Die Fähigkeit einer Volkswirtschaft, das Wohnungsangebot mit der Wohnungsnachfrage in Einklang zu bringen, ist entscheidend, um übertriebene Preis- und Mietsteigerungen zu verhindern, die makroökonomische Stabilität zu sichern und die Wohnmobilität zu fördern. Dieses Kapitel befasst sich mit den grundlegenden Bestimmungsfaktoren von Wohnungsangebot und‑nachfrage, um zu untersuchen, welche Bedeutung wohnungspolitischen Maßnahmen bei der Sicherung von bezahlbarem Wohnraum zukommt. Simulationen veranschaulichen die Vorteile, mit denen zu rechnen ist, wenn die Regulierung des Mietwohnungsmarkts, die Immobilienbesteuerung und die Entscheidungsstrukturen im Bereich der Flächennutzungspolitik an der jeweiligen Best Practice ausgerichtet werden. Das Kapitel schließt mit einer Erörterung der möglichen Risiken und Chancen, die die aktuelle – durch die Coronakrise beschleunigte – Entwicklung hin zu Smart Cities, Zersiedelung und Dekarbonisierung im Hinblick auf die Bezahlbarkeit von Wohnraum mit sich bringt.
Stein auf Stein
4. Die Effizienz des Wohnungsmarkts steigern
Abstract
Wichtigste Erkenntnisse
In vielen OECD-Ländern sind die Wohnimmobilienpreise in den letzten Jahrzehnten rascher gestiegen als die Einkommen. Dadurch wurde Wohnraum immer weniger erschwinglich. Zudem erfordern die vereinbarten Klimaziele, dass die Treibhausgasemissionen des Gebäudesektors gesenkt werden. Daher müssen Wohngebäude heute anders gebaut, beheizt, gekühlt und mit Strom versorgt werden als bislang. Gleichzeitig führen der digitale Wandel und insbesondere die neuen Plattformen für kurzzeitige Wohnungsvermietungen zu Veränderungen in der Nutzung des Wohnungsbestands. Diese verschiedenen Trends werfen Fragen für die Zukunft des Wohnens auf.
Es gibt Möglichkeiten zur Reform der Wohnungspolitik, die den Wohnungsmarkt effizienter machen können:
Die Abschaffung von Steuererleichterungen für Hypothekenzinsen würde Wohneigentum im Vergleich zu anderen Optionen weniger attraktiv machen und somit den Preissteigerungsdruck verringern: Bei Wegfall dieser steuerlichen Vergünstigungen könnten sich die durchschnittlichen Wohnimmobilienpreise in mehreren Ländern in einem Umfang verringern, der dem durchschnittlichen verfügbaren Haushaltseinkommen von mehr als zwei Jahren entspräche.
Würden die Entscheidungen im Bereich der Flächennutzung stärker dezentralisiert und Zuständigkeitsüberschneidungen vermieden, könnte das Wohnungsangebot elastischer auf die Wohnungsnachfrage reagieren. Dadurch könnten sich die durchschnittlichen Wohnimmobilienpreise in einigen Ländern um eine Summe verringern, die dem durchschnittlichen verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte von mehr als einem halben Jahr entspräche.
Eine Lockerung der mietrechtlichen Bestimmungen in Gegenden mit flexiblen Flächennutzungsvorschriften würde Anreize für Wohnungsbauinvestitionen schaffen, das Angebot erhöhen und den Anstieg der Wohnimmobilienpreise im Verhältnis zu den Einkommen bremsen.
Die erforderliche tiefgreifende energetische Sanierung des Wohnungsbestands dürfte mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden sein. Es ist wichtig, dass die politischen Rahmenbedingungen flexible Angebotsanpassungen ermöglichen, damit diese Kosten nicht noch höher werden.
Bezahlbaren Wohnraum sichern
Steigende Wohnungspreise schaffen sozioökonomische Herausforderungen
In vielen Ländern sind die Wohnimmobilienpreise in den vergangenen zwanzig Jahren rascher gestiegen als die Einkommen (Abbildung 4.1). Dies kontrastiert mit den Entwicklungen der Vergangenheit: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Preise für Wohnraum in vielen europäischen Ländern zwar schneller gestiegen als die Einkommen, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts deckte sich ihr Anstieg jedoch weitgehend mit dem Wachstum der realen Baukosten bzw. lag teilweise sogar darunter. Wegen der massiven Zerstörung von Wohnraum während des 2. Weltkriegs und der steigenden Nachfrage durch die geburtenstarken Jahrgänge begannen die realen Wohnungspreise in der Nachkriegszeit wieder zu klettern. Ab Mitte der 1980er Jahre wurde – außer in Japan und Deutschland, wo kein demografischer Druck bestand – dann eine drastische Beschleunigung des Anstiegs der Wohnimmobilienpreise verzeichnet. Das historisch tiefe Niveau der realen Zinsen federt den Effekt dieser Entwicklung auf die Bezahlbarkeit von Wohnraum ab, in den meisten Ländern allerdings nur teilweise (Kapitel 1 und 2).
Hinter den durchschnittlichen Wohnungspreisen können sich erhebliche regionale Unterschiede verbergen. Abbildung 1.6 veranschaulicht, wie sehr die Wohnungspreise innerhalb einzelner Länder abweichen können. Eine neuere Studie zeigt verschiedene natürliche und menschengemachte Hindernisse für die Bautätigkeit auf (Bétin und Ziemann, 2019[2]). In Gegenden mit starker Wohnungsnachfrage kommen diese Hindernisse deutlicher zum Tragen und treiben die Wohnimmobilienpreise in die Höhe. Solche unterschiedlichen Preiseffekte sind auch innerhalb einzelner Regionen festzustellen, z. B. zwischen stark nachgefragten innerstädtischen Lagen und Orten im weiteren Einzugsgebiet der betreffenden Städte. Diese Unterschiede können Gräben entstehen lassen: auf der einen Seite jene, die sich Wohnraum nahe der Zentren des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Geschehens leisten können – auf der anderen die, für die solcher Wohnraum unerschwinglich ist. Eine solche Wohnsegregation hat schwere Folgen für die heutigen und die künftigen Generationen, da sie zu Chancenungleichheit führt und die intergenerationelle Mobilität schmälert.
Eine Möglichkeit, den Grad dieser Segregation zu messen, ist der Vergleich der täglichen Fahrzeit der privilegierteren Bevölkerungsgruppen, die sich Wohnraum in der Nähe gut bezahlter Arbeitsplätze leisten können, mit der Fahrzeit der weniger Privilegierten, die einen weiten Weg auf sich nehmen müssen, um von ihrer Wohnung zum Arbeitsplatz zu gelangen. Das Problem bei diesem Vergleich ist, dass der Zusammenhang zwischen Fahrzeit und Segregation nichtlinear und vielschichtig sein dürfte. Geringe durchschnittliche Fahrzeiten können auch ein Zeichen großer sozialer Gräben sein, z. B. wenn Menschen, die in benachteiligten Wohngegenden leben, aufgrund unzureichender öffentlicher Verkehrsverbindungen oder soziodemografischer Hindernisse von vornherein keinen Zugang zu gut bezahlten Arbeitsplätzen haben. Dennoch drücken sich in den durchschnittlichen Fahrzeiten Ineffizienzen in der räumlichen Verteilung von Wohnungsangebot und Wohnungsnachfrage aus. Daher sind sie eine gute Messgröße dafür, wie schwierig es für viele Menschen – häufig aufgrund zu hoher Preise – ist, Wohnraum in der Nähe der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zentren zu finden. Abbildung 4.2 zeigt, dass die durchschnittlichen Fahrzeiten im Ländervergleich erheblich variieren – zwischen mehr als 50 Minuten täglich in Korea und weniger als 20 Minuten in Schweden.
Eine direktere Methode zur Messung der Segregation ist der Blick auf die Konzentration der Einkommensgruppen. Dazu wird die Bevölkerung städtischer Räume nach Einkommensniveau aufgeschlüsselt. Auf der Grundlage hochaufgelöster Daten zu den Einkommen der privaten Haushalte in zwölf Ländern hat die OECD einen entropiebasierten Segregationsindikator entwickelt, der die räumliche Verteilung von Haushalten mit unterschiedlichem Einkommensniveau innerhalb städtischer Räume misst (OECD, 2018[3]).1 Ein hohes Maß an Entropie ist Zeichen einer starken Segregation. Eine geringe Entropie deutet auf eine gleichmäßigere Verteilung der verschiedenen Einkommensgruppen innerhalb der städtischen Gebiete und folglich auf eine geringere Segregation hin. Abbildung 4.3 veranschaulicht die Streuung der Entropiewerte für städtische Räume in zwölf Ländern. Die Ergebnisse zeigen, dass städtische Räume, in denen – vor allem in den Stadtzentren – eine starke Wohnungsnachfrage mit Angebotsengpässen zusammentrifft, ein hohes Maß an Segregation aufweisen (so z. B. Paris und Brasilia), während Städte, deren Entwicklung stärker in Richtung Zersiedlung als Verdichtung ging, durch eine geringere Segregation gekennzeichnet sind (wie etwa Auckland).
Die politischen Rahmenbedingungen wirken sich auf Wohnungsnachfrage und Wohnungsangebot aus
Wohnungsmärkte sind lokale Märkte. Daraus könnte eigentlich geschlossen werden, dass auf nationaler Ebene beschlossene Maßnahmen weniger geeignet sind, ihre Effizienz zu steigern. Allerdings entwickelt sich die Effizienz der Wohnungsmärkte offenbar im Einklang mit den nationalen Trends, da die regionalen Angebotselastizitäten positiv mit den nationalen Angebotselastizitäten korrelieren (Bétin und Ziemann, 2019[2]). Dies deckt sich mit Befunden, denen zufolge nationale Maßnahmen durchaus Auswirkungen auf die Effizienz der Wohnungsmärkte haben. In diesem Kapitel wird der Effekt der Wohnungspolitik auf die Wohnimmobilienpreise anhand eines Stock-Flow-Modells untersucht. Dabei wird analysiert, wie Politikmaßnahmen den Zusammenhang zwischen Wohnungsnachfrage und Wohnungsangebot beeinflussen. Ausgehend davon werden dann mehrere Zukunftsszenarien aufgestellt.
Das empirische Rahmenkonzept der Szenarien stützt sich auf zwei neuere OECD-Studien, in denen Nachfrage- und Angebotselastizitäten für nationale und regionale Wohnungsmärkte in einer Gruppe von OECD-Ländern ermittelt wurden (Bétin und Ziemann, 2019[2]; Cavalleri, Cournède und Özsöğüt, 2019[4]). In diesem Nachfrage-Angebot-Modell führen Veränderungen der demografischen Struktur, der Pro-Kopf-Einkommen oder der realen Zinsen zu Veränderungen der Wohnungsnachfrage, die wiederum Auswirkungen auf die Wohnimmobilienpreise haben. Das hat dann zur Folge, dass das Wohnungsangebot entsprechend den Preissignalen und den Baukosten angepasst wird. Die Einkommenselastizitäten der Wohnimmobilienpreise und die Preiselastizitäten des Wohnungsbaus bestimmen zusammen, in welchem Umfang sich eine Nachfrageänderung in den Preisen und der Bautätigkeit niederschlägt. Der Wohnungsbestand ist vom Werteverzehr abhängig, der für den Wohngebäudebestand geringer ist als für andere Kapitalformen und für Neubauten. Die daraus resultierenden Veränderungen des Wohnungskapitals schlagen sich dann wieder in den Wohnimmobilienpreisen nieder.
Die Bezahlbarkeit von Wohnraum ist somit von der Fähigkeit der Wohnungswirtschaft abhängig, den Nachfragedruck durch den Bau neuer Wohnungen und die Sanierung des Wohnungsbestands im Einklang mit neuen Qualitätsanforderungen aufzufangen. Politisch Verantwortliche sehen sich mit einem komplexen Wirkungsgeflecht verschiedener Bestimmungsfaktoren der Wohnungsnachfrage, institutioneller Rahmenbedingungen und wohnungspolitischer Maßnahmen konfrontiert. Es gibt effektiv reichlich Belege dafür, dass viele wohnungspolitische Maßnahmen deutliche Auswirkungen auf die Effizienz und Funktionsweise der Wohnungsmärkte haben. Beispielsweise hat sich gezeigt, dass eine Abschaffung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinszahlungen eine Verlangsamung des Wohnungspreisanstiegs, eine Verringerung des Wohnungsbestands, eine Zunahme des Wohneigentums, einen Rückgang der Hypothekenverschuldung sowie positive Wohlfahrtseffekte nach sich zieht (Sommer und Sullivan, 2018[5]; Alpanda und Zubairy, 2016[6]; U.S. Council of Economic Advisers, 2017[7]). Neuere Studien bestätigen dies und zeigen, dass ein höherer effektiver Grenzsteuersatz auf Wohnimmobilien die Einkommenselastizität der Wohnungspreise verringert (Cavalleri, Cournède und Özsöğüt, 2019[4]). Eine Verringerung der einkommenssteuerlichen Vergünstigungen für den Kauf von Wohneigentum hat somit den Vorteil, die Auswirkungen eines Anstiegs der Nachfrage auf die Wohnungspreise zu mildern.
Eine weitere Möglichkeit, die Effizienz des Wohnungsmarkts zu steigern, sind Reformen der Flächennutzungspolitik. In diesem Bereich bestehen große Unterschiede zwischen den OECD-Ländern (OECD, 2017[8]). Eine starke Dezentralisierung der diesbezüglichen Entscheidungen ist zumeist mit strengeren Regelungen für die Siedlungsentwicklung assoziiert. Dies steht mit der Homevoter-Hypothese im Einklang, der zufolge Wohneigentümer*innen über ihr Wahlverhalten Druck auf die Lokalpolitiker*innen ausüben, den Wert ihrer Wohnungsbauinvestition zu schützen, indem sie die Erschließung von neuem Bauland begrenzen (Fischel, 2001[9]; Gyourko und Molloy, 2015[10]). Eine Koordinierung auf einer höheren Verwaltungsebene, z. B. auf Ebene der Metropolräume, fördert hingegen die städtische Verdichtung, indem sie die Zersiedelung und die Umwandlung von Grünland in Bauland begrenzt (Ahrend, Gamper und Schumann, 2014[11]). Zuständigkeitsüberschneidungen sind demgegenüber mit strengeren Bestimmungen und Verzögerungen verbunden, da verschiedene Verwaltungsebenen gegen Bauprojekte votieren können und der politische Druck zunimmt (Gyourko, Saiz und Summers, 2008[12]).
Wo die Flächennutzungsvorschriften den Bau neuer Wohnungen gestatten, kann eine strenge Regulierung des Mietwohnungsmarkts ihn behindern, indem sie die Anreize für Investitionen in Mietwohnungen verringert. Dies liegt daran, dass Mietpreisbegrenzungen die Mieteinnahmen schmälern und ein strenger Kündigungsschutz den Verkauf von vermieteten Eigentumswohnungen erschwert (Kholodilin und Kohl, 2020[13]). Laut Schätzungen von Diamond, McQuade und Qian (2019[14]) verringert die in San Francisco geltende Mietpreisbegrenzung das Wohnungsangebot um 15 Prozentpunkte. Cavalleri, Cournède und Özsöğüt (2019[4]) stellen fest, dass die Elastizität der Wohnungspreise im Fall strenger mietrechtlicher Bestimmungen wesentlich geringer ist. Auf lange Sicht behindern höhere Wohnimmobilienpreise und ein unzureichendes Angebot dann den Zugang zu Wohneigentum und lassen sowohl die Mieten als auch die Wohnimmobilienpreise steigen. Dies dürfte die kurzfristigen Vorteile, die Mietpreisbegrenzungen für einkommensschwache Mieter*innen bringen, wieder zunichtemachen. Eine Lockerung des Mieterschutzes ist jedoch mit dem Risiko häufigerer Zwangsräumungen verbunden, womit die Wahrscheinlichkeit ungünstiger Entwicklungen – einschließlich Wohnungslosigkeit – für Mieter*innen wächst (Kenna et al., 2016[15]). In Ländern mit eher liberalen mietrechtlichen Bestimmungen, wie den Vereinigten Staaten und Kanada, kommt es deutlich häufiger zu Räumungsklagen und Räumungsbefehlen als in Ländern mit strengeren Regelungen (vgl. Indicator HC3.3 in OECD (o. J.[16])).
Die Wohnungspolitik unterscheidet sich stark im Ländervergleich
Die in diesem Kapitel vorgestellten Forschungsarbeiten beruhen auf neu entwickelten Indizes zu den Entscheidungsstrukturen der Flächennutzungspolitik (Cavalleri, Cournède und Özsöğüt, 2019[4]) sowie zur Stärke der Mietpreisbegrenzung. Diese Indizes wurden ausgehend vom OECD-Fragebogen zu bezahlbarem Wohnraum und sozialem Wohnungsbau (2019) (OECD Questionnaire on Affordable and Social Housing – QuASH) erstellt. Der Indikator zur Flächennutzungspolitik beurteilt die Verteilung der Zuständigkeiten für Flächennutzungsentscheidungen zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen. Höhere Werte stehen für stärkere Überscheidungen (wenn verschiedene Ebenen ähnliche Zuständigkeiten haben) und/oder eine stärkere Fragmentierung (wenn die Entscheidungsbefugnisse auf verschiedene Kommunen oder Bezirke verteilt sind, anstatt auf Metropolebene integriert zu sein). Der Index der Mietpreisbegrenzung misst die Stärke der geltenden Beschränkungen der Miethöhe bei Neuvermietungen, für Mieterhöhungen und für die Überwälzung von Kosten (z. B. von Renovierungsarbeiten) auf die Mieter*innen. Abbildung 4.4 stellt diese Indikatoren für die 27 Länder dar, für die entsprechende Werte vorliegen.
Die Wohnungsnachfrage wird in den meisten Ländern weiter deutlich steigen
Aus den langfristigen Wirtschaftsprojektionen der OECD können wesentliche Bestimmungsfaktoren der Wohnungsnachfrage wie Hypothekenzinsen, Bevölkerungsdynamik und reale verfügbare Einkommen abgeleitet werden. Abbildung 4.5 zeigt deren vergangene und erwartete künftige Entwicklung. Diese Faktoren gelten in dem Modell, mit dem die Projektionen für die Wohnungsbauinvestitionen und die Wohnimmobilienpreise erstellt werden, als exogen (wegen einer vollständigen Präsentation des Modells, vgl. (Cournède, De Pace und Ziemann, 2020[19])). Das Modell wird anhand von Beobachtungen der Wohnimmobilienpreise, der Wohnungsbauinvestitionen, des Wohnungsbestands, exogener Variablen und Politikmaßnahmen im Betrachtungszeitraum 1990–2018 kalibriert.
Die Projektionen werden durch Iteration der Gleichungen für Wohnungspreise, Wohnungsbauinvestitionen und Wohnungsbestand erstellt (Cavalleri, Cournède und Özsöğüt, 2019[4]). Im Basisszenario, das von gleichbleibenden politischen Rahmenbedingungen im Verlauf des Projektionszeitraums ausgeht, kommt es in Luxemburg und Schweden zu einem starken Anstieg der Wohnimmobilienpreise im Verhältnis zu den Einkommen. Ein solcher Anstieg wird auch in Australien, Neuseeland, Dänemark, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich verzeichnet, dort fällt er allerdings geringer aus (Abbildung 4.6). In Schweden, Dänemark und den Niederlanden ist der effektive Grenzsteuersatz auf Wohnimmobilienvermögen (Abbildung 4.4) am niedrigsten, wodurch sich die Einkommenselastizität der Wohnungspreise erhöht. Im Vereinigten Königreich und Neuseeland verringern Flächennutzungsbestimmungen die Angebotselastizität und schwächen so die Reaktionskette, über die höhere Preise über mehr Bautätigkeit wieder zu einer verhalteneren Preisentwicklung führen. Australien, Luxemburg und Schweden sind die Länder, in denen im Projektionszeitraum das dynamischste Bevölkerungswachstum erwartet wird (Abbildung 4.5). In mehreren anderen Ländern wie Lettland, Portugal, Polen, Japan oder Italien dürfte der Preissteigerungsdruck hingegen abnehmen, hauptsächlich aufgrund einer schrumpfenden Bevölkerung.
Aus der Wohnungspolitik anderer Länder lernen
Das obige Modell ist hilfreich, um den Effekt von Politikreformen auf die Wohnungsbautätigkeit und die Wohnimmobilienpreise zu messen. Es ermöglicht die Erstellung alternativer Szenarien, die auf der Annahme basieren, dass die Politikverantwortlichen Reformen durchführen, um die Rahmenbedingungen in ihrem Land an der internationalen Best Practice für effiziente Wohnungsmärkte auszurichten. In Bezug auf Flächennutzung und Mietpreisbegrenzung bedeutet dies, dass die Länder die drittflexibelsten Regelungen übernehmen. Im Steuerszenario wird unterstellt, dass die Länder die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für Hypothekenzinsen abschaffen, die der Hauptgrund für die im Ländervergleich unterschiedliche Grenzsteuerbelastung von Wohnimmobilien sind. Der effektive Grenzsteuersatz auf Wohnimmobilien würde im Fall einer solchen Änderung in allen Ländern positiv, in denen er aktuell negativ ist. In Kasten 4.1 sind erfolgreiche Beispiele solcher Reformen beschrieben.
Abbildung 4.7 veranschaulicht den geschätzten Effekt einer Ausrichtung an der Best Practice auf das Preis-Einkommen-Verhältnis bis 2050. Die deutlichsten Verbesserungen werden demnach in den Niederlanden und Schweden in den Szenarien mit Abschaffung der Steuervergünstigungen für Hypothekenzinsen erzielt. Dadurch verringern sich die Wohnungspreise, da sie weniger stark auf Einkommensveränderungen reagieren. Im Szenario für Schweden verringert sich die Zahl der kumulierten Haushaltsjahreseinkommen, die durchschnittlich zum Erwerb einer 100m2-Wohnung erforderlich sind, um mehr als sechs. Dies hat erhebliche positive Auswirkungen auf die Teilhabe: Der prozentuale Anteil der Bevölkerung, dessen verfügbares Einkommen im Jahr 2050 mehr als einem Fünfzehntel des Durchschnittspreises einer 100m2-Wohnung entspricht, steigt nach Abschaffung der Steuererleichterung auf 55 % (im Vergleich zu 20 % im Szenario mit gleichbleibender Politik). Auf kurze Sicht wird der Erwerb von Wohneigentum durch die Abschaffung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen für Haushalte der Mittelschicht aufgrund der direkten Auswirkungen auf ihre finanziellen Möglichkeiten schwieriger. Infolge der in den Simulationen dargestellten Mechanismen lässt dieser Effekt jedoch im Zeitverlauf nach und kehrt sich dann um, weil die Wohnimmobilienpreise niedriger werden, als sie ohne die Politikänderung wären, vor allem in Ländern mit rigiderem Wohnungsangebot.
Kasten 4.1. Beispiele erfolgreicher wohnungspolitischer Reformen
Deregulierung der Mietwohnungsmärkte (Finnland)
In Finnland wurde Anfang der 1990er Jahre mit der Deregulierung der Mieten begonnen. Dies war eine Reaktion auf die schwere Wirtschaftskrise dieser Zeit: Die Liberalisierung der stark regulierten Finanzmärkte hatte zu erheblichen Kapitalzuflüssen und einer Zunahme der Hypothekenfinanzierung geführt. Dadurch war es Anfang der 1990er Jahre zu einer Immobilienpreisblase, einer Bankenkrise und einer schweren Depression gekommen (vgl. auch Vartia, 2006). Die Regierung antwortete darauf u. a., indem sie 1991 die Mietpreisbegrenzung abschaffte. Dadurch entstand ein liberalisierter Markt, auf dem keine Beschränkungen für die Mietfestsetzung bei Neuvermietungen und für Mieterhöhungen mehr galten. Bei langfristigen Mietverhältnissen wird die Miete üblicherweise einmal jährlich angepasst. Der Umfang der Mieterhöhung muss im Mietvertrag geregelt sein, zumeist gilt dabei der Lebenshaltungskostenindex als Maßstab. Hinter dieser Reform stand das Bestreben, Anreize zur Erhöhung des Mietwohnungsangebots in Reaktion auf die Wirtschafts- und Wohnungsmarktkrise zu schaffen. Parallel zur Lockerung der Regulierung des Mietwohnungsmarkts wurden erhebliche Wohnungsbeihilfen für sozialschwache Haushalte eingeführt. Finnland ist das OECD-Land mit den zweithöchsten Ausgaben für Wohnungsbeihilfen. Bei 10 % des gesamten Wohnungsbestands handelt es sich zudem um Sozialwohnungen.
Quelle: De Boer und Bitetti (2014[21]).
Straffung der Strukturen der Flächennutzungspolitik (Israel)
Die große Neuausrichtung der Mechanismen der israelischen Flächennutzungspolitik ist ein erstklassiges Beispiel dafür, wie das Wohnungsangebot durch eine Lockerung der Regulierung erhöht werden kann. Stark steigende Einwohnerzahlen und ein unzureichendes Wohnungsangebot ließen in Israel die Wohnimmobilienpreise in die Höhe schnellen und lösten eine schwere Wohnungskrise aus. Dies veranlasste die israelische Regierung dazu, eine Reihe von Reformen zu verabschieden, mit denen die Verfahren für Bebauungsentscheidungen gestrafft und Hindernisse für den Wohnungsbau beseitigt wurden. Dazu wurde ein Wohnungsbauausschuss geschaffen, der die Aufsicht über sämtliche Wohnungsbaubehörden führt und deren Tätigkeit zentral steuert. Dies ermöglichte eine reibungslosere Kooperation und Koordination zwischen den zuständigen staatlichen Stellen. Dadurch konnten die durchschnittlichen Planungs- und Bauzeiten erheblich verkürzt werden. Die Regierung führte zudem starke Steueranreize für die Verdichtung und Sanierung bereits bebauter Gebiete ein.
Abschaffung der Steuererleichterungen für Hypothekenkredite (Niederlande)
2010 erreichte die Verschuldung der privaten Haushalte in den Niederlanden mit 128,5 % des BIP ein Allzeithoch. Hauptgrund war die rasche Expansion der Hypothekenkredite. Eine solche Situation ist riskant sowohl für die Kreditnehmer als auch für die Kreditgeber, da sie die Anfälligkeit der Volkswirtschaft und vor allem verschuldeter Haushalte gegenüber negativen Schocks erhöht. 2013 wurden Strukturreformen eingeführt, um die an den Wohnungsmarkt geknüpfte private Verschuldung aus mikro- und makroökonomischer Sicht zu senken und gleichzeitig das Vertrauen in den Wohnungsmarkt zu festigen (Stabilitätsprogramm der Niederlande, Aktualisierung von April 2012). Dabei wurde die steuerliche Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen auf Hypotheken beschränkt, die über eine Laufzeit von 30 Jahren vollständig getilgt werden. 2014 leitete die niederländische Regierung einen weiteren Reformschritt ein, mit dem die maximale Abzugsfähigkeit, die zu diesem Zeitpunkt noch bei 52 % lag, bis 2040 um 0,5 Prozentpunkte jährlich abgesenkt werden sollte. Dadurch sollte die private Verschuldung verringert und die Funktionsweise des Wohnungsmarkts verbessert werden (Stabilitätsprogramm der Niederlande, April 2013). 2017 beschloss eine neue Koalitionsregierung dann, diesen Prozess zu beschleunigen und den Satz ab 2020 um 3 Prozentpunkte jährlich von 49 % auf 37 % im Jahr 2023 zu reduzieren.
Die Simulationen zeigen auch, dass es für die langfristige Entwicklung der realen Wohnimmobilienpreise von Vorteil ist, die Mietpreisbegrenzungen zu lockern. Solche Lockerungen hätten für die schwedischen Haushalte auch die positivsten Effekte auf das Preis-Einkommen-Verhältnis: Zum Kauf einer 100m2-Wohnung wären dann durchschnittlich anderthalb Haushaltsjahreseinkommen weniger erforderlich. Wenn die Mietpreisregulierung so flexibel würde wie in Neuseeland, würde der Wohnungsbau den Simulationen zufolge um mehr als 20 % expandieren. Dadurch würde der Wohnungsbestand bis 2050 um etwa 11 % wachsen. Ein größeres Wohnungsangebot würde dann zu niedrigeren Preisen führen, womit Wohnraum erschwinglicher würde.
Strukturen der flächennutzungsbezogenen Entscheidungsfindung, die nachweislich ein flexibles Angebot fördern, scheinen ebenfalls sehr positive Effekte zu haben. In diesem Bereich besteht in Neuseeland das größte Potenzial, Wohnraum erschwinglicher zu machen: Würden die Entscheidungsbefugnisse für die Flächennutzung rationeller auf die verschiedenen staatlichen Ebenen verteilt, könnten Zuständigkeitsüberschneidungen vermieden werden. Außerdem könnte dadurch ein im Vergleich zu den nachgeordneten Ebenen hinreichend starker Einfluss der Metropolebene auf die Entscheidungen gewährleistet werden. In einem solchen Szenario würde sich der Anteil der Bevölkerung, dessen verfügbares Einkommen 2050 mindestens einem Fünfzehntel des Durchschnittspreises einer 100m2-Wohnung entspricht, auf 13 % ansteigen (im Vergleich zu 11 % im Basisszenario). Im „Szenario mit rationalisierter Flächennutzungspolitik“ sind die Wohnungsbauinvestitionen in Neuseeland 2050 um mehr als 11 % höher als im Basisszenario. Dies entspricht 7 % mehr Wohnungen.
Tiefgreifende gesellschaftliche, technologische und ökologische Veränderungen fördern
Durch die Coronapandemie bedingte strukturelle Verwerfungen verringern
Vor diesem Hintergrund können langfristige Anliegen einer effizienten Wohnungspolitik mit Maßnahmen in Konflikt geraten, die nach negativen Schocks wie der Coronapandemie zur Wirtschaftsstabilisierung erforderlich sind. Mehrere während der Pandemie ergriffene Maßnahmen, die wichtig waren, um Mieter*innen und Kreditnehmer*innen zu helfen und damit die wirtschaftliche Resilienz zu stärken, lassen auf mittlere Sicht schwierige Zielkonflikte entstehen (Abbildung 4.8). Werden Steuererleichterungen für Hypothekenkredite z. B. zu lange beibehalten, können sie sich in den Immobilienpreisen niederschlagen und so für Instabilität sorgen und Wohnraum schwerer bezahlbar machen. Mietpreisstopps verringern die Rendite von Wohnungsbauinvestitionen und können Ungewissheiten für die Wohnungsbaubranche schaffen. Dies kann zu einer Angebotsverringerung führen und letztlich Wohnraum gerade für diejenigen schwerer bezahlbar machen, die eigentlich von diesen Maßnahmen profitieren sollten. Direkte öffentliche Investitionen, z. B. in Form von mehr Kapitalausgaben für den sozialen Wohnungsbau, können sich in Kombination mit einer Übertragbarkeit der Ansprüche hingegen positiv auswirken – kurzfristig auf die Bezahlbarkeit von Wohnraum und langfristig auf das Angebot – und haben nur geringe Folgen für die Mobilität. Einige Städte haben öffentliche Investitionen getätigt oder Maßnahmen ergriffen, um das Angebot an angemessenem und bezahlbarem Wohnraum auszudehnen und benachteiligte Quartiere aufzuwerten (Kasten 4.2). Solche direkten Eingriffe in den Markt sind für den Staat zudem eine Möglichkeit, die Verbreitung ökologisch nachhaltiger Bautechniken zu fördern und zu beschleunigen.
Kasten 4.2. Beispiele für Maßnahmen zur Überwindung der Coronakrise auf kommunaler Ebene
Wien hat für die kommenden Jahre den Bau 7 neuer Gemeindebauten mit insgesamt 1 000 Wohnungen angekündigt. Die über ganz Wien verteilten Projekte sollen ein hochwertiges und bezahlbares Angebot in attraktiver Wohnumgebung schaffen. Vorgesehen sind dabei auch Fußgängerzonen, Grünanlagen sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen in Gehentfernung. Mit dem Bau soll 2022 begonnen werden.
Mexiko-Stadt wird 1 Mrd. USD investieren, um etwa 1 Million neue Arbeitsplätze im Baugewerbe entstehen zu lassen. Mit den Geldern sollen öffentliche Infrastrukturprojekte und Sozialwohnungen finanziert werden. Der Plan beinhaltet die Neuerschließung von 13 urbanen Korridoren durch Wohnungsbauprojekte – Sanierung und Bau neuer Sozialwohnungen – in Gegenden mit guter Verkehrsanbindung. Dabei sollen auch Mittel für Mobilitätsprojekte genutzt werden, die bereits vor der Krise angekündigt wurden, z. B. eine neue Schnellbuslinie und zwei Seilbahnlinien (Cablebús).
In Liverpool wurde ein 1,4 Mrd. GBP schwerer Sanierungsplan verabschiedet. Er beinhaltet den Bau von über 200 modularen Wohneinheiten und Community Centres sowie die Renovierung von 4 000 Wohnungen für sozialschwache Haushalte in besonders benachteiligten Quartieren, in denen auch das Coronarisiko am höchsten ist. Schätzungen zufolge sollen dadurch im Baugewerbe 12 000 und insgesamt 25 600 neue Arbeitsplätze entstehen.
Die Entwicklung grüner und intelligenter Städte fördern
Die durch die Coronakrise ausgelöste tiefgreifende Veränderung der Präferenzen könnte Vorbote weitreichender Transformationen des Verkehrsverhaltens und der urbanen Strukturen sein. Der Wunsch nach einem weniger verdichteten Wohnumfeld und mehr öffentlichem Raum für die Bürger*innen könnte zusammen mit der technologischen Transformation der urbanen Mobilität den Anstoß für ein komplettes Umdenken in der Stadtplanung geben, wobei es auch um bezahlbaren Wohnraum geht. Eine neue Studie von Larson und Zhao (2020[27]) zeigt, dass autonomes Fahren Wohnen bezahlbarer machen kann, indem es das effektive Flächenangebot in den Städten vergrößert. Eine neuere OECD-Studie ergab zudem, dass Shared Mobility den Anstieg der Wohnimmobilienpreise tatsächlich dämpft (OECD, 2019[28]). Sinkende Verkehrskosten ermöglichen die stärkere Nutzung von Flächen außerhalb der Städte und fördern deren Wachstum. Zugleich entstehen neue freie Flächen in den Städten, da weniger Parkplätze gebraucht werden. Ein größeres Grundstücksangebot bremst den Anstieg der Wohnimmobilienpreise, vor allem in Städten mit weniger strengen Bebauungsvorschriften. Durch die Möglichkeit der Arbeit im Homeoffice sinkt die Verkehrsnachfrage und der Bedarf an Parkplätzen und Büroräumen. Auch dies erhöht das Flächenangebot und senkt in Kommunen mit weniger restriktiven Bebauungsvorschiften die Wohnimmobilienpreise (Kamal-Chaoui und Robert, 2009[29]; Larson und Zhao, 2017[30]).
Die Umorganisation der urbanen Mobilität, die Car-Sharing und andere Faktoren, wie z. B. strengere Emissionsgrenzwerte, E-Mobilität und Maßnahmen zugunsten alternativer Verkehrsträger, mit sich bringen können, wird zu einer Verringerung der Emissionen führen und das Stadtleben nachhaltiger machen. Die notwendige Dekarbonisierung der Angebotsseite der Wirtschaft wird aber auch eine tiefgreifende Transformation des Wohngebäudesektor erfordern. Flexible Energieanwendungen (z. B. mit Smart Metern und intelligenten Thermostaten, aktiven Steuerungen oder Luftwärmepumpen) erleichtern zusammen mit einer dezentralen Erzeugung erneuerbarer Energien (z. B. durch Solarthermie-Dachanlagen, Photovoltaik und Geothermie) die Integration erneuerbarer Energiequellen. In den letzten zehn Jahren haben Energieeffizienzsteigerungen zusammen mit Umstellungen im Heizenergiemix zu einem Rückgang der direkten Emissionen um 10 % geführt – trotz eines wachsenden Flächen- und Energieverbrauchs. Es muss jedoch noch mehr getan werden, damit der Wohngebäudesektor den Zielen des Pariser Abkommens gerecht wird. Um die Nachfrage nach Energieleistungen wie Heizen, Kühlen und Beleuchten zu senken, muss die Energieeffizienz der Gebäude gesteigert werden. Die Bauvorschriften sollten die Integration CO2-armer Energieversorgungsquellen (z. B. Photovoltaik, Wärmepumpen oder Fahrzeugladestationen) in Gebäude erleichtern. Wichtig ist aber auch eine raschere und tiefgreifende energetische Sanierung, da die Hälfte des Gebäudebestands des Jahres 2050 bereits heute existiert.
Im hier dargestellten Simulationsmodell ergibt sich daraus 1. ein unmittelbarer Anstieg der Baukosten und 2. eine Beschleunigung der Modernisierung des Gebäudebestands. Der Anstieg der Baukosten wird dabei mit 10 Prozentpunkten gegenüber dem Basisszenario angesetzt. Die Renovierung bzw. Modernisierung des Gebäudebestands wird durch eine graduelle Zunahme der Sanierungsrate dargestellt. Diese steigt im Modell um 1 Prozentpunkt im Vergleich zum Basisszenario (in dem eine durchschnittliche Renovierungsrate von 2 % jährlich unterstellt wird). Ab 2035 verringert sich die Sanierungsrate wieder und liegt 2050 bei 1 % pro Jahr. Abbildung 4.9 veranschaulicht den Effekt der höheren Baukosten und der höheren Sanierungsrate in der Simulation. Die Bezahlbarkeit von Wohnraum nimmt dadurch in allen Ländern ab. Der Anstieg der Zahl der verfügbaren Haushaltsjahreseinkommen, die durchschnittlich für den Erwerb einer 100m2-Wohnung erforderlich sind, liegt zwischen 0,2 in Polen und über 1,5 in Schweden, Australien oder Neuseeland. Die im Ländervergleich festzustellenden Unterschiede erklären sich aus einem unterschiedlich hohen Ausgangsniveau der Sanierungsrate und einem unterschiedlich elastischen Wohnungsangebot.
Um die langfristigen Ziele für die nachhaltige Entwicklung des Gebäudesektors kosteneffektiv zu verwirklichen, ist es also entscheidend, dass in den nächsten zehn Jahren eine Reallokation von Kapital stattfindet. Die damit verbundenen Kosten dürften Wohnraum schwerer bezahlbar machen, zumindest auf kurze bis mittlere Sicht, d. h. bis die Haushalte durch die geringeren Heizungs- und Kühlungskosten ausreichend hohe Einsparungen erzielt haben, um die Mehrausgaben für die Erhöhung der Energieeffizienz zu amortisieren. Aus diesem Grund wurde in Italien das Programm „Superbonus 110“ gestartet, das es ermöglicht, sämtliche Ausgaben für die Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden im Umfang von 110 % steuerlich in Abzug zu bringen.2 Auch Energieeffizienz-Hypotheken können die Mobilisierung der großen Summen erleichtern, die zur Finanzierung solcher Investitionen erforderlich sind (Kasten 1.9). Die hohen Kosten dieser Umstellung machen deutlich, wie wichtig es ist, die Wohnungsbaupolitik an den Best Practices für eine optimale Abstimmung von Angebot und Nachfrage auszurichten, um hochwertigen und bezahlbaren Wohnraum für alle zu sichern.
Literaturverzeichnis
[11] Ahrend, R., C. Gamper und A. Schumann (2014), „The OECD Metropolitan Governance Survey: A Quantitative Description of Governance Structures in large Urban Agglomerations“, OECD Regional Development Working Papers, No. 2014/4, OECD Publishing, Paris, https://dx.doi.org/10.1787/5jz43zldh08p-en.
[6] Alpanda, S. und S. Zubairy (2016), „Housing and Tax Policy“, Journal of Money, Credit and Banking, Vol. 48/2-3, S. 485–512, https://doi.org/10.1111/jmcb.12307.
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[7] U.S. Council of Economic Advisers (2017), Evaluating the Anticipated Effects of Change to the Mortgage Interest Deduction.
Anmerkungen
← 1. Die OECD plant, diesen Indikator für alle ihre Mitgliedsländer und Schlüsselpartner zu erstellen.
← 2. Anrechenbar sind Ausgaben, die zwischen dem 1. Juli 2020 und dem 30. Juni 2022 getätigt werden (vgl. https://www.efficienzaenergetica.enea.it/detrazioni-fiscali/superbonus.html).