Zwei Jahre nach der COVID-19-Pandemie haben Regierungen in aller Welt immer noch mit der dadurch verursachten Wirtschaftskrise zu kämpfen. Die Abriegelung und die Kontaktbeschränkungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit in Deutschland führten zu einem beispiellosen wirtschaftlichen Schock, der in Berlin zu einem Rückgang des BIP führte, der dreimal so hoch war wie nach der Finanzkrise von 2008. Zwar erholt sich die Berliner Wirtschaft langsam und wird voraussichtlich in den ersten Monaten des Jahres 2022 wieder das BIP-Niveau von vor der Krise erreichen, doch fällt dieser OECD-Bericht in eine Zeit großer Unsicherheit. Neue COVID-19-Varianten haben zusätzliche und noch größere Infektionswellen ausgelöst, was wiederum zu umfangreicher Telearbeit und einer Störung der Arbeitsabläufe in vielen Wirtschaftszweigen führt. Auch wenn Berlin den Sturm relativ gut überstanden zu haben scheint und die Beschäftigung das Niveau vor der Pandemie übertrifft, hat die Pandemie doch einige Bruchlinien ins Rampenlicht gerückt. Die Erholung verlief ungleich, wobei die schwächeren Teile der Berliner Erwerbsbevölkerung stärkere Auswirkungen in Form von Arbeitsplatz- und Gehaltsverlusten oder Unterbeschäftigung hinnehmen mussten.
Die COVID-19-Pandemie verursacht nicht nur wirtschaftliche Unsicherheit, sondern beschleunigt auch den Wandel des Berliner Arbeitsmarktes. Schon vor COVID-19 haben Automatisierung, Digitalisierung, Arbeitsplatzpolarisierung und das Aufkommen von nicht standardisierten Arbeitsformen wie Plattformarbeit die Arbeitsplätze und die Nachfrage nach Qualifikationen in Berlin verändert. Die Pandemie hat das Tempo dieses Wandels erhöht, da Unternehmen und Arbeitnehmende Telearbeit, neue Technologien und digitale Dienstleistungen einsetzen, was die Automatisierung und Digitalisierung weiter vorantreibt. Die Risiken und Vorteile des Wandels auf dem Arbeitsmarkt sind ungleich verteilt. Die Risiken sind für einige Gruppen in Berlin besonders hoch, z. B. für Geringqualifizierte und Migrant*innen, die im Durchschnitt ein niedrigeres Bildungsniveau und eine geringere Bindung an den Arbeitsmarkt haben. Da diese Gruppen einen beträchtlichen Anteil der Erwerbsbevölkerung in Berlin ausmachen, sind maßgeschneiderte politische Maßnahmen, die diesen gefährdeten Arbeitnehmenden helfen, sich auf dem sich verändernden Arbeitsmarkt zurechtzufinden, unerlässlich.
Dieser OECD-Bericht untersucht die aktuellen und zukünftigen Chancen und Herausforderungen für den Berliner Arbeitsmarkt. Er analysiert das bestehende Berliner Weiterbildungssystem und zeigt Möglichkeiten auf, das System effektiver zu gestalten und stärker auf die lokalen Arbeitsmarkterfordernisse auszurichten, was dazu beitragen würde, die weit verbreiteten Qualifikationsdefizite und -lücken zu beseitigen. Der Bericht unterstreicht die Bedeutung der Erwachsenenbildung und der beruflichen Weiterbildung für den Wohlstand Berlins und seine Fähigkeit, den Wandel der Arbeitswelt effektiv zu bewältigen. In der Tat ist Weiterbildung heute wichtiger denn je, da kontinuierliches Lernen und Fortbildung Teil einer neuen Normalität für die Erwerbsbevölkerung sind. Dieses Argument gilt insbesondere für benachteiligte Gruppen und Arbeitnehmende, deren Arbeitsplätze von Verdrängung bedroht sind. Für diese Teile der Berliner Bevölkerung bietet die Weiterbildung ein Tor, um sich für Positionen in verschiedenen Berufen und Sektoren umzuschulen, neue Fähigkeiten zu erwerben oder alte aufzufrischen oder sich weiterzubilden, um bessere Arbeitsplätze zu finden.
Dieser Bericht ist Teil der Reihe OECD Reviews on Local Job Creation im Rahmen des Arbeitsprogramms des OECD-Programms für lokale Beschäftigung und wirtschaftliche Entwicklung (LEED). Das 1982 ins Leben gerufene LEED-Programm zielt darauf ab, zur Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen für produktivere und integrative Volkswirtschaften beizutragen. Es erstellt Leitlinien, um die Umsetzung nationaler Politiken auf lokaler Ebene effektiver zu gestalten und innovative lokale Praktiken anzuregen, die in größerem Umfang angewendet werden können. Der LEED-Direktionsausschuss der OECD, in dem Regierungen von OECD-Mitglieds- und Nichtmitgliedstaaten vertreten sind, überwacht die Arbeit des LEED-Programms.