Was hat Gender mit Wettbewerbspolitik zu tun? Die OECD stellte diese Frage, um festzustellen, ob bestimmte Ansätze im Wettbewerbsrecht und in der Wettbewerbspolitik dazu beitragen könnten, Ungleichheiten aufgrund des Gender zu verringern. Die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Wettbewerb und Gender ist Teil einer Entwicklung, die der Frage nachgeht, ob die Wettbewerbspolitik eine Rolle bei der Förderung allgemeinpolitischer Ziele und der Verringerung von Ungleichheiten in der Gesellschaft spielen sollte. Diese Entwicklung hat zu einem Druck auf die Wettbewerbsbehörden geführt, die zunehmend aufgefordert werden, ein breiteres Spektrum von Themen zu berücksichtigen, das ihre Arbeit beeinflusst und umgekehrt, das durch ihre Arbeit beeinflusst werden kann.
Im Jahr 2018 begann die OECD zu untersuchen, ob eine Berücksichtigung von Gender tatsächlich zu einer wirksameren Wettbewerbspolitik beitragen könnte, indem zusätzliche relevante Merkmale des Marktes und des Verhaltens von Verbraucher:innen und Unternehmen ermittelt werden, und ob eine wirksamere Wettbewerbspolitik dazu beitragen kann, Ungleichheiten aufgrund des Gender zu beseitigen. Zu diesem Zweck hat die OECD mit der kanadischen Regierung und insbesondere mit dem kanadischen Wettbewerbsamt zusammengearbeitet, um einen Leitfaden für die Wettbewerbsbehörden in diesem Bereich zu entwickeln. Daraus entstanden dieses Toolkit und das OECD-Projekt "Gender Inclusive Competition Policy" (https://oe.cd/gicp).
Das Toolkit soll den Wettbewerbsbehörden helfen, genderinklusive Überlegungen in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Es bietet einen praktischen Ansatz, den die Beamt:innen der Wettbewerbsbehörden in ihre tägliche Arbeit einbeziehen können. Es zielt nicht darauf ab, die Arbeit der Wettbewerbsbehörden drastisch zu verändern, sondern soll vielmehr ihre Effektivität erhöhen. Das Toolkit und das Projekt im weiteren Sinne haben sich durch die Gender-Forschung und die Bemühungen um Gender-Mainstreaming in verwandten Politikbereichen wie Corporate Governance und Korruptionsbekämpfung inspirieren lassen und bauen darauf auf. Die Ansätze in diesem Toolkit helfen den Behörden, ein besseres Verständnis der Marktdynamik und ihrer unterschiedlichen Auswirkungen auf Männer und Frauen zu gewinnen. Wo Unterschiede bestehen, können diese in die Ergebnisse einfließen, um Ungleichheiten aufgrund des Genders abzumildern, anstatt sie zu verschärfen.
Dieses Toolkit kommt zur rechten Zeit, da die COVID-19-Pandemie die Ungleichheiten in der Gesellschaft verschärft hat und die Regierungen nach Wegen suchen, um die Wirtschaft wieder aufzubauen und dem wirtschaftlichen Abschwung zu begegnen. Der Wettbewerb ist ein wichtiges Instrument für die wirtschaftliche Erholung und die Regierungen können sich dafür entscheiden, gleichzeitig Wettbewerb und die Gleichstellung der Gender zu fördern.
Das Toolkit richtet sich in erster Linie an Wettbewerbsbehörden. Es bietet den Behörden praktische Tipps und Anleitungen, wie sie Aspekte, die Gender berücksichtigen, in ihre Arbeit einfließen lassen können. Das Toolkit befasst sich u. a. mit der Frage, wie Gender bei der Analyse des Wettbewerbs, bei Untersuchungen, bei Compliance und bei allgemeineren institutionellen Ansätzen wie der Setzung von Prioritäten berücksichtigt werden kann.
Die Forschung im Bereich der genderinklusiven Wettbewerbspolitik ist relativ neu und es gibt noch viel zu lernen. Idealerweise wird das Toolkit ein Katalysator für weitere Forschung sein, die zusätzliche praktische Ansätze hervorbringt. Diese könnten dann in weitere Iterationen des Toolkits einfließen. Dieses Toolkit konzentriert sich zwar auf die Gleichstellung von Frauen und Männern, doch könnten die Behörden seine Anwendung in einem breiteren Kontext der Vielfalt und Inklusion in Betracht ziehen.
Dieses Toolkit ist das Ergebnis von Arbeiten, die hauptsächlich im Rahmen des von der kanadischen Regierung finanzierten OECD-Projekts "Gender Inclusive Competition Policy" durchgeführt wurden. Die in diesem Toolkit dargelegten Erkenntnisse und Beweise basieren auf den sieben Forschungspapieren und der OECD-Forschung, die in Kapitel 1 beschrieben werden.