten zehn Jahren in zwei Dritteln der Länder gesunken. Hauptgrund dafür war die Coronakrise, die sich vor allem auf zeitlich befristete Arbeitsverhältnisse auswirkte.
Der Abstand zwischen den Anteilen der befristet beschäftigten Zugewanderten und im Inland Geborenen verringert sich nach zehn Jahren Aufenthalt EU-weit um mehr als 50 % und verschwindet in der Hälfte der Länder nahezu vollständig.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.9. Arbeitszeit
Kontext des Indikators
Die geleistete Arbeitszeit der Zugewanderten ist ein hilfreicher Gradmesser für ihre Beteiligung am Arbeitsmarkt. Während Teilzeitarbeit die Zugewanderten daran hindert, mit vollem Potenzial zur Wirtschaft des Aufnahmelandes beizutragen, kann eine hohe Wochenarbeitszeit die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die Gesundheit und die soziale Integration beeinträchtigen.
Als „Teilzeitbeschäftigung“ gilt hier eine Wochenarbeitszeit von weniger als 30 Stunden, als „hohe Wochenarbeitszeit“ gilt eine Wochenarbeitszeit von über 50 Stunden. Gemessen wird die Teilzeitbeschäftigung in diesem Rahmen als Anteil an der Gesamtbeschäftigung.
Im OECD-Raum und in der EU arbeiten Frauen dreimal so häufig in Teilzeit wie Männer. EU-weit sind 37 % der zugewanderten Frauen teilzeitbeschäftigt (verglichen mit 9 % bei den Männern), außerhalb Europas weniger als 30 %. Die einzige Ausnahme bildet Japan: Hier sind 47 % der zugewanderten und im Inland geborenen Frauen teilzeitbeschäftigt. Auch wenn der Unterschied in den meisten Ländern gering ist, arbeiten zugewanderte Frauen in der Hälfte der Länder häufiger in Teilzeit als die im Inland geborenen, wobei die größten Unterschiede in den baltischen und den südeuropäischen Ländern zu verzeichnen sind. In Ländern, in denen Teilzeitarbeit besonders stark verbreitet ist, etwa in den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Österreich und der Schweiz, sind die im Inland geborenen Frauen jedoch deutlich häufiger teilzeitbeschäftigt.
Je niedriger das Bildungsniveau, desto mehr Menschen arbeiten in Teilzeit. Diese Korrelation gilt EU-weit für Zugewanderte und im Inland Geborene gleichermaßen – und besonders für im Inland Geborene in Österreich und den Vereinigten Staaten. Unter den seit Langem ansässigen Zugewanderten ist Teilzeitarbeit im EU-Durchschnitt (um 5 Prozentpunkte) häufiger anzutreffen als in der Gruppe der Neuzugewanderten, während in bestimmten nordischen Ländern, Südeuropa und Australien das Gegenteil der Fall ist. Männer arbeiten allgemein selten in Teilzeit – in der EU sowie in Japan und Mexiko ist Teilzeitarbeit unter den Migranten jedoch stärker verbreitet als unter den im Inland geborenen Männern. Mit der sich abkühlenden Konjunktur 2007–2008 nahm die Teilzeitbeschäftigung in den OECD- und EU-Ländern zu. Der Anteil der teilzeitbeschäftigten Migrantinnen ist seit 2011 allerdings in der EU um 6 Prozentpunkte und im OECD-Raum um 4 Punkte gesunken. Dieser allmähliche Rückgang setzte sich nach der Coronakrise fort, wobei er in knapp der Hälfte der Länder unter den Migrantinnen deutlich stärker war als unter den im Inland geborenen Frauen.
In drei von fünf Ländern verzeichnen im Inland Geborene häufiger eine hohe Wochenarbeitszeit als Zugewanderte, auch wenn der Unterschied in den meisten europäischen Ländern marginal ist. In Island, Australien, den Vereinigten Staaten und vielen langjährigen europäischen Zielländern leisten sie hingegen merklich häufiger eine hohe Wochenarbeitszeit. In Ländern wie Costa Rica, Kolumbien und Korea verzeichnen die Zugewanderten dagegen deutlich häufiger eine hohe Wochenarbeitszeit. Beeinflusst wird die Länge der Arbeitszeit nicht nur von der berufs- und branchenbezogenen Geschlechterverteilung der Arbeitsplätze, sondern auch vom Bildungsniveau. Im EU- und OECD-Raum verzeichnen Männer doppelt so häufig eine hohe Wochenarbeitszeit wie Frauen, wobei die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Zugewanderten kleiner ausfallen. In den meisten Ländern leisten zugewanderte Hochqualifizierte häufiger eine hohe Wochenarbeitszeit als im Inland geborene, während in der Gruppe der Geringqualifizierten das Gegenteil der Fall ist.
Kernaussagen
In der Hälfte aller Länder arbeiten Zugewanderte häufiger in Teilzeit – vor allem in südeuropäischen und baltischen Staaten, nicht aber in Ländern, in denen Teilzeitarbeit am stärksten verbreitet ist, wie etwa in den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Österreich und der Schweiz.
Die Teilzeitbeschäftigung von Migrantinnen ging im EU- und OECD-Raum in den vergangenen zehn Jahren immer weiter zurück. Seit 2019 und selbst nach der Pandemie sind die Zahlen weiter gesunken.
In drei von fünf Ländern leisten im Inland Geborene häufiger eine hohe Wochenarbeitszeit als Zugewanderte, auch wenn der Unterschied in den meisten europäischen Ländern marginal ist.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.10. Unfreiwillige Teilzeit
Kontext des Indikators
Manche Zugewanderte arbeiten in Teilzeit, weil sie keine Vollzeitbeschäftigung finden oder entsprechende familiäre Erwartungen bestehen. Unfreiwillige Teilzeit verringert jedoch das Einkommen der Beschäftigten und hindert sie daran, ihr berufliches Potenzial voll auszuschöpfen.
Unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte möchten gerne mehr Stunden arbeiten.
In fast allen Ländern gibt der Großteil der Teilzeitbeschäftigten (sowohl die im Ausland als auch die im Inland geborenen) an, dass sie ihre Stundenzahl nicht aufstocken möchten – rd. 30 % der Zugewanderten und 20 % der im Inland Geborenen möchten das aber. In den nordischen Ländern (außer Dänemark), Spanien, Griechenland und der Schweiz möchten zugewanderte Teilzeitbeschäftigte mit um mindestens 15 Prozentpunkte höherer Wahrscheinlichkeit mehr Stunden arbeiten als im Inland geborene. Mit der Erholung von der Konjunkturflaute 2007–2008 nahm die Vollzeitbeschäftigung in den meisten Ländern wieder zu und die unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung ging zurück. Mit einem Rückgang von 9 Prozentpunkten in der EU und 17 Punkten in den Vereinigten Staaten über die letzten zehn Jahre ist die unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung unter den Zugewanderten allgemein stärker gefallen als unter den im Inland Geborenen. Folglich verringerte sich die Differenz zwischen den Anteilen der unfreiwillig teilzeitbeschäftigten Zugewanderten und im Inland Geborenen in der EU um ein Fünftel, in den Vereinigten Staaten um rund ein Drittel und im Vereinigten Königreich um fast die Hälfte. Und die Pandemie hat diesen Trend nicht gestoppt – außer in den Vereinigten Staaten, und dort auch nur unter den im Ausland Geborenen.
Teilzeitarbeit ist zwar vor allem unter den Frauen verbreitet, doch auch 42 % der zugewanderten teilzeitbeschäftigten Männer in der EU möchten ihre Arbeitszeit gerne aufstocken, und zwar um 17 Prozentpunkte häufiger als die in der EU ansässigen Migrantinnen. In den Vereinigten Staaten sind ähnliche Zahlen zu beobachten. Die Geschlechterlücke bei der unfreiwilligen Teilzeitarbeit ist in der EU und den Vereinigten Staaten unter den im Inland Geborenen kleiner als unter den im Ausland Geborenen, in Australien, Spanien und Italien ist jedoch das Gegenteil der Fall. In Luxemburg und Norwegen sind im Inland geborene Männer häufiger unfreiwillig teilzeitbeschäftigt, zugewanderte Männer hingegen seltener.
In der EU, Australien und dem Vereinigten Königreich sind geringqualifizierte im Inland Geborene um mindestens 8 Prozentpunkte häufiger unfreiwillig teilzeitbeschäftigt als hochqualifizierte. In der Gruppe der Zugewanderten sind die Anteile der unfreiwillig Teilzeitbeschäftigten bei den Gering- und Hochqualifizierten in zwei von fünf europäischen Ländern und Australien hingegen ähnlich. In den Vereinigten Staaten nimmt die unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung unter den im Inland Geborenen mit zunehmendem Bildungsniveau nicht ab. Unter den Zugewanderten befinden sich hingegen die Geringqualifizierten (um 14 Prozentpunkte) häufiger unfreiwillig in Teilzeitbeschäftigungen als die Hochqualifizierten. Auch Neuzugewanderten fällt es schwer, unfreiwillige Teilzeitarbeit zu vermeiden – und das in sämtlichen Regionen und Ländern. In der EU und Australien sind 43 % der neuzugewanderten Teilzeitbeschäftigten unfreiwillig teilzeitbeschäftigt. Dieser Anteil ist doppelt so hoch wie unter den im Inland Geborenen in der EU und 40 % höher als unter den im Inland Geborenen in Australien. Auch seit Langem ansässige Zugewanderte sind in allen Ländern außer Australien, Lettland und Zypern häufiger unfreiwillig teilzeitbeschäftigt als die im Inland Geborenen. Das Gleiche gilt für die Zugewanderten aus Nicht-EU-Staaten: EU-weit sind sie um 11 Prozentpunkte häufiger unfreiwillig teilzeitbeschäftigt als die in der EU Geborenen.
Kernaussagen
EU- und OECD-weit möchten 30 % der teilzeitbeschäftigten Zugewanderten ihre Arbeitszeit aufstocken, verglichen mit 20 % der im Inland Geborenen, wobei die Differenz in Spanien, Griechenland, der Schweiz und den meisten nordischen Ländern größer ist.
Mit der Erholung von der Konjunkturflaute 2007–2008 nahm die Vollzeitbeschäftigung wieder zu und die unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung ging zurück – insbesondere unter den Zugewanderten.
Neuzugewanderte landen häufig unfreiwillig in Teilzeit. Verglichen mit den im Inland Geborenen ist der Anteil der Neuzugewanderten, die unfreiwillig teilzeitbeschäftigt sind, EU-weit doppelt so hoch. Und selbst seit Langem ansässige Zugewanderte arbeiten häufiger unfreiwillig in Teilzeit als die im Inland Geborenen.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.11. Kompetenzanforderungen am Arbeitsplatz
Kontext des Indikators
Der Indikator der Kompetenzanforderungen stellt den Anteil der Arbeitskräfte, die Tätigkeiten mit niedrigen Kompetenzanforderungen ausüben, dem Anteil der Arbeitskräfte in Berufen mit hohen Kompetenzanforderungen gegenüber. Zur Gruppe der Tätigkeiten mit hohen Kompetenzanforderungen zählen laut Definition der Internationalen Standardklassifikation der Berufe Führungskräfte, akademische Berufe, Techniker*innen und gleichrangige nichttechnische Berufe (ISCO 1–3). Zur Gruppe der Tätigkeiten mit niedrigen Kompetenzanforderungen zählen Hilfsarbeitskräfte, die einfache und oft körperlich anstrengende Routinetätigkeiten erledigen (ISCO 9).
Im EU-Raum sind 19 % der erwerbstätigen Zugewanderten in geringqualifizierten Beschäftigungen tätig, verglichen mit 7 % der im Inland Geborenen. In der Gruppe der Hilfsarbeitskräfte sind Zugewanderte in fast allen Ländern überrepräsentiert. In Slowenien, Südeuropa, den nordischen Ländern und den meisten langjährigen Zielländern in Europa sind die Zugewanderten mindestens dreimal so häufig in geringqualifizierten Beschäftigungen tätig wie die im Inland Geborenen. In der EU und in den klassischen Zuwanderungsländern werden 30 % der Hilfstätigkeiten von Zugewanderten ausgeübt, in den meisten deutschsprachigen Ländern, Zypern, Norwegen und Schweden über 50 %. Nur in den meisten klassischen Zuwanderungsländern, Türkiye, Portugal, Mexiko und Mitteleuropa sind Zugewanderte in Tätigkeiten mit hohen Kompetenzanforderungen statt in Hilfstätigkeiten deutlich überrepräsentiert. Der Anteil der im Inland Geborenen, die eine hochqualifizierte Tätigkeit ausüben, übersteigt den Anteil der im Ausland Geborenen EU-weit um 12 Prozentpunkte.
Dennoch hat sich der Abstand zwischen den im Inland und den im Ausland Geborenen bei den Kompetenzanforderungen am Arbeitsplatz in den vergangenen zehn Jahren verringert. Der Anteil der Zugewanderten, die hochqualifizierte Berufe ausüben, ist EU- und OECD-weit um 7 Prozentpunkte gestiegen, verglichen mit einem Wachstum von 4 Punkten bei den im Inland Geborenen. Das Wachstum des Anteils der hochqualifiziert beschäftigten Zugewanderten ist dabei hauptsächlich auf Deutschland zurückzuführen, wo der Anteil viermal so schnell stieg wie unter den im Inland Geborenen. Tatsächlich legte der Anteil in der Gruppe der Zugewanderten in rund der Hälfte der Länder kräftiger zu als in der Gruppe der im Inland Geborenen. Insgesamt ist das Kompetenzniveau der Arbeitsplätze der Zugewanderten in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. 2021 waren mehr als ein Drittel der Neuzugewanderten in der EU in Berufen mit hohen Kompetenzanforderungen beschäftigt – 2011 waren es noch knapp über ein Fünftel.
Frauen sind auf beiden Seiten des Spektrums der Kompetenzanforderungen überrepräsentiert, und das sowohl in der im Ausland geborenen als auch in der im Inland geborenen Bevölkerung. EU-weit nehmen sie einen größeren Anteil der hochqualifizierten Beschäftigungen ein als Männer – bei Migrantinnen besteht ein Unterschied von 4 Prozentpunkten, bei im Inland geborenen Frauen von 7 Punkten. Mit einem Abstand von 9 bzw. 2 Prozentpunkten sind sie umgekehrt auch bei den Hilfstätigkeiten stärker vertreten. In den meisten Ländern üben Migrantinnen geringer qualifizierte Tätigkeiten aus als im Inland geborene Frauen. Das ist auch in Israel und Kanada der Fall, wo zugewanderte Männer jedoch besser abschneiden als im Inland geborene Männer. In Ländern, in denen der Anteil der Zugewanderten, die geringqualifizierte Tätigkeiten ausüben, am höchsten ist (südeuropäische und langjährige europäische Zielländer), ist die Differenz zur im Inland geborenen Bevölkerung unter den Frauen um mindestens 8 Prozentpunkte größer als unter den Männern. In allen europäischen Ländern mit Ausnahme Litauens, Ungarns und des Vereinigten Königreichs sind Nicht-EU-Zugewanderte häufiger in Berufen mit niedrigen Kompetenzanforderungen tätig als Zugewanderte aus der EU. In den langjährigen europäischen Zielländern, den nordischen und den südeuropäischen Ländern sind in der EU Geborene durchschnittlich immer noch doppelt so häufig in geringqualifizierten Beschäftigungen tätig wie im Inland Geborene.
Kernaussagen
Rund 30 % der Hilfstätigkeiten in der EU werden von Zugewanderten ausgeübt. In den meisten deutschsprachigen Ländern, Norwegen, Schweden und Zypern sind es sogar über 50 %.
Das Kompetenzniveau der Beschäftigungen von Zugewanderten ist im Allgemeinen gestiegen, wodurch sich der Abstand zur im Inland geborenen Bevölkerung in einem Drittel der Länder und insbesondere in Deutschland deutlich verringerte.
In den meisten Ländern üben Migrantinnen geringer qualifizierte Tätigkeiten aus als im Inland geborene Frauen. Das ist auch in Israel und Kanada der Fall, wo zugewanderte Männer hingegen besser abschneiden als im Inland geborene Männer. In Südeuropa und den langjährigen europäischen Zielländern ist der Abstand bei den Kompetenzanforderungen der Arbeitsplätze unter den Frauen besonders groß.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.12. Überqualifizierung
Kontext des Indikators
Bei der Anerkennung von Qualifikationen liegen Zugewanderten viele Steine im Weg, gerade wenn sie ihre Bildungsabschlüsse im Ausland erworben haben. Dadurch tun sie sich häufig schwer damit, einen ihren Qualifikationen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden. Überqualifizierung schmälert den Grenzertrag der Bildung und kann die Motivation schwächen.
Die Überqualifizierungsquote gibt an, wie hoch der Anteil der hochqualifizierten Beschäftigten (Indikator 3.1) ist, die einen Beruf ausüben, der nach der ISCO-Klassifikation ein niedriges oder mittleres Qualifikationsniveau erfordert, d. h. ISCO 4–9.
Rund ein Drittel der hochqualifizierten Zugewanderten im OECD-Raum und in der EU sind überqualifiziert – das sind EU-weit 12 Prozentpunkte mehr als in der im Inland geborenen Bevölkerung. Migrantinnen sind dabei häufiger überqualifiziert als Migranten, während es bei den im Inland Geborenen weder inner- noch außerhalb Europas große geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Am größten sind die Abstände bei der Überqualifizierung zwischen den im Ausland und den im Inland Geborenen in Israel, Lateinamerika (außer Mexiko), Korea und den meisten nordischen und südeuropäischen Ländern. In den klassischen Zuwanderungsländern sind die Unterschiede marginal, während in Japan, Luxemburg, Mexiko, der Schweiz, Türkiye und einer Reihe anderer Länder überhaupt keine Unterschiede zu beobachten sind. Insgesamt sind EU-weit 47 % der hochqualifizierten Zugewanderten entweder überqualifiziert oder erwerbslos, verglichen mit nur 30 % bei den im Inland Geborenen.
Die Überqualifizierungsquoten gingen im Zeitraum 2011–2021 in der Hälfte der Länder sowohl unter den im Ausland als auch unter den im Inland Geborenen kontinuierlich zurück. In den meisten mitteleuropäischen Ländern und Österreich nahm die Überqualifizierung in den letzten zehn Jahren hingegen zu, bei den im Inland Geborenen jedoch weniger als bei den Zugewanderten.
Hochqualifizierte Zugewanderte mit ausländischen Qualifikationen sind auch deshalb häufiger überqualifiziert, weil ihre Bildungsabschlüsse nicht immer anerkannt werden. So sind sie EU-weit häufiger überqualifiziert als diejenigen, die ihren Abschluss in einem Aufnahmeland erwarben, und sogar doppelt so häufig wie die im Inland Geborenen. Die einzigen Ausnahmen davon bilden die baltischen Länder und Luxemburg. Am meisten unterscheiden sich die Überqualifizierungsquoten der im Inland und der im Ausland Ausgebildeten in den nordischen Ländern, Südeuropa (außer Griechenland) und den langjährigen europäischen Zielländern. Mit einem Abschluss des Aufnahmelandes verringert sich der Überqualifizierungsabstand der Zugewanderten EU-weit um 75 % und verschwindet in Nordamerika, den deutschsprachigen Ländern, Frankreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich (nahezu) ganz. In Europa (außer Deutschland, Irland und dem Vereinigten Königreich) sind im Ausland ausgebildete Nicht-EU-Migrant*innen häufiger überqualifiziert als in der EU geborene, deren Bildungsabschlüsse automatisch oder zumindest einfacher anerkannt werden. Neuzugewanderte sind häufiger überqualifiziert als seit Langem ansässige Zugewanderte – im OECD-EU-Raum um 4 Prozentpunkte. Die Quoten waren 2021 in zwei Dritteln der Länder niedriger als zehn Jahre zuvor, wobei die Vereinigten Staaten, Deutschland und Österreich bemerkenswerte Ausnahmen bildeten.
Kernaussagen
Zugewanderte sind häufiger überqualifiziert als im Inland Geborene. Insgesamt sind EU-weit 47 % der Zugewanderten mit Tertiärabschluss überqualifiziert oder erwerbslos, während es bei den im Inland Geborenen nur 30 % sind.
Mit einem Abschluss des Aufnahmelandes verringert sich der Überqualifizierungsabstand der Zugewanderten um 75 % in der EU und noch deutlicher in Nordamerika, den deutschsprachigen Ländern, Frankreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich.
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.
3.13. Selbstständige Beschäftigung
Kontext des Indikators
Die selbstständige Beschäftigung ist häufig ein Weg, um Marginalisierung am Arbeitsmarkt zu vermeiden. Eine erfolgreiche Selbstständigkeit kann aber auch große wirtschaftliche Chancen bieten – nicht nur für die Zugewanderten selbst, sondern auch für die Gesellschaft des Aufnahmelandes.
Selbstständige schaffen sich ihre eigene Beschäftigung oder sind in ihren eigenen Unternehmen tätig. Zu ihnen gehören Unternehmer*innen, freie Berufe, das Handwerk, Gewerbetreibende und andere freiberufliche Tätigkeiten (mit Ausnahme der Landwirtschaft). Die selbstständige Beschäftigung misst sich am Prozentsatz der Selbstständigen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen.
In knapp zwei Dritteln der Länder ist der Anteil der Selbstständigen unter den Zugewanderten höher als in der im Inland geborenen Bevölkerung – in Mittel- und Osteuropa sowie Kolumbien um über 5 Prozentpunkte. Häufiger selbstständig sind im Inland Geborene dagegen in Korea (nahezu um das Vierfache), Japan, Island, Italien, Griechenland und den übrigen lateinamerikanischen Ländern. Von Zugewanderten geführte Unternehmen sind EU-weit in der Regel kleiner als die Unternehmen der im Inland Geborenen. Der Großteil von ihnen (71 %) beschäftigt keine Mitarbeitenden, verglichen mit 68 % bei den im Inland Geborenen. In Australien sind 63 % der von Zugewanderten geführten Unternehmen Ein-Personen-Unternehmen, bei den inländischen Unternehmen sind es 61 %. Nur in wenigen mittel- und osteuropäischen Ländern besitzen Zugewanderte im Vergleich zu den im Inland Geborenen häufiger ein Unternehmen mit mehr als elf Beschäftigten. Als Hauptgrund für ihre Selbstständigkeit geben beide Gruppen in der EU persönliche Präferenzen an. 30 % der zugewanderten Selbstständigen geben jedoch an, keine Alternative zu haben, verglichen mit 20 % bei den im Inland geborenen. Ein Viertel der im Ausland geborenen Unternehmer*innen erwirtschaften den Großteil ihres Umsatzes mit einem Hauptkunden, bei den im Inland Geborenen sind es ein Drittel der Selbstständigen.
In mehr als zwei Dritteln der Länder machen sich Zugewanderte und im Inland Geborene in den letzten zehn Jahren immer häufiger selbstständig. Am stärksten stieg die Selbstständigkeit (um 5 Prozentpunkte) in den baltischen Ländern (mit Ausnahme Estlands), Teilen Südeuropas und der Slowakischen Republik. In etwa der Hälfte der Länder verlangsamte sich das Wachstum aufgrund der Coronapandemie, sodass der Anteil der Selbstständigen im Zeitraum 2019‒2021 sowohl bei den Zugewanderten als auch bei den im Inland Geborenen zurückging.
Zugewanderte, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben möchten, müssen in der Regel mehr Hürden überwinden als im Inland Geborene. Viele tun sich schwer damit, sich an das Geschäftsumfeld, die rechtlichen Vorgaben und die Sprache des Aufnahmelandes anzupassen. Da der Aufbau von Eigenkapital und beruflichen Netzwerken erhebliche Zeit in Anspruch nimmt, sind Neuzugewanderte in allen Ländern (außer Litauen und der Slowakischen Republik) seltener selbstständig als seit Langem ansässige Migrant*innen. Hochschulabschlüsse erleichtern Zugewanderten die Gründung, sodass die Hochqualifizierten unter ihnen EU-weit etwas häufiger selbstständig sind als die Geringqualifizierten (12 % vs. 10 %). Bei den im Inland Geborenen ist das Gegenteil der Fall: Hier machen Geringqualifizierte in Südeuropa einen erheblichen Teil der selbstständigen Beschäftigung aus. Frauen sind unabhängig von ihrem Geburtsland praktisch überall seltener selbstständig als Männer.
Kernaussagen
In zwei Dritteln der Länder sind Zugewanderte häufiger selbstständig als im Inland Geborene, außer in Italien, Griechenland, Asien und den meisten lateinamerikanischen Staaten.
Hauptgrund für die selbstständige Beschäftigung sind persönliche Präferenzen. 30 % der Zugewanderten sind jedoch aufgrund fehlender Alternativen selbstständig, verglichen mit 20 % bei den im Inland Geborenen.
Obwohl sich die Coronapandemie in der Hälfte der Länder leicht negativ auf die Selbstständigkeit auswirkte, nahm sie EU- und OECD-weit in den vergangenen zehn Jahren zu (bei den im Ausland wie auch bei den im Inland Geborenen).
Anmerkungen und Quellen sind unter den jeweiligen StatLinks aufgeführt.