Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Epidemie haben zu einer schweren Rezession geführt. Sollte es im späteren Jahresverlauf zu einer zweiten Pandemiewelle kommen (Double-Hit-Szenario), schrumpft das BIP den Projektionen zufolge 2020 drastisch um 11,5 %. Die Arbeitslosenquote dürfte trotz des breiten Einsatzes von Kurzarbeitsregelungen bis Ende 2020 12 % übersteigen. Wenn das Virus nach dem Ende der Lockdown-Phase im Frühjahr 2020 eingedämmt bleibt (Single-Hit-Szenario), sinkt das BIP in diesem Jahr um über 9 %. Die Arbeitslosenquote erreicht einen zweistelligen Wert, und die durchschnittliche Staatsverschuldung gemäß der Maastricht-Definition wird bis zum Ende des Projektionshorizonts 100 % des BIP übersteigen. Massive geld- und fiskalpolitische Impulse werden die Erholung stützen, sobald die Lockdown-Maßnahmen aufgehoben sind. Allerdings werden die gesamtwirtschaftliche Produktion und die Beschäftigung vor allem im Double-Hit-Szenario bis Ende 2021 weiterhin deutlich unter dem vor der Pandemie erreichten Niveau verharren, was die Gefahr anhaltender Scarring-Effekte, darunter auch größerer Diskrepanzen innerhalb des Euroraums, erhöht.
Die Geld- und Fiskalpolitik sollten bis mindestens Ende 2021 konjunkturstützend ausgerichtet bleiben, da jede verfrühte Rücknahme der Maßnahmen die Erholung gefährden könnte. Allerdings könnten sowohl die nationalen Fiskalpolitiken als auch die gemeinsame Geldpolitik vor allem im Fall einer zweiten Infektionswelle überfordert sein. In diesem Kontext sind die jüngsten Entscheidungen zur vorübergehenden Ausdehnung der Rolle des Europäischen Stabilitätsmechanismus oder zur Unterstützung der Finanzierung nationaler Kurzarbeitsprogramme positive erste Schritte. Es muss aber noch mehr erreicht werden. Der jüngste Vorschlag der Europäischen Kommission, einen großen Wiederaufbaufonds einzurichten, der durch eine gemeinsame Ausgabe von Anleihen finanziert wird und erhebliche Zuschüsse für die am meisten betroffenen Staaten vorsieht, ist begrüßenswert. Eine rasche Verabschiedung dieses Wiederaufbauplans in seiner jetzigen Form würde den europäischen Ländern, und insbesondere den schwächsten unter ihnen, einen deutlichen Impuls verleihen. Nach und nach sollten sich diese zeitlich befristeten Unterstützungsleistungen zu dauerhaften, gemeinsamen fiskalischen Instrumenten entwickeln, wie beispielsweise eine vollwertige europäische Arbeitslosenrückversicherung.