Dieses Kapitel behandelt die Governance des deutschen Wissenschafts-, Technologie- und Innovationssystems (WTI-System) und geht dabei u. a. auf die bundesweite Agendasetzung, die interministerielle Zusammenarbeit sowie die Auswirkungen des Föderalismus ein. Darüber hinaus wird die Führungsrolle Deutschlands auf EU- und internationaler Ebene in diesem Politikbereich beleuchtet. Ein zentrales Thema sind die Herausforderungen für die deutsche WTI-Governance im Kontext der ökologischen und digitalen Transformation. In diesem Kapitel wird die Empfehlung erörtert, eine gemeinsame Vision für Deutschland für 2030 und 2050 zu entwickeln, die für die Gestaltung der Zukunft Deutschlands angesichts dieser doppelten Transformation entscheidend ist.
OECD-Berichte zur Innovationspolitik: Deutschland 2022
14. Nationale WTI-Governance, EU‑Führungsrolle und internationales Engagement
Abstract
Einleitung
Das deutsche Wissenschafts-, Technologie- und Innovationssystem (WTI-System) wird von einer Vielzahl gut ausgestatteter Institutionen auf Bundes- und Länderebene gesteuert. Dank dieser Institutionen – Ministerien, Forschungseinrichtungen, Hochschulen sowie Organisationen des privaten Sektors – leistet das deutsche Innovationssystem stets einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und somit auch zum sozioökonomischen Wohlergehen.
In Anbetracht der Reife des deutschen Innovationssystems und seines Erfolgs in der Vergangenheit könnte man annehmen, dass für den zukünftigen Erfolg lediglich geringfügige Verbesserungen und Anpassungen der Governance erforderlich sind. Inwieweit dies zutrifft, hängt jedoch davon ab, welche Ziele die Politikverantwortlichen für das Innovationssystem formuliert haben. Die Art und das Tempo des technologischen Wandels in Verbindung mit zeitkritischen kontextuellen und transformativen Herausforderungen (wie z. B. der Digitalisierung der Industrie und der Emissionsminderung) legen den Schluss nahe, dass Deutschlands Strukturen und Prozesse für die WTI-Governance möglicherweise angepasst werden müssen, um die starke Position des Landes zu erhalten. Die Politikverantwortlichen müssen daher bestimmte Herausforderungen für die WTI-Governance angehen:
Die politischen und gesellschaftlichen Erwartungen an das WTI-System haben sich geändert und die Wettbewerbsfähigkeit ist nicht mehr das Hauptmotiv für Politikinterventionen. Die Ausrichtung des WTI-Systems auf zusätzliche sozioökonomische Zielsetzungen ist aus Governance-Sicht eine komplexere Aufgabe.
Die politische Ökonomie der ökologischen Transformation stellt eine Herausforderung dar, da das WTI-Governance-System nun mit Politikzielen konfrontiert ist, die über die reine Wettbewerbsfähigkeit hinausgehen und dieser manchmal sogar (zumindest kurzfristig) zuwiderlaufen. Das WTI-System muss daher in der Lage sein, aufkommende Spannungen zu bewältigen und Transformationen zu erleichtern. So muss beispielsweise das richtige Gleichgewicht zwischen nicht direktionalen und technologieneutralen Governance-Ansätzen einerseits und Ansätzen mit größerer Direktionalität andererseits gewährleistet werden.
An Innovationen für Transformationen ist eine Vielzahl von Akteuren beteiligt. Dementsprechend muss das WTI-System vermehrt multidisziplinäre Ansätze unterstützen, damit vielfältiges Fachwissen zum Tragen kommt. Die Governance-Institutionen – ob in den Bundesministerien oder Forschungseinrichtungen – müssen zudem die Koordination und kollaborative Innovation verbessern, da ressortübergreifende Kollaborationen (z. B. in Fragen der nachhaltigen Energieerzeugung und ‑nutzung zwischen den für Energie, Umwelt, Wirtschaft und Forschung zuständigen Ressorts) im neuen Kontext wichtiger sind. Die sozialen Auswirkungen der digitalen und ökologischen Transformation, die eine asymmetrische Wirkung auf die Beschäftigung in den verschiedenen Sektoren haben und den Bedarf an bestimmten Kompetenzen auf Kosten anderer erhöhen kann, erfordern überdies eine stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft sowie der für Sozialfragen zuständigen Institutionen.
In diesem Abschnitt wird die Governance des deutschen WTI-Systems im Kontext der oben dargelegten Herausforderungen erläutert. Er beginnt mit zwei Empfehlungen. Die erste betrifft die Einrichtung eines systemweiten „Forums“, um die Komplexität der WTI-Politik im Kontext der transformativen Herausforderungen zu steuern und zu bewältigen. Es wird empfohlen, dass das Forum für das gesamte deutsche WTI-System im Rahmen von Foresight-Prozessen eine Vorausschau erstellt, die hier als die Initiative „Deutschland 2030 und 2050“ bezeichnet wird. Die zweite betrifft Deutschlands Rolle als internationaler Vorreiter im Bereich der WTI-Governance und untersucht, wie Deutschland seine internationale Position nutzen kann, um Innovationen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene zu fördern. Im Anschluss daran werden aktuelle Aspekte des Governance-Systems beleuchtet, die für die Bewältigung der in diesem Bericht erörterten Herausforderungen wesentlich sind.
Empfehlung 1: Eine gemeinsame Vision „Deutschland 2030 und 2050“ entwickeln
Überblick und detaillierte Empfehlungen:
Die meisten transformativen Herausforderungen, die sich aus der Nachhaltigkeitswende und dem digitalen Wandel ergeben, stellen Deutschlands bestehendes Governance-System für Innovation infrage. Das hat zu wichtigen experimentellen Ansätzen geführt, insbesondere im Rahmen der Strategie für Forschung und Innovation (F&I-Strategie) (vgl. Kapitel 5), um neue Governance-Modelle für Wissenschaft, Technologie und Innovation zu entwickeln. Diese Empfehlung sieht die Einrichtung eines systemweiten „Forums“ vor, das das deutsche WTI-System auf bestimmte Ziele ausrichten soll, die in einer strategischen Vision beschrieben sind. Der Vorschlag zielt auf eine zeitgebundene und kollaborativ entwickelte Vision für Deutschland. Für die Verwirklichung der Vision wird diese Empfehlung durch Empfehlung 2 zur Einrichtung eines öffentlich-privaten Labors für die Erprobung von Innovationspolitik ergänzt.
E1.1 Die Bundesregierung sollte ein ressort-, länder-, institutionen- und sektorenübergreifendes Forum einrichten, um den Prozess der Entwicklung einer gemeinsamen Vision zu steuern, die auf identifizierten prioritären Handlungsbereichen aufbaut. Ziel dieses Forums ist es, eine breite Teilhabe bei der Politikgestaltung und der Ermittlung von Prioritäten zu gewährleisten, um sowohl die Horizontalität und multidisziplinären Ansätze zu fördern, die den Herausforderungen von Transformationen gerecht werden, als auch die soziale und politische Legitimität der vorgeschlagenen Maßnahmen sicherzustellen. Das Forum sollte zudem ein Umfeld bieten, in dem alle Politikbereiche (z. B. Digital-, Sozial-, Bildungs-, Umwelt- und Gesundheitspolitik) in ihren Wechselbeziehungen mit WTI diskutiert werden können. Obwohl diese Themenkomplexe außerhalb des traditionellen WTI-Politikportfolios liegen, haben sie unweigerlich Einfluss auf die Wirksamkeit von Politikinterventionen.
E1.2 Das Forum sollte Innovationspfade entwickeln, um die angestrebte Vision „Deutschland 2030 und 2050“ zu verwirklichen, sowie Konzepte für den Umgang mit künftigen Risiken und Teilhabefragen bei der Ausrichtung der Innovationspolitik erarbeiten. Die digitale Transformation und das Bestreben um ökologisch nachhaltige Entwicklungspfade bringen für alle Länder bedeutende sozioökonomische Veränderungen mit sich. Hinzu kommen die erhöhten Risiken, darunter Gesundheitsgefahren (wie die Covid-19-Pandemie), geopolitische Konflikte und Klimawandel, die durch die Verflechtung der Weltwirtschaft entstehen. Eine gemeinsame Vision ist das Fundament für beständigeres und strategischeres Handeln, anstatt die Herausforderungen ad hoc und reaktiv zu adressieren. Die Teilhabedebatte sollte auch potenzielle Zielkonflikte zwischen Innovationsexzellenz und Teilhabe thematisieren und sich damit auseinandersetzen, wie diese Herausforderungen am besten angegangen werden können.
E1.3 Die Vision und das Forum müssen auf höchster Regierungsebene, von führenden Wirtschaftsakteuren und von der Gesellschaft als zentral anerkannt werden, um eine Agenda des Wandels im WTI-System wirksam voranzubringen. Das Forum sollte hochrangige politische Unterstützung erhalten, damit es auf die Mitwirkung von Ministerien und Institutionen auf Bundes- und Länderebene und von WTI-Akteuren im weiteren Sinne zählen kann.
E1.4 Für eine effektive Verwirklichung muss ein öffentlich-privat budgetierter Strategieplan zur Umsetzung der Vision „Deutschland 2030 und 2050“ erstellt werden. Der Plan sollte sich auf wesentliche thematische Handlungsbereiche und das Monitoring der in verschiedenen Phasen erzielten Fortschritte konzentrieren. Hauptthemen sind Digitalisierung und das Erreichen der ökologischen Nachhaltigkeitswende und die Rolle von Innovationen und generell WTI in diesem Zusammenhang. Weitere mit diesen verknüpfte Themen sind die Stärkung der Krisenresilienz (z. B. in der Lieferkette), Schlüsseltechnologien, die industrielle Transformation und Diversität im Innovationssystem (Geschlecht, Alter, ethnische Herkunft und sozioökonomischer Hintergrund). In Abhängigkeit davon, welche Prioritäten für „Deutschland 2030 und 2050“ gesetzt werden, könnten spezifischere Themen hinzukommen.
E1.5 Wichtig ist, dass die entlang zentraler Missionen definierte Verwirklichung nicht von oben nach unten (top-down), sondern von unten nach oben (bottom-up) und marktorientiert erfolgen sollte. Bottom-up-Ansätze können schnellere Implementierungspfade zur Verwirklichung der Vision „Deutschland 2030 und 2050“ fördern. Insbesondere akteursgetriebene Ansätze können die Transformation beschleunigen, indem sie Innovationspioniere in bestimmten Regionen, Sektoren, Städten und Politikbereichen „belohnen“. Marktorientierung ist auch ein Schlüsselaspekt des Plans zur Verwirklichung der Vision, in dem Transformationspfade und Partnerschaften mit Partnern aus der Industrie aufgezeigt und vereinbart werden sollten. Auf diese Weise verpflichten sich sowohl der Staat als auch die Industrie zu Investitionen und anderen Beiträgen oder Initiativen (wie die Initiative „Fossilfreies Schweden“, bei der Roadmaps für die Industrie zwischen Industrie und Staat ausgehandelt wurden), die die Transformation fördern. Der Transformationsdialog Automobilindustrie ist ein erster Versuch in diese Richtung.
E1.6 Wichtige Ziele des Forums und der Vision „Deutschland 2030 und 2050“ wären das Erschließen systemischer Kapazitäten für WTI und eine bessere Koordinierung bei missionsorientierten Ansätzen. Deutschland hat eine Reihe missionsorientierter Ansätze für WTI entwickelt, sie sind jedoch nicht immer transformativ genug und leiden unter mangelnder Kohärenz und Koordination zwischen den Missionen.
Maßgebliche globale Erfahrung
Einige der größten Herausforderungen für die WTI-Governance sind auf die Schwierigkeiten beim Umgang mit den Beiträgen und Erwartungen verschiedener Disziplinen und Interessengruppen zurückzuführen. Die Politikverantwortlichen in Deutschland könnten daher von einem hochrangigen Beratungs- und Entscheidungsgremium wie in Finnland profitieren. Das Prinzip eines hochrangigen Gremiums, das auf systemweiter strategischer Expertise und Beratung aufbaut und mit der Regierungszentrale verbunden ist, könnte nutzbringend auf den deutschen Kontext übertragen werden. Auch wenn sein Wirkungsbereich weiter gefasst sein müsste als in Finnland, könnte ein solches Gremium für eine größere systemische Kohärenz von WTI-Politikmaßnahmen sorgen, insbesondere dort, wo der Erfolg der WTI-Politik mit anderen Politikfeldern verknüpft ist.
Finnland hat seit jeher ein Governance-Modell für WTI, das ein hochrangiges Beratungsgremium mit der Entscheidungskompetenz der Regierung kombiniert. Dieses Governance-Modell hat sich bei der Festlegung von WTI-Politikprioritäten auf der Basis einer systemischen Betrachtung des nationalen Innovationssystems bewährt (OECD, 2009[1]; Schwaag-Serger, Wise und Arnold, 2015[2]). Der finnische Rat für Forschung und Innovation wurde im Lauf der Zeit mehrmals umbenannt und umstrukturiert. Eine Konstante bilden hingegen der Vorsitz durch den*die Ministerpräsident*in und die Besetzung des Rats mit den für die F&I-Politik maßgeblichen Minister*innen sowie einer kleinen Gruppe von F&I-Akteuren. Der Rat fungiert als Politikforum mit Zugang zu der strategischen Expertise und Systemperspektive, die erforderlich sind, um intelligente Politikmaßnahmen vorzuschlagen. Er hat zudem die politische Legitimität und Macht, über Prioritäten zu entscheiden. Durch die Anhebung der Diskussions- und Entscheidungsebene von der Ministeriumsebene auf die ressortübergreifende Ebene leistete der*die Ministerpräsident*in in der Vergangenheit einen wichtigen Beitrag. Ein weiterer Erfolgsfaktor war, dass sich die Ratsentscheidungen auf hochrangige, richtungsweisende Fragen beschränkten und die bestehenden F&I-Strukturen mit der Ausgestaltung und Umsetzung betraut wurden. Einen dritten Erfolgsfaktor bildete der breite politische Konsens darüber, wie wichtig Investitionen in WTI und das Hochschulwesen für Wirtschaftswachstum und Entwicklung sind. Solange darüber Einigkeit herrschte, hatten politische Zyklen kaum Einfluss auf die WTI-Politik, da es in diesem Bereich keine größeren Unstimmigkeiten zwischen den aufeinanderfolgenden Regierungen gab.
Dieses Konstrukt ist jedoch nicht unfehlbar, da es vom Interesse und der Bereitschaft des*der Ministerpräsident*in abhängt, die Führungsrolle zu übernehmen. Dieses Interesse – und der politische Konsens darüber, dass die F&I-Politik die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum selbst in Rezessionsphasen fördern soll – ist in den letzten zehn Jahren verloren gegangen. Das Ergebnis waren eine Fragmentierung der finnischen F&I-Politik und nachlassende nationale Anstrengungen in der Forschung und Entwicklung (FuE) für Schlüsseltechnologien. Dadurch blieb das Land bei der Ausarbeitung von Strategien zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen hinter anderen Ländern zurück (OECD, 2017[3]). Finnland setzte sich im Dezember 2021 erneut das Ziel, die FuE-Ausgaben bis 2030 auf 4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern, und erzielte eine politische Einigung, die öffentlichen FuE-Ausgaben auf 1,33 % des BIP zu erhöhen, um dieses Ziel zu erreichen (Finnish Government, 2021[4]).
14.1. Überblick über die WTI-Governance
Der folgende Abschnitt behandelt die WTI-Governance in Deutschland. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Fähigkeit, den zusätzlichen Druck zu bewältigen, der durch die transformativen Herausforderungen des Klimawandels und der Digitalisierung auf das WTI-System ausgeübt wird.
14.1.1. Strukturen der F&I-Governance in Deutschland
Die Organisationsstruktur für die F&I-Governance in Deutschland entspricht im Großen und Ganzen der allgemein üblichen Arbeitsteilung. Die F&I-Politik wird von mehreren Fachministerien beaufsichtigt und von externen Expertengremien wie der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) begleitet. Deutschland unterscheidet sich von anderen Ländern durch die starke Rolle der regionalen WTI-Governance. Die Parallelinstitutionen in den einzelnen Bundesländern verfügen über ein hohes Maß an politischer und strategischer Autonomie (Abbildung 14.1).
Eine Stärke des deutschen Systems für F&I-Governance ist, dass die mangelnde zeitliche Deckungsgleichheit – d. h. das Missverhältnis zwischen kurzen politischen Zyklen und den längeren FuE-Zyklen –kein größeres Problem darzustellen scheint, wie es in anderen Volkswirtschaften u. U. der Fall ist (Kasten 14.1). Die F&I-Politik wird eher schrittweise umgebaut als radikal geändert. Mehrere hochrangige Organisationen leisten Politikberatung für die Bundesregierung, aber keine von ihnen fungiert als „höchste Instanz“ oder bezieht Regierungsmitglieder ein. Ein wesentlicher Aspekt ist, dass kein Ministerium allein für die gesamte F&I-Politik zuständig ist.
Kasten 14.1. Standardstrukturen für WTI-Governance
Abbildung 14.2 veranschaulicht eine in Industrieländern übliche Struktur für die WTI-Governance. Die schwarzen Abwärtspfeile zeigen die Übertragung von Aufgaben und Autorität, die roten Aufwärtspfeile stehen für Informationsfluss und Rechenschaftslegung. Es liegt auf der Hand, dass diese Organisationsform Silos in den Ministerien schafft.
Diese Struktur hat Auswirkungen auf die WTI-Politik. Wesentliche Aspekte der typischen Governance-Struktur werden im Folgenden beschrieben:
Governance-Strukturen können durch das zeitliche Missverhältnis zwischen den kürzeren politischen Zyklen von Parlamenten und Regierungen und den viel längeren natürlichen F&I-Zyklen beeinträchtigt werden. Daher ist ein parteiübergreifendes Mindestmaß an Konsens und Konsistenz in der F&I-Politik erforderlich, um so radikale Politikänderungen zu vermeiden, dass eine Regierung die Errungenschaften vorangegangener Regierungen während einer einzigen Legislaturperiode zunichtemachen kann. In Ländern mit einer erfolgreichen Politik gibt es in der Regel wenig politische Kontroversen über F&I; neue Regierungen tendieren in diesen Fällen eher zu schrittweisen Anpassungen als zu einem radikalen Kurswechsel.
Bei den meisten F&I-Systemen handelt es sich um „Zwei-Säulen“-Systeme, bei denen zwei Kategorien von Ministerien die staatlichen F&I-Ausgaben dominieren: Bildungs- und Forschungsministerien konzentrieren sich im Allgemeinen auf akademische Forschung (Grundlagenforschung), während das für die Wirtschaft zuständige Ministerium ein starkes Interesse an angewandter F&I hat. Als Fürsprecher der akademischen Gemeinschaft bzw. der Wirtschaft (die unterschiedliche Wertesysteme haben) stehen sie im ständigen Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Ressourcen miteinander.
Für die Politikberatung steht den Regierungen traditionell ein hochrangiger Politikbeirat zur Seite. Dieser bietet eine Grundlage für die Entscheidungsfindung und Koordination sowie ein Forum, in dem Politikalternativen innerhalb der Regierung und mit wichtigen nichtstaatlichen Akteuren debattiert werden können (OECD, 2009[1]; Schwaag-Serger, Wise und Arnold, 2015[2]). Bis etwa 2010 galt der finnische Rat für Wissenschafts- und Technologiepolitik (der jetzt umstrukturiert und in „Rat für Forschung und Innovation“ umbenannt wurde) weithin als internationale Best Practice (siehe oben).
Der breite Einsatz von Projektträgern und anderen nachgeordneten Einrichtungen zur Politikumsetzung kann zu „Principal-Agent“-Problemen führen, bei denen die Beauftragten nicht im bestmöglichen Interesse ihrer Auftraggeber handeln. Diese nachgeordneten Stellen können jedoch Stakeholder-Beziehungen und strategische Expertise im unmittelbaren Umfeld der Politikumsetzung aufbauen, was den Ministerien selbst nicht möglich ist. Dadurch können sie u. U. Ideen für die Programmgestaltung und ‑umsetzung entwickeln.
Die effektivste Koordinierungsebene ist die Regierung, vorausgesetzt der*die Regierungschef*in ist bereit, als oberstes Entscheidungsorgan im System zu fungieren. Die interministerielle Koordinierung ist die zweiteffektivste Ebene: Die Minister*innen haben die nötigen Entscheidungsbefugnisse, konkurrieren aber auch um Einflussbereiche und Budgets. Projektträger und andere nachgeordnete Einrichtungen sind weniger effektive Koordinatoren, da ihre Entscheidungsbefugnis begrenzt ist: Der Dialog zwischen den nachgeordneten Stellen wird dadurch eingeschränkt, dass sie innerhalb des Zuständigkeitsbereichs ihres Ministeriums bleiben müssen und keine Entscheidung treffen können, die implizit eine Entscheidung auf Ministeriumsebene aufhebt.
14.1.2. Ministerielle Zuständigkeiten bei der WTI-Governance
In Deutschland gibt es 15 Bundesministerien (und das Bundeskanzleramt). In der Praxis nehmen sie dieselben Aufgaben wahr wie in den meisten anderen Ländern. Dies wird jedoch ergänzt durch Steuerungs- und Koordinierungsfunktionen auf Ebene der Länder. Die Zuständigkeiten der Ministerien verändern sich im Lauf der Zeit, was aber offenbar eher auf politisch motivierte Umstrukturierungen als auf Änderungen der generellen Strategie zurückzuführen ist (Edler und Kuhlmann, 2008[5]). Jedes Ministerium ist für die Forschung zuständig, die es zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Diese Ressortforschung wird von Ressortforschungseinrichtungen, öffentlichen Forschungseinrichtungen und anderen externen Forschungsauftragnehmern durchgeführt.
Die deutsche WTI-Governance auf Ministeriumsebene ist größtenteils zwischen zwei Ministerien aufgeteilt, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)1 und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)2. Die Governance auf der ministeriellen Ebene folgt damit dem Zwei-Säulen-Ansatz, der in vielen Systemen für WTI-Governance üblich ist. In der Praxis überschneiden sich jedoch die Zuständigkeiten der beiden Ministerien: Das BMBF hat Aufgaben, die sich auf die Innovationstätigkeit auswirken, und das BMWK verbindet viele seiner innovationsbezogenen Maßnahmen mit Forschung. Diese partielle Überschneidung fördert die Zusammenarbeit und erleichtert es den beiden Ministerien, die F&I-Politik in einer stärker integrierten Weise anzugehen als es in vielen anderen Ländern der Fall ist.
Die Zuständigkeit für Bildung, einschließlich Hochschulwesen, liegt im Wesentlichen bei den Ländern. Für Forschung sind Bund und Länder gemeinsam zuständig, wenngleich der Bund den Großteil der Mittel bereitstellt. In Tabelle 14.1 sind die wichtigsten Zuständigkeiten der beiden Bundesministerien aufgeführt.
Das BMBF verantwortet (zusammen mit den Ländern) bildungs- und forschungspolitische Maßnahmen, die durch die Hochschulen und andere staatliche Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen umgesetzt werden. Es hat die Exzellenzinitiative zur Stärkung der deutschen Hochschulen ins Leben gerufen. Das BMBF ist federführend für die F&I-Strategie (d. h. die früheren Versionen der HTS, die aktuelle HTS 2025 und die demnächst erwartete Zukunftsstrategie Forschung und Innovation) verantwortlich, die die F&I-Anstrengungen aller Ministerien bündeln soll. Eine weitere Aufgabe des Ministeriums ist die Vernetzung des deutschen Forschungs- und Hochschulsektors auf EU- und internationaler Ebene. Auch die Nationale Bioökonomiestrategie fällt in den Verantwortungsbereich des BMBF.
Das BMWK befasst sich mit der Nutzung und Umsetzung von Forschungsergebnissen in der Wirtschaft ebenso wie mit Transformation im weiteren Sinne. Zum Teil erfordern die Innovationsprogramme des Ministeriums die Einbindung von Forschungsakteuren. Zudem muss das BMWK mit anderen Ministerien kooperieren, um seine Innovations- und Industriepolitik mit anderen Sektoren der Gesellschaft wie dem Gesundheits-, Verkehrs- oder Umweltsektor abzustimmen. Im Bereich der beruflichen Bildung überschneiden sich die Zuständigkeiten von BMBF und BMWK (vgl. Tabelle 14.1).
Tabelle 14.1. WTI-Zuständigkeiten des BMBF und BMWK
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) |
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) |
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|
Quelle: Extrapolation aus den Internetseiten des BMBF und des BMWK.
14.1.3. Beratungsgremien
Wie nachstehend aufgeführt, beraten mehrere unabhängige Gremien die Bundesregierung. Eine wesentliche Herausforderung ist die effizientere Gestaltung der WTI-Beratungskanäle, die die öffentliche Politik beeinflussen und zu konkretem Politikhandeln führen können. Das in Empfehlung 1 (und Empfehlung 2) beschriebene Forum könnte dazu beitragen, dies zu erreichen.
Die 2002 gegründete Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) wird vom Bund und den Ländern finanziert, um strategische Politikberatung in technikwissenschaftlichen und technologiepolitischen Zukunftsfragen zu leisten. Sie umfasst Expert*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft und legt ihre eigene Agenda fest. Ein herausragender Beitrag war die Entwicklung und Ausarbeitung des Konzepts Industrie 4.0. Die meisten ihrer Projekte behandeln technologiepolitische Themen, wie z. B. das Potenzial für die Entwicklung geschlossener Kreisläufe für Kunststoffverpackungen, CO2-Bepreisung und Resilienz als wirtschafts- und innovationspolitisches Gestaltungsziel.
Die 1652 als Gelehrtengesellschaft gegründete Leopoldina hat derzeit rd. 1 600 Mitglieder aus nahezu allen Wissenschaftsbereichen, aber keine eigenen Forschungsstätten. 2008 wurde sie von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina hat die Aufgabe, deutsche Wissenschaftler*innen in der internationalen Gemeinschaft zu vertreten sowie Politik und Öffentlichkeit wissenschaftsbasiert zu beraten. Sie wird vom BMBF (80 %) sowie vom Bundesland Sachsen-Anhalt (20 %) finanziert, und gibt zahlreiche Stellungnahmen und Publikationen zu Wissenschaft und Wissenschaftspolitik heraus.
Der Wissenschaftsrat berät die Bundesregierung und die Regierungen der Länder. Er setzt sich aus Vertreter*innen des Bundes und der Länder sowie aus renommierten Wissenschaftler*innen zusammen. Seine Beratung erstreckt sich sowohl auf allgemeine wissenschaftspolitische Themen als auch auf spezifische Fragen, die oft von seinen Mitgliedern aufgebracht werden. Der Wissenschaftsrat wird häufig mit anspruchsvollen Evaluationen auf Bundesebene betraut. Insgesamt bringt er sich eher durch „weiche Koordination“ als spezifische Anweisungen ein.
In der GWK sind das BMBF und das BMF sowie die entsprechenden Ministerien der Länder vertreten. Die GWK verwaltet die gemeinsame Förderung von Hochschulen und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen, darunter die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), acatech, Leopoldina, das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und das Wissenschaftskolleg zu Berlin.
Der 2009 ins Leben gerufene Innovationsdialog ist eine regelmäßige hochrangige Diskussionsrunde zwischen der Bundesregierung (Bundeskanzler*in, Chef*in des Bundeskanzleramtes, Bundesminister*in für Bildung und Forschung, Bundeswirtschaftsminister*in und Bundesfinanzminister*in) und Vertreter*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft. Den Vorsitz des Steuerkreises, der eigentlichen Dialogrunde, hat der*die Vorsitzende des acatech Kuratoriums inne. Die Diskussionen decken ein breites Spektrum innovationspolitischer Themen ab, darunter Innovationsökosysteme, Resilienz von Lieferketten, europäischer Green Deal, Quantentechnologien, Wasserstoff sowie Stärken und Schwächen des deutschen Innovationssystems im internationalen Vergleich. In der Legislaturperiode 2017–2021 fanden sechs solcher Innovationsdialoge statt.
Die 2006 vom BMBF eingerichtete EFI ist ein Gremium von bis zu sechs Professor*innen, das wissenschaftliche Politikberatung für die Bundesregierung leistet und jährlich ein Gutachten vorlegt. Ihre Mitglieder sind Expert*innen für Wissenschafts- und Innovationspolitik, die sich bei der Erstellung ihrer Berichte umfassend mit Akteuren der Wissenschafts- und Innovationspolitik in Deutschland austauschen. Die Expertenkommission ist das Organ, das dem in Abbildung 14.2 genannten Politikbeirat am nächsten kommt. Sie hat jedoch eine rein beratende Funktion.
Das Hightech-Forum wurde 2015 und 2019 eingesetzt, um die Bundesregierung bei der Umsetzung der HTS und der Nachfolgestrategie HTS 2025 zu beraten. Darüber hinaus veröffentlichte es Impulspapiere zu verschiedenen Aspekten der F&I-Politik. In seinem letzten Beratungsauftrag, der mit der Legislaturperiode 2021 endete, umfasste das Hightech-Forum 21 Expert*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Den Vorsitz teilten sich ein Staatssekretär des BMBF und der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Das Hightech-Forum ist ein weiteres Organ, das Ähnlichkeiten mit dem in Kasten 14.1 erwähnten Politikbeirat aufweist.
Der Rat für technologische Souveränität wurde 2021 gegründet. Das Gremium mit 11 Vertreter*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft hat die Aufgabe, das BMBF in Fragen der Stärkung der technologischen Souveränität Deutschlands und der Europäischen Union auf zentralen Technologiefeldern zu beraten.
Projektträger und andere nachgeordnete Einrichtungen
Wie in anderen Ländern gibt es auch in Deutschland mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Form von Forschungsförderungsrat bzw. nationaler Forschungsstiftung. Die DFG wird zwar vom BMBF mitgetragen, sie ist aber ein privatrechtlicher Verein zur Forschungsförderung ihrer Mitglieder (Hochschulen und Forschungseinrichtungen). Sie fungiert als Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft in Deutschland, obwohl sie ihre Mittel überwiegend vom Bund und in geringerem Umfang von den Ländern erhält. Wie andere Forschungsräte wird sie von Mitgliedern der Forschungsgemeinschaft geleitet und verwaltet, und die Förderung folgt in erster Linie dem Bottom-up-Prinzip. Die DFG genießt international hohes Ansehen und hat als Vorbild für die Gründung der National Natural Science Foundation of China gedient.
In den meisten europäischen Ländern werden die anderen F&I-Förderprogramme von staatlichen Stellen verwaltet. In Deutschland wird die F&I-Förderung auf Bundes- und Länderebene seit Langem im Rahmen von wettbewerblichen Verfahren anhand von Verträgen mit fünfjähriger Laufzeit an Projektträger vergeben. Derzeit gibt es 19 solcher Projektträger (Förderberatung des Bundes, o. J.[6]). Sie sind zumeist bei Organisationen angesiedelt, die technologische Infrastrukturen betreiben und technische oder projektbezogene Leistungen erbringen. Zu den wichtigsten zählen:
A. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
B. Forschungszentrum Jülich, ein sehr großes wissenschaftliches Forschungszentrum (mit 6 400 Beschäftigten) innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft
C. Karlsruher Institut für Technologie
D. VDI Technologiezentrum, Dienstleister im Bereich Programmmanagement und Technologieberatung
E. VDI/VDE Innovation + Technik GmbH, führendes Dienstleistungsunternehmen bei Fragen rund um Innovationen und Technik
14.2. Kohärenz und Agendasetzung für WTI
Interministerielle und sektorenübergreifende Koordinierung ist bereits in einem Kontext ohne Transformationen schwierig. Sie wird jedoch umso schwieriger, wenn Transformationsziele für zusätzliche Komplexität sorgen. Wie oben ausgeführt, behindern Überschneidungen, mangelnde Koordination und Abstimmung und teils sogar gegenläufige Politikmaßnahmen (verschiedener Sektoren, Ministerien und Regierungsebenen) die Fähigkeit Deutschlands, seine Transformationsziele zu erreichen. Ein Beispiel ist die Schnittstelle zwischen WTI-Politik und Klimapolitik: Deutschland kann sowohl ein starkes F&I-System als auch ein langjähriges Engagement für nachhaltige Energieerzeugung und ‑nutzung (was insbesondere die Energiewende zeigt), Umweltschutz und den Erhalt der biologischen Vielfalt vorweisen (Walz et al., 2019[7]). Die Politikbereiche könnten jedoch besser aufeinander abgestimmt werden, damit sich die Politikmaßnahmen in beiden Bereichen gegenseitig verstärken und die gewünschte Wirkung erzielen.3
Die Autoren der Analyse Ökologische Innovationspolitik in Deutschland, die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) in Auftrag gegeben wurde, stellten folgende Schwächen fest: zu geringe Fokussierung auf Transformationen (außer im Energiebereich), voneinander losgelöste institutionelle und soziale Innovationsperspektiven und ‑maßnahmen, wenig (oder keine) Unterstützung „grüner“ Start-ups und unzureichende Berücksichtigung von Innovationen (Walz et al., 2019[7]). In der Analyse wurde auch auf erhebliches ungenutztes Potenzial für den Einsatz der Digitalisierung als Treiber für Umweltschutz und Öko-Innovationen hingewiesen. Der Bericht forderte eine stärkere Integration der Innovationsdynamik und ‑perspektiven in die Umweltpolitik sowie ein „Greening des Innovationssystems“. Obwohl Deutschland in der Produktion mehrerer Umwelttechnologien führend ist, muss die Bundesregierung darüber hinaus die Nachfrage nach umweltfreundlichen Innovationen und Lösungen ankurbeln, insbesondere bei der Abfallentsorgung, Lärmminderung und Luftreinhaltung. Die heterogenen Anwendungen der einzelnen Öko-Innovationsbereiche, wie der Bioökonomie, und ihre potenzielle Relevanz für eine Vielzahl von Sektoren machen es schwierig, wirksame nachfrageseitige Instrumente zu konzipieren oder die Schaffung von Märkten zu fördern (Edler et al., 2021[8]).
Das Beispiel ökologische Nachhaltigkeit und Innovation veranschaulicht, wie seit Langem bestehende Koordinierungsprobleme einen größeren Beitrag von WTI zu den Transformationszielen erschweren. Es ist beträchtliches Potenzial vorhanden, um nicht nur innovationspolitische Elemente in der Klima- und Umweltpolitik zu stärken, sondern auch den Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit – und ganz allgemein die transformative Perspektive – in der Innovationspolitik zu fördern. Die Analyse der Wechselwirkungen zwischen Innovations- und Umweltpolitik zeigt, dass die gemeinsame Agendasetzung und die Politikkohärenz verbessert werden müssen (Rogge und Kristin, 2016[9]; Edler et al., 2021[8]).
Die Schwierigkeiten, eine bessere Verzahnung zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und Innovationspolitik zu erreichen, deuten auf die Koordinierungsprobleme hin, die sich bei systemischeren Ansätzen in der Politik im Allgemeinen und der WTI-Politik im Besonderen stellen. Es besteht erheblicher Spielraum für eine stärkere Unterstützung der notwendigen Transformationen durch die Innovationspolitik, indem die Schnittstelle zwischen Innovationspolitik und anderen relevanten Bereichen, darunter Klima-, Umwelt-, Sozial- und Gesundheitspolitik, verbessert wird. In Anlehnung an die Ergebnisse des BMUV-Berichts stellte das Hightech-Forum im März 2020 die Forderung, Nachhaltigkeit in all ihren Dimensionen als handlungsleitendes Ziel der F&I-Politik zu berücksichtigen und Hürden für nachhaltige Innovationen zu beseitigen (Boetius et al., 2020[10]). Der Wunsch nach einer besseren Koordinierung ist demzufolge bei einer Reihe von WTI-Akteuren erkennbar, und weitere Unterstützung durch die Bundesregierung wäre in dieser Hinsicht zu begrüßen.
14.3. Interministerielle Zusammenarbeit bei der WTI-Governance
Erstaunlicherweise gibt es in Deutschland keine zentrale Stelle für die gesamtstaatliche Koordinierung der F&I-Politik. Einige Staaten haben etwa einen Rat, einen Ausschuss oder ein „Politikforum“, d. h. eine Plattform, an der führende Politiker*innen und Stakeholder*innen der maßgeblichen Ministerien beteiligt sind(OECD, 2009[1]; Schwaag-Serger, Wise und Arnold, 2015[2]). Dadurch können Politikmaßnahmen mit systemischer Tragweite breit diskutiert werden. Andere Staaten verfügen möglicherweise über ein einheitliches Monitoring- und Kontrollsystem für die F&I-Politik, wie z. B. ein Observatorium, aber keine alleinzuständige Institution, um die Debatte und die Priorisierung in der F&I-Politik zu steuern. In Deutschland erfolgt die Politikgestaltung auf der Ebene der Regierung selbst. Daher wird sie z. T. durch die Zusammensetzung der jeweiligen Regierungskoalition und die Verteilung der Ministerien auf die einzelnen Koalitionsparteien geprägt. Initiativen, an denen mehrere Ministerien beteiligt sind, werden durch Staatssekretärsausschüsse gesteuert. Es gibt aber keine zentrale Stelle mit alleiniger Zuständigkeit für die systemische Koordinierung aller Teilbereiche des nationalen F&I-Systems.
Ministerien konkurrieren in allen Regierungssystemen um Budgets, Politikprioritäten und Aufmerksamkeit. Folglich ist eine Politikkoordination und ‑kooperation auf Ministeriumsebene weniger effektiv als die Koordination auf einer höheren, ressortübergreifenden Ebene. In Deutschland ist dieses Phänomen aber wegen des im Grundgesetz verankerten Ressortprinzips besonders stark ausgeprägt. Auch die in Deutschland üblichen Koalitionsregierungen tragen dazu bei, da die Verteilung der Ministerien auf verschiedene Koalitionsparteien weniger Anreize für die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien bietet.
Ein für die WTI-Politik maßgebliches Beispiel für diese Fragmentierung ist die seit Langem bestehende Arbeitsteilung zwischen dem BMBF und dem BMWK, wonach das BMBF für FEI und das BMWK für Innovation und Implementierung zuständig ist. Dennoch müssen diese Ministerien eng zusammenarbeiten, um Wissenschaft, Technologie und Innovation auf gesellschaftliche Bedürfnisse, Nutzer*innen und neue Märkte abzustimmen. Dies zeigt die wachsende Zahl von Strategien und Politikmaßnahmen, bei denen die beiden Ministerien in der Praxis kooperieren.
Einzelne Ministerien setzen erfolgreich Strategien innerhalb ihres eigenen Zuständigkeitsbereichs um. Beispiele sind etwa der Innovationspakt, die Exzellenzinitiative und die Bioökonomiestrategie (alle unter Federführung des BMBF), die in Kapitel 5 erörtert werden. Die Energiewende erhielt 2014 neuen Schwung, als das damalige BMWi die Zuständigkeit übernahm und die Abhängigkeit von freiwilliger interministerieller Kooperation verringert wurde. Obwohl die Ministerien innerhalb ihrer traditionellen Silos erfolgreich arbeiten, sind mangels Systemperspektive oder Priorisierung auf Systemebene keine kohärenten strategischen Entscheidungen möglich, die sich zu einer nationalen WTI-Politik aus einem Guss zusammenfügen. Stattdessen werden viele unabgestimmte Ad-hoc-Entscheidungen in unterschiedlichen Bereichen des Governance-Systems getroffen.
Immer häufiger kooperieren die Ministerien jedoch in gewissem Umfang bei der Konzeption und Implementierung von nationalen Strategien wie der F&I-Strategie und der Nationalen Wasserstoffstrategie. Diese flexible und pragmatische Nutzung der bestehenden Silos einzelner Ministerien ermöglicht es, durch die etablierten Strukturen neue Herausforderungen zu adressieren. Allerdings handelt es sich dabei faktisch nicht um eine kollaborative Zusammenarbeit der Ministerien, sondern um eine Arbeitsteilung, bei der jedes der Ministerien einen Teil seines eigenen Budgets nutzt, um seine eigenen Programme umzusetzen. Eine gemeinsame Steuerung findet nur auf der obersten Ebene statt. Folglich sind die Synergien gering. Diese Fragmentierung hemmt Reflexivität und Politiklernen, wie die gegenwärtige Evaluierungspraxis zeigt. Die einzelnen Ministerien evaluieren jeweils ihre eigenen Programme gemäß der starken Evaluierungstradition in Deutschland. Die Gesamtstrategie aber wird kaum oder überhaupt nicht evaluiert. Eine umfassende Evaluierung der HTS beispielsweise wurde erst mehr als zwölf Jahre nach ihrer Einführung begonnen.
Als gesamtstaatliche Plattform könnte das in Empfehlung 1 beschriebene Forum die Lösung von Koordinierungsproblemen vorantreiben und die interministerielle Zusammenarbeit fördern.
14.4. Direktionalität, Missionsorientierung und ergebnisorientierte WTI-Governance
Auf der internationalen Ebene ist in der WTI-Politik ein wachsender Trend zur Direktionalität, d. h. zur Ausrichtung auf bestimmte gesellschaftliche Herausforderungen, zu beobachten. Missionen und Transformationsprozesse verschärfen die bestehenden Koordinierungsprobleme, da sie eine noch stärkere Einbeziehung von Akteuren außerhalb der F&I-Community erfordern – sowohl bei der Bestimmung der zu bewältigenden Herausforderungen als auch bei der Umsetzung von Veränderungen. Dies ist keine einfache Aufgabe, weil die Meinungen der einzelnen Akteure von ihren eigenen Interessen und Standpunkten geleitet werden und entsprechend weit auseinanderliegen können. Noch schwieriger ist es, eine faire Berücksichtigung der verschiedenen Perspektiven sicherzustellen, da sich einige Akteure besser Gehör verschaffen können und mehr Ressourcen zur Verfügung haben als andere. Gesellschaftliche Herausforderungen weiten das Betätigungsfeld der F&I-Politik von den beiden traditionellen Säulen auf wesentlich breitere Bereiche der Gesellschaft aus. Weltweit wird mit verschiedenen Governance-Modellen für diese Politik experimentiert. In einigen Ländern liegt die Zuständigkeit bei einem einzigen Ministerium, in anderen werden ressortübergreifende Plattformen geschaffen, in wieder anderen gibt es externe Plattformen, die an eine zentrale Regierungsstelle berichten, oder es werden behördenübergreifende Plattformen oder Programme eingerichtet. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen jedoch noch nicht genug Erfahrungswerte vor, um Best Practices (oder auch nur „Good Practices“) zu definieren. Außerdem muss für die einzelnen Programme bzw. Missionen, mit denen einer gesellschaftlichen Herausforderung begegnet wird, jeweils ein eigenes Gremium eingerichtet werden, das eine umfassendere Stakeholder-Konsultation und ‑Beteiligung als bei gewöhnlichen F&I-politischen Angelegenheiten ermöglicht.
Die wachsende Anzahl von nationalen Strategien mit einer WTI-Komponente lässt auf ein zunehmendes Verständnis in der Bundesregierung schließen, dass zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen auf verschiedenen Ebenen ein missionsorientierterer Ansatz erforderlich ist. Dies erfordert nicht nur eine stärkere horizontale Koordinierung innerhalb und zwischen den Ministerien und anderen staatlichen Akteuren, sondern auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit innerhalb des Staates. Er muss Innovationsaktivitäten in gesellschaftlich verabredete Richtungen lenken, die privatwirtschaftliche Akteure nicht von sich aus einschlagen. Die EFI schlägt daher zurecht „eine marktorientierte Version der Neuen Missionsorientierung vor, die sich durch eine Offenheit gegenüber Problemlösungen und durch katalytische Markteingriffe auszeichnet“ (EFI, 2021[11]). Der EFI zufolge könnte sich der stark sektorfokussierte Ansatz der deutschen WTI-Politik als Hindernis für die Missionsorientierung erweisen. Möglicherweise muss dieser Ansatz überarbeitet werden, um diese Hindernisse abzubauen.
Direktionalität steht auch im Widerspruch zum Primat der Technologieneutralität, das in der Ordnungspolitik verankert ist und in der Vergangenheit vom damaligen BMWi besonders betont wurde, obwohl viele seiner erfolgreichen Interventionen stark thematischer Natur waren. Dies gilt beispielsweise für Programme, mit denen die Verbreitung von neuen Technologien und Schlüsseltechnologien und der Aufbau entsprechender Kapazitäten in der Wirtschaft gefördert wurden bzw. werden, von Mikroelektronik und computergestütztem Design/computergestützter Fertigung in den 1980er Jahren bis hin zu Digitalisierung und künstlicher Intelligenz (KI) in jüngerer Zeit. Die Industriestrategie von 2019 enthielt eine Liste maßgeblicher innovativer Industriebranchen, die es im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit und der technologischen Souveränität Europas zu schützen gilt (BMWi, 2019[12]). Strategien für den Klimaschutz, die auch Garantien für den Erhalt der Wirtschaftskraft umfassten (BMWi, 2020[13]), konzentrierten sich ebenfalls auf spezifische Technologien, wie z. B. Wasserstoff (BMWi, 2020[14]). Wesentliche Politikinterventionen des BMBF, z. B. im Bereich der Quantentechnologie, sind gleichermaßen thematisch ausgerichtet. Zugleich wurde aber durch die Einführung der steuerlichen Forschungsförderung 2019 die Bedeutung technologieneutraler innovationspolitischer Instrumente im Gesamtkontext der Innovationspolitik gestärkt.
Auch die Risikoaversion des staatlichen Systems gefährdet die Missionsorientierung, denn Missionsorientierung erfordert oft Experimentieren, Reflexivität und Zielanpassungen während der Laufzeit einer Politikintervention. Die nationalen Strategien in Bereichen wie KI, Wasserstoff oder Bioökonomie sind vorwiegend angebots- oder technologieorientiert. Missionen, die Transformationserfordernisse adressieren, sollten aber auch eng an den gesellschaftlichen Bedürfnissen und der Nachfrageseite ausgerichtet sein. Dadurch steigt die Zahl der beteiligten Akteure und Stakeholder, deren Handlungen die Form der erforderlichen Politikinterventionen beeinflussen. Zudem müssen die Interventionen problemlösungsorientiert sein, d. h. nicht nur auf eine angebotsorientierte technologische Entwicklung abzielen, sondern auch auf Prozesse, um die Ergebnisse dieser Entwicklung zur Lösung von Problemen einsetzen zu können. Bei der missionsorientierten Politik gilt es zu unterscheiden zwischen „schwacher Direktionalität“ (z. B. „Dekarbonisierung“ von „Wasserstoff“), bei der allgemeine Leitplanken für die Suche nach Lösungen aufgestellt werden, und „starker Direktionalität“ (z. B. Angleichung bestimmter technischer Standards oder Entwicklung dominanter Designs), die Märkte schafft oder einbezieht. Die Missionen der HTS 2025 könnten dabei als potenzielle Experimentierräume dienen, um die Rolle der Regierung bei der Überführung der Ergebnisse von Missionen an die Märkte zu erproben. Das WTI-Politiksystem als Ganzes wird jedoch das Spannungsverhältnis zwischen der Direktionalität und dem technologieneutralen Ansatz der Politikgestaltung adressieren müssen (EFI, 2021[11]).
Das bekannteste Beispiel missionsorientierter WTI-Politik in Deutschland ist die F&I-Strategie. Sie wurde seit ihrer Einführung 2006 erheblich weiterentwickelt. Die ursprünglichen technologiefokussierten Innovationsziele wurden zunehmend von einer Ausrichtung der Technologien auf messbare sozioökonomische Ergebnisse abgelöst (Abbildung 14.3). In ihrer jetzigen Form ist die F&I-Strategie eine der deutlichsten Ausprägungen der Missionsorientierung in der deutschen WTI-Politik (vgl. Kapitel 5).
Die überarbeitete Fassung der HTS von 2014 enthielt Missionen in Form der folgenden „prioritären Zukunftsaufgaben“: „Digitale Wirtschaft und Gesellschaft“, „Nachhaltiges Wirtschaften und Energie“, „Innovative Arbeitswelt“, „Gesundes Leben“, „Intelligente Mobilität“ und „Zivile Sicherheit“ (BMBF, 2014[15]). Jede dieser prioritären Zukunftsaufgaben umfasste verschiedene Aktionsfelder oder Schwerpunkte. Neu an dieser Fassung der HTS war auch „Transparenz und Partizipation“ als eines von fünf Kernelementen der Innovationspolitik, neben „Prioritäre Zukunftsaufgaben für Wertschöpfung und Lebensqualität“, „Vernetzung und Transfer“, „Innovationsdynamik in der Wirtschaft“ und „Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen“ (BMBF, 2014[15]). Transparenz und Partizipation bezieht sich darauf, dass alle beteiligten Akteure, insbesondere die Bürger*innen, in die Gestaltung von Innovationsprozessen und Innovationspolitik einbezogen werden sollen. Interessant ist, dass Schlüsseltechnologien hier eine weniger zentrale Rolle spielen als in den vorherigen Fassungen der HTS. Angesprochen werden sie lediglich in einem Unterabschnitt mit dem Titel „Potenziale der Schlüsseltechnologien für die Wirtschaft nutzen“. Während der Umsetzungsphase dieser Fassung der F&I-Strategie gewannen Politikplattformen für die Industrie (z. B. Industrie 4.0), aber auch in den Bereichen Bioökonomie, Zukunft der Mobilität und Zukunftsstadt an Dynamik und Sichtbarkeit.
Die neueste Fassung der F&I-Strategie – die 2018 verabschiedete HTS 2025 – geht bei der Missionsorientierung einen Schritt weiter und benennt 12 Missionen in 3 Handlungsfeldern (vgl. Abbildung 14.3). Zugleich spielen Schlüsseltechnologien wieder eine herausragendere Rolle, auf die konkret unter „Wir entwickeln Deutschlands Zukunftskompetenzen“ eingegangen wird (BMBF, 2018[16]). Darüber hinaus will die HTS 2025 eine „offene Innovations- und Wagniskultur“ etablieren und den Unternehmergeist stärken.
Deutschland entwickelt zwar weiter missionsorientierte Politikansätze, eine verlässliche Bewertung ihrer Wirksamkeit ist jedoch nach wie vor schwierig. Dies hat verschiedene Gründe:
Erstens sind die Missionen in unterschiedlicher Granularität definiert und erfüllen daher nicht alle Kriterien für eine missionsorientierte Politik (Mazzucato, 2018[17]). Beispielsweise wurden nur für einige der Missionen (wie etwa die Mission zur Kreislaufwirtschaft) zielgenaue, messbare und zeitgebundene Zielsetzungen festgelegt.
Zweitens sind nicht alle Missionen transformativ; einige dienen dazu, die Wissensgenerierung oder Markteinführung zu beschleunigen und stellen somit eine Fortsetzung der klassischen missionsorientierten Ansätze dar. Dieser Ansatz ist zwar für einige der genannten Herausforderungen angemessen, bei einigen Missionen könnte jedoch das Transformationspotenzial noch besser ausgeschöpft werden (beispielsweise könnte die Mission der Krebsbekämpfung um die Förderung einer gesünderen Lebensweise erweitert werden).
Drittens stehen beim Missionsansatz der HTS 2025 WTI-Aktivitäten im Mittelpunkt. Einige dieser WTI-getriebenen Missionen berücksichtigen, dass breitere gesellschaftliche Entwicklungen (wie z. B. Verhaltensänderungen) notwendig sind, um eine transformative Wirkung zu erzielen, oder dass die WTI-Politik mit anderen Politikfeldern verknüpft werden sollte. Obwohl solche Verknüpfungen geplant sind, wurden sie noch nicht alle verwirklicht. Die bestehenden Verknüpfungen mit der Umwelt-, Energie- und Klimapolitik wurden bereits früher im Zuge der Energiewende und Nachhaltigkeitspolitik geschaffen. Die Missionen der HTS 2025 jedoch sehen in der Regel keine ressortübergreifende Koordinierung auf Kabinettsebene vor und können daher nicht als Querschnittsmissionen der Regierung betrachtet werden.
Viertens sollte darüber nachgedacht werden, wie Hochschulen und Forschungsinstitute besser für Missionen genutzt werden können, insbesondere in Anbetracht ihrer erheblichen institutionellen Autonomie. So könnten etwa jene Teile der Forschungslandschaft eingesetzt werden, die mit höheren Technologie-Reifegraden arbeiten, damit der Transfer von vielversprechender Forschung an den Markt beschleunigt wird.
14.5. Der Föderalismus und seine Auswirkungen auf die WTI-Governance
Aufgrund der föderalen Staatsstruktur ist in Deutschland die Governance komplexer als in vielen anderen Staaten. Dies stellt insbesondere im Bereich der Forschung und Innovation eine Herausforderung dar. Mit dem Grundgesetz sollte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Machtkonzentration auf der Ebene des Zentralstaats verhindert werden. Dementsprechend behandelt das Grundgesetz die Bundesländer nicht als Regionen oder Provinzen des Nationalstaats. Vielmehr besagt es, dass staatliche Befugnisse und Aufgaben grundsätzlich Sache der Länder sind, überträgt jedoch bestimmte Aufgaben an den Bund, darunter die Landesverteidigung, Auswärtige Angelegenheiten, Staatsangehörigkeit, Gesundheitsversorgung und Fiskalpolitik (einschließlich der Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern, von denen ein großer Teil den Ländern zufließt).
Ihrer wichtigen Stellung entsprechend wirken die Bundesländer über den Bundesrat als zweite Kammer an der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes mit. Der Bundesrat setzt sich aus Vertreter*innen der Landesregierungen zusammen, deren Zahl von der Einwohnerzahl des betreffenden Bundeslandes abhängt. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags werden in einer Kombination von Mehrheits- und Verhältniswahlrecht gewählt, was in der Regel zu Koalitionsregierungen führt. Die*der Bundeskanzler*in wird vom Bundestag auf Vorschlag der*des Bundespräsident*in gewählt und anschließend von der*dem Bundespräsident*in ernannt.
Die Tatsache, dass die WTI-Politik sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene verantwortet wird, bringt Koordinierungskosten mit sich. Es existiert jedoch eine klare und systematische Aufteilung der Finanzierungsverpflichtungen zwischen den beiden Ebenen. Zudem werden die Politikmaßnahmen aktiv durch die GWK koordiniert. Die starke regionale Autonomie fördert die Vielfalt von Politikmaßnahmen und ‑ansätzen und bietet Gelegenheit zum Experimentieren. Die einzelnen Bundesländer können beispielsweise die thematische Spezialisierung von Forschungseinrichtungen auf die jeweiligen regionalen Bedürfnisse abstimmen. Zugleich sorgen aber nationale und europäische Programme dafür, dass die ungleiche Finanzausstattung der Bundesländer bei der Entwicklung regionaler Politikmaßnahmen in gewisser Weise ausgeglichen wird. Zudem dürfte die intelligente Spezialisierung, die für die regionalen Innovationsstrategien vorgeschrieben ist, ihre Qualität und Spezifität steigern. Obwohl die Finanzkraft und die Verwaltungskapazitäten für die Entwicklung und Implementierung der Innovationspolitik von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind, gewährleisten die EU-Strukturfonds, dass alle Länder eine regionale Innovationspolitik betreiben können. Auf Bundesebene fördern Programme wie „Innovation & Strukturwandel“ die Entwicklung regionaler Innovationsökosysteme (vgl. Kapitel 16 wegen einer Erörterung der Teilhabe der Regionen).
Die Nachteile, die das föderale System für die WTI-Politik mit sich bringt, betreffen zumeist auch andere Bereiche. Möglicherweise könnten also bestimmte Aspekte der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern überdacht werden. Beispielsweise könnte die Ko-Existenz von Datenschutzbehörden auf Bundes- und Länderebene zu 17 unterschiedlichen Auslegungen der 353 Seiten starken Datenschutz-Grundverordnung führen, was die Innovationstätigkeit hemmt und den nationalen Binnenmarkt beeinträchtigt. Eine weitere Auswirkung des föderalen Systems ist die Fragmentierung der Beschaffung in Bereichen, für die die Länder zuständig sind, wie z. B. die Beschaffung medizinischer Ausrüstung. Dies ist bereits seit Langem ein Innovationshemmnis, gewinnt aber durch die Schwerpunktverlagerung der WTI-Politik von der Angebots- auf Nachfrageseite weiter an Bedeutung. Auch eine Harmonisierung von Standards und Verfahrensweisen wird nicht nur Effizienzgewinne bewirken, sondern auch die Innovationstätigkeit fördern.
Die Dezentralisierung der WTI-Governance in Deutschland ist insofern von Vorteil, als sie die Erprobung verschiedener Politikansätze und ihre Anpassung an lokale Gegebenheiten ermöglicht. Ansätze wie intelligente Spezialisierung und die Förderung von Innovationspionieren können den zuständigen Stellen auf Länderebene helfen, ihre Politikinterventionen auf nationalen Strategien aufzubauen, sie aber an lokale Gegebenheiten und Bedürfnisse anzupassen. Dank der Flexibilität, die mit der Länderautonomie einhergeht, können Ansätze wie z. B. Reallabore auf regionaler Ebene auf die jeweiligen wirtschaftlichen und technologischen Erfordernisse und Kapazitäten abgestimmt werden. Die Governance-Herausforderung besteht darin, die Erfahrungen aus diesen lokalspezifisch angepassten Ansätzen bestmöglich zu nutzen, um nationale Zielsetzungen zu erreichen. Das in Empfehlung 1 vorgeschlagene Forum könnte einen ganzheitlicheren Ansatz bei der Berücksichtigung von Erfahrungen und Best Practices aus regionalen WTI-Ansätzen fördern und deren Verbreitung unterstützen, um zu einer systemischeren Innovationsförderung beizutragen.
14.6. Führungsrolle der deutschen WTI-Governance auf EU- und internationaler Ebene
Das nationale Innovationssystem der Bundesrepublik wird durch externe Trends beeinflusst. Deutschland ist aber aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung und der Stärke seines WTI-Systems zugleich ein Akteur dieser externen Entwicklungen. Jedes nationale Innovationssystem ist Teil des internationalen Innovationssystems und wird durch globale technologische und Marktentwicklungen geprägt. Auch ausländische Direktinvestitionen, internationaler Technologietransfer und internationale Zusammenarbeit sowie Handelsbeziehungen, wie z. B. globale Wertschöpfungsketten, sind entscheidende Einflussfaktoren.
Deutschland ist der größte Mitgliedstaat der EU und seine WTI-Governance ist in den EU-Kontext eingebettet. Es zählt zu den wesentlichen Akteuren im EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (FRP) sowie den Förderprogrammen Europäische Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technologie (COST) und Eurostars. Auch an der multilateralen europäischen FuE-Initiative EUREKA und kooperativen Forschungsinfrastrukturen, wie der Europäischen Organisation für Kernforschung, dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie und der Europäischen Spallationsquelle, ist Deutschland maßgeblich beteiligt. 2014 veröffentlichte es als erstes Land eine Strategie für die Teilnahme am Europäischen Forschungsraum mit 40 konkreten nationalen Maßnahmen. Deutschland ist ein wichtiger Akteur der Europa-2020-Strategie und des Europäischen Semesters, mit denen Aspekte der Wirtschaftspolitik der EU koordiniert werden. Darüber hinaus weist Deutschland sowohl die größte Zahl an Beteiligungen als auch den höchsten Anteil an EU-Fördermitteln im Rahmen von Horizont 2020 auf. Wegen des wettbewerblichen Charakters des Forschungsrahmenprogramms erhalten die forschungsstärksten nationalen FuE-Akteure meist auch den größten Anteil an FRP-Mitteln. Deutschlands hoher Anteil lässt darauf schließen, dass zwischen den FuE-Schwerpunkten auf nationaler und auf EU-Ebene erhebliche Übereinstimmung besteht. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, die Fraunhofer-Gesellschaft und die Max-Planck-Gesellschaft zählen in der Regel zu den größten Nutznießern von Mitteln aus dem Rahmenprogramm. Die Fraunhofer-Gesellschaft verfügt im Allgemeinen über das größte Kollaborationsnetzwerk innerhalb des Programms und vernetzt somit die deutsche Forschung mit mehr FuE-Akteuren aus anderen EU-Ländern als jede andere Forschungseinrichtung.
Deutschland hat die Möglichkeit, eine einflussreiche Rolle bei zukünftigen Transformationsprozessen auf EU-Ebene zu spielen; zugleich ist die Europäische Union ausschlaggebend für den zukünftigen Erfolg des deutschen Innovationssystems. Einige der technologischen Kompetenzen, die notwendig sind, um die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu sichern – wie z. B. die Dekarbonisierung der Industrie durch wasserstoffbasierte Energieerzeugung –, erfordern mehr Investitionen, Forschungskapazitäten und Kommerzialisierungsanstrengungen, als einzelne Länder alleine aufbringen können. Deutschland kann eine Führungsrolle bei der Steuerung transnationaler Initiativen übernehmen, die sowohl seiner eigenen Wirtschaft als auch anderen Volkswirtschaften zugutekommen. Da dringend Lösungen für Herausforderungen wie die ökologische Transformation gefunden werden müssen, könnte Deutschlands starke internationale Position genutzt werden, um die Entwicklung und Kommerzialisierung von Innovationen mit globaler Relevanz zu beschleunigen.
Die aktuelle deutsche Debatte über Technologiesouveränität konzentriert sich auf Schlüsseltechnologien, wie z. B. Halbleiter, KI, Kommunikationstechnologien der Zukunft, Cybersicherheit, Quantentechnologien und neue Werkstoffe. Diese profitierten von EU-weiten Innovationsanstrengungen, die mit dem EU-Rahmenprogramm von 1985 angestoßen wurden. Eine zentrale Frage für die deutsche Politik besteht darin, ob Deutschland die Entwicklung und den Kapazitätsaufbau in diesen Schlüsseltechnologien auf nationaler oder auf europäischer Ebene verfolgen sollte. Angesichts des globalen Charakters dieser Technologien ist erfahrungsgemäß ein europäischer Ansatz geboten. Da der Erfolg auf der nationalen und der europäischen Ebene aber eng miteinander verknüpft sind, hängt Deutschlands Leistungsfähigkeit auf EU-Ebene maßgeblich von seinen nationalen Stärken ab. Diese beiden Ebenen schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen einander. Deutschland hat sich bereits früher an Initiativen auf EU-Ebene beteiligt, die auf eine Stärkung der europäischen Souveränität abzielten. Die konkrete Ausgestaltung des Forschungsrahmenprogramms orientiert sich seit seiner Einführung 1985 am Subsidiaritätsprinzip4. Demnach fördert das Rahmenprogramm nur Forschungsarbeiten, die sich aufgrund ihres Umfangs besser auf europäischer Ebene als auf nationaler Ebene bewältigen lassen. So halfen beispielsweise das Europäische Strategische Programm für Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Informationstechnologie (ESPRIT) und das Programm Forschung und Entwicklung im Bereich der fortgeschrittenen Kommunikationstechnologien für Europa (RACE), europäische Kapazitäten in den von den USA und Japan dominierten Bereichen Halbleiter und Telekommunikationstechnologien zu sichern, um Europas Unabhängigkeit bei der Beschaffung dieser Technologien zu gewährleisten (bei der Förderung der europäischen Computerindustrie war das FRP dagegen weit weniger erfolgreich).
Um die europäische Wirtschaft nach der Covid-19-Pandemie zu stärken, legte die Europäische Kommission kürzlich überarbeitete Regeln für ein weiteres Kooperationsinstrument außerhalb des FRP vor, die sogenannten wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI). Dabei handelt es sich um grenzüberschreitende Gemeinschaftsprojekte der Industrie und mehrerer Mitgliedstaaten, für die die Beihilfevorschriften der EU gelockert wurden. Dadurch können hohe Subventionen für Investitionen in Fertigungs- und andere der Forschung und Entwicklung nachgelagerte Aktivitäten gewährt werden. Zu den bereits gestarteten IPCEI zählen Projekte in Bereichen wie der Batteriewertschöpfungskette, Mikroelektronik, Wasserstoff, Cloud-Computing und Datenspeicherung sowie Gesundheitstechnologien. Deutschland ist an den laufenden IPCEI maßgeblich beteiligt, da die abgedeckten Bereiche von erheblicher wirtschaftlicher und technologischer Bedeutung für die deutsche Wirtschaft sind. IPCEI sollen die Beschäftigung, das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit in der Europäischen Union fördern und die strategische Autonomie der EU stärken, indem sie Markt- oder Systemversagen oder gesellschaftliche Herausforderungen adressieren. Ihre Governance ist jedoch auf EU-Ebene nicht genau geregelt und nicht transparent. Die Liberalisierung des Beihilferechts für die IPCEI ermöglicht es den Mitgliedstaaten auch, miteinander in Wettbewerb zu treten, indem sie beispielsweise durch Subventionen Anreize für Unternehmen schaffen, Produktionsstätten auf ihrem Staatsgebiet zu errichten. Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) stellen für Deutschland daher entscheidende Möglichkeiten dar, seine WTI- und Industriepolitik auf EU-Ebene auszuweiten5 und von den daraus resultierenden Skalenvorteilen und der kollektiven wirtschaftlichen Stärke zu profitieren. Der Beitrag dieser Aktivitäten zur Verwirklichung gesellschaftlicher Zielsetzungen könnte jedoch erhöht werden, z. B. durch die Förderung einer ökologisch nachhaltigeren Entwicklung.
Darüber hinaus können mehrere EU-weite Instrumente dazu beitragen, das deutsche WTI-Ökosystem zu stärken. In den letzten Jahren wurde das Forschungsrahmenprogramm auf ÖPP ausgeweitet. Horizont 2020 umfasst zwei Arten von ÖPP: „Gemeinsame Unternehmen“, an denen die Europäische Kommission, Industrievereinigungen und Unternehmen beteiligt sind, sowie „Gemeinsame Technologieinitiativen“, d. h. industriegetriebene Plattformen zur Umsetzung gemeinsamer FuE-Pläne.6 Deutschland wirkt an beiden in erheblichem Umfang mit. Eine Schwierigkeit besteht jedoch darin, eine Form von Governance zu entwickeln, die gewährleistet, dass diese Partnerschaften sowohl im öffentlichen als auch im privatwirtschaftlichen Interesse handeln (Luukkonen, Arnold und Martínez Riera, 2016[18]).
Neben seiner europäischen Führungsrolle engagiert sich Deutschland als Teil seiner Außenwissenschaftspolitik in zahlreichen bilateralen Kooperationsinitiativen. Es hat sich jedoch verpflichtet, mehr multilaterale Formate zu fördern, z. B. durch die Veranstaltung eines regelmäßigen Treffens der Wissenschafts- und Forschungsminister im Rahmen der G7, das erstmals 2015 in Deutschland stattfand. 2013 richtete Deutschland das Treffen des neu geschaffenen Global Research Council aus (BMBF, 2017[19]). Deutschland beteiligt sich aktiv an internationalen WTI-Kollaborationsinitiativen und internationalen Organisationen. In der OECD wirkt Deutschland im Ausschuss für Wissenschafts- und Technologiepolitik und den zugehörigen Arbeitsgruppen sowie im Global Science Forum mit. Im Rahmen der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) ist vor allem Deutschlands Engagement für das Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung (2015–2019) hervorzuheben. Darüber hinaus fördert die Bundesrepublik die berufliche Bildung durch das in Deutschland ansässige Internationale Zentrum für Berufsbildung der UNESCO (UNESCO-UNEVOC) und war von 2016 bis 2020 gewähltes Mitglied der Kommission der Vereinten Nationen für Wissenschaft und Technologie im Dienste der Entwicklung.
Literaturverzeichnis
[16] BMBF (2018), Forschung und Innovation für die Menschen – Die Hightech-Strategie 2025, BMBF, Berlin, https://www.hightech-strategie.de/SharedDocs/Publikationen/de/hightech/pdf/forschung-und-innovation-fuer-die-menschen.pdf?__blob=publicationFile&v=4.
[19] BMBF (2017), Internationalisierung von Bildung, Forschung und Wissenschaft – Strategie der Bundesregierung, BMBF, Berlin, https://www.bmbf.de/SharedDocs/Publikationen/de/bmbf/2/31254_Internationalisierungsstrategie.pdf;jsessionid=9D2C80C76B528B050230202EDE0DD555.live091?__blob=publicationFile&v=3.
[15] BMBF (2014), Die neue Hightech-Strategie – Innovationen für Deutschland, BMBF, Berlin, https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/downloads/upload_filestore/pub_hts/hts_broschure_web.pdf?__blob=publicationFile&v=1.
[14] BMWi (2020), Die Nationale Wasserstoffstrategie, BMWi, Berlin, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/die-nationale-wasserstoffstrategie.pdf.
[13] BMWi (2020), Klima schützen & Wirtschaft stärken – Vorschlag für eine Allianz von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat für Klimaneutralität und Wohlstand, BMWi, Berlin, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Wirtschaft/klima-schuetzen-wirtschaft-staerken.pdf?__blob=publicationFile&v=30.
[12] BMWi (2019), Industriestrategie 2030 – Leitlinien für eine deutsche und europäische Industriepolitik, BMWi, Berlin, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Industrie/industriestrategie-2030.pdf?__blob=publicationFile&v=20.
[10] Boetius, A. et al. (2020), „Nachhaltigkeit im Innovationssystem“, Impulspapier, Hightech-Forum, Berlin, https://www.hightech-forum.de/publication/nachhaltigkeit/.
[8] Edler, J. et al. (2021), „Dimensions of systems and transformations: Towards an integrated framework for system transformations“, Working Paper Sustainability and Innovation, No. S 03/2021, Fraunhofer ISI, Karlsruhe, https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/sustainability-innovation/2021/WP-03-2021_Dimensions_of_systems_and_transformations.pdf.
[5] Edler, J. und S. Kuhlmann (2008), „Coordination within fragmentation: governance inknowledgepolicy in theGermanfederalsystem“, Science and Public Policy, Vol. 35/4, S. 265–276, https://doi.org/10.3152/030234208X310329.
[11] EFI (2021), Gutachten 2021 (Kurzfassung), Expertenkommission Forschung und Innovation, Berlin, https://www.e-fi.de/fileadmin/Assets/Gutachten/2021/EFI_Kurzfassung_2021.pdf.
[4] Finnish Government (2021), „Parliamentary RDI Working Group proposes legislative act to increase funding for research and development“, Pressemitteilung, 17. Dezember, https://valtioneuvosto.fi/en/-//10616/parliamentary-rdi-working-group-proposes-legislative-act-to-increase-funding-for-research-and-development.
[6] Förderberatung des Bundes (o. J.), „Projektträger in der Forschungsförderung“, https://www.foerderinfo.bund.de/foerderinfo/de/beratung/projekttraeger/projekttraeger_node.html.
[18] Luukkonen, T., E. Arnold und C. Martínez Riera (2016), Mutual Learing Exercise: Evaluation of Complex PPP Programmes in STI, Europäische Kommission, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, https://doi.org/10.2777/085212.
[17] Mazzucato, M. (2018), „Mission-orientated innovation policies: challenges and opportunities“, Industrial and Corporate Change, Vol. 27/5, S. 803–815, https://doi.org/10.1093/icc/dty034.
[3] OECD (2017), OECD Reviews of Innovation Policy: Finland, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/9789264276369-en.
[1] OECD (2009), Chile’s National Innovation Council for Competitiveness: Interim Assessment and Outlook, OECD, Paris, http://www.cincel.cl/documentos/Recursos/CHILE_COUNCIL_FINAL.pdf.
[9] Rogge, K. und R. Kristin (2016), „Policy mixes for sustainability transitions: An extended concept and framework for analysis“, Research Policy, Vol. 45/8, S. 1620–1635, https://doi.org/10.1016/j.respol.2016.04.004.
[2] Schwaag-Serger, S., E. Wise und E. Arnold (2015), „National Research & Innovation Councils as an Instrument of Innovation Governance“, VINNOVA Analysis, No. VA 2015:7, VINNOVA, Stockholm, https://www.vinnova.se/contentassets/4da13cc174a448d1a3f0b816c6b74366/va_15_07t.pdf.
[7] Walz, R. et al. (2019), Ökologische Innovationspolitik in Deutschland – Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau, http://httpshttps://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-05-29_texte_01-2019_oekologische-innovationspolitik_v2.pdf.
Anmerkungen
← 1. Entstanden 1994 durch die Zusammenlegung des früheren Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), das für Grundlagenforschung und akademische Forschung zuständig war, mit dem Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT), das sich stärker auf angewandte und industrielle Forschung konzentrierte und die Tradition der Technologieprogramme begründete.
← 2. Von 2005 bis 2013 hieß es Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und danach bis 2021 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi).
← 3. Unter der neuen Bundesregierung liegt die Zuständigkeit für die nationale Klimapolitik seit Dezember 2021 beim BMWK, das (neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung) auch für die WTI-Politik mitverantwortlich ist.
← 4. Dies ist in den sogenannten Riesenhuber-Kriterien (benannt nach dem damaligen deutschen Forschungsminister) verankert, auf denen die Auswahl der spezifischen Programme des FRP beruht. Die Kriterienliste wurde später erweitert, u. a. mit der Gründung des Europäischen Forschungsrats.
← 5. Eine weitere Chance bietet das deutsch-französische Projekt GAIA-X zur Errichtung einer leistungsfähigen Cloud-Infrastruktur, die nach europäischen Regeln verwaltet wird. Allerdings könnte es hierbei noch schwieriger sein, eine Governance im öffentlichen Interesse zu gewährleisten, da es sich nicht um ein EU-Projekt handelt.
← 6. Eine frühere Form von ÖPP – vertragliche ÖPP (c-PPP), von denen es insgesamt zehn gab – wurde 2020 abgeschafft.