Die vollständige Publikation ist auf Englisch verfügbar:
OECD (2023), OECD Employment Outlook: Artificial Intelligence and the Labour Market, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/08785bba-en.
Artificial Intelligence and the Labour Market
Die vollständige Publikation ist auf Englisch verfügbar:
OECD (2023), OECD Employment Outlook: Artificial Intelligence and the Labour Market, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/08785bba-en.
Die robuste Erholung von der pandemiebedingten Rezession hat seit 2022 an Dynamik verloren. Zugleich hat die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verstärkte Inflation in vielen Ländern den höchsten Stand seit Jahrzehnten erreicht und eine Lebenshaltungskostenkrise ausgelöst. Die Beschäftigung hat sich jedoch behauptet, während die Arbeitslosenquoten den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten erreicht haben. Die Nichterwerbsquoten liegen mit wenigen Ausnahmen unter dem vor der Pandemie verzeichneten Niveau, auch unter älteren Erwachsenen. Die Lage an den Arbeitsmärkten ist in den meisten Ländern nach wie vor angespannt, es gibt jedoch einige Anzeichen für eine Entspannung, da die Zahl der offenen Stellen je arbeitslose Person gegenüber den historischen Höchstständen leicht zurückgegangen ist.
Reallöhne gehen trotz einer Belebung des Nominallohnwachstums in fast allen OECD-Ländern zurück. Gewinne steigen in vielen Ländern stärker als die Arbeitskosten. Sie tragen dadurch außergewöhnlich stark zum inländischen Preisdruck bei und führen zu einem Rückgang der Lohnquote. Zwar haben staatliche Transferleistungen und fiskalpolitische Maßnahmen für eine gewisse Entlastung gesorgt, doch bleibt der Kaufkraftverlust für Arbeitskräfte in einkommensschwachen Haushalten eine Herausforderung. Sie haben weniger Spielraum, Preisanstiege durch Ersparnisse oder Kredite auszugleichen, und sind häufig mit höheren effektiven Inflationsraten konfrontiert, weil ein größerer Teil ihrer Ausgaben auf Energie und Lebensmittel entfällt.
Mehrere politische Hebel können in Bewegung gesetzt werden, um die Auswirkungen der Inflation auf die Arbeitskräfte zu begrenzen und um sicherzustellen, dass die Kosten gerecht zwischen Staat, Unternehmen und Arbeitskräften geteilt werden. Der direkteste Weg, die Arbeitnehmerschaft zu unterstützen, führt über Lohnerhöhungen, einschließlich staatlich kontrollierter gesetzlicher Mindestlöhne. Die nominalen gesetzlichen Mindestlöhne haben im OECD-Durchschnitt dank diskretionärer oder indexierter Erhöhungen mit der Inflation Schritt gehalten. Im Gegensatz dazu sind die in Tarifvereinbarungen ausgehandelten Löhne real gesunken, da sie aufgrund der gestaffelten und eher selten stattfindenden Tarifverhandlungen erst mit Verzögerung reagieren.
Diese Ausgabe des Employment Outlook untersucht die neuesten Erkenntnisse über die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz (KI) auf den Arbeitsmarkt. Sie hilft politischen Entscheidungsträgern bei der Entwicklung einer angemessenen Reaktion auf diese Entwicklungen. Gleichzeitig betont der Bericht, dass die aktuellen und insbesondere die künftigen Auswirkungen der KI auf den Arbeitsmarkt mit erheblicher Unsicherheit behaftet sind, und beschreibt, mit welchen Maßnahmen die Politik eine vertrauenswürdige Nutzung von KI am besten fördern kann.
KI scheint sich in mehrfacher Hinsicht von früheren Veränderungen auf dem Gebiet der digitalen Technologien zu unterscheiden: 1. Sie erweitert das Spektrum der automatisierbaren Aufgaben deutlich über den Bereich der routinemäßigen nichtkognitiven Tätigkeiten hinaus, 2. KI ist eine Universaltechnologie, was bedeutet, dass fast jeder Sektor und Beruf davon betroffen sein wird, und 3. das Tempo der Entwicklung ist beispiellos.
Auf Basis aktueller Studien (die zum großen Teil noch aus der Zeit vor der jüngsten Welle der generativen KI stammen) gibt es kaum Hinweise auf erhebliche negative Beschäftigungseffekte der KI. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass KI-Nutzung noch relativ wenig verbreitet ist und/oder dass die Unternehmen bisher freiwillige Personalanpassungen bevorzugen. Etwaige negative Beschäftigungseffekte der KI könnten sich daher erst mit der Zeit bemerkbar machen. Zugleich schafft KI auch neue Aufgaben und Arbeitsplätze, insbesondere für hochqualifizierte Arbeitskräfte, die die für die Arbeit mit KI erforderlichen Kompetenzen besitzen. Nicht zuletzt mit Blick auf die Teilhabe gilt es allerdings, die Verteilung von Beschäftigungsverlust und -schaffung genau zu beobachten.
Die größte Auswirkung, die in der Literatur bisher hervorgehoben wurde, betrifft die Qualität der Arbeitsplätze. Angaben von Beschäftigten und Arbeitgebern zufolge kann KI monotone und gefährliche Aufgaben reduzieren, was die Motivation und die Arbeitssicherheit erhöht. Allerdings bestehen auch Risiken. Es wurde auch von Fällen berichtet, in denen KI einfache Aufgaben automatisiert und dadurch die Arbeitsintensität und den Leistungsdruck erhöht hat. KI kann auch die Art und Weise, wie Arbeit überwacht oder verwaltet wird, verändern. Dies kann die wahrgenommene Fairness erhöhen, birgt jedoch auch Risiken für die Privatsphäre und Autonomie der Arbeitskräfte bei der Ausübung der Aufgaben. KI kann darüber hinaus auch Vorurteile schaffen oder verfestigen.
Die Risiken eines KI-Einsatzes am Arbeitsplatz und das hohe Tempo der KI-Entwicklung und -Anwendung (einschließlich der jüngsten generativen KI-Modelle) machen deutlich, dass entschlossenes politisches Handeln erforderlich ist, um sicherstellen, dass die Vorteile der KI am Arbeitsplatz genutzt werden können, ohne die grundlegenden Rechte und das Wohlergehen der Arbeitskräfte zu gefährden. Die bestehenden Rechtsvorschriften – z. B. im Hinblick auf Gleichbehandlung, Datenschutz oder Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer*innen – sind eine wichtige Grundlage für den Umgang mit KI am Arbeitsplatz. Es ist jedoch noch ungewiss, inwieweit sie in Bezug auf KI angewandt werden können, weil die relevante Rechtsprechung nach wie vor begrenzt ist. Aus diesem Grund erarbeiten die Länder auch Rechtsvorschriften und Soft Law für den Einsatz von KI (d. h. KI-Strategien, ethische Grundsätze und Standards).
KI wird auch den Kompetenzbedarf verändern. Obwohl Unternehmen, die KI nutzen, Eigenangaben zufolge KI-Schulungen anbieten, sind unzureichende Kompetenzen nach wie vor ein großes Hindernis für den Einsatz von KI. Der Politik kommt deshalb eine wichtige Rolle zu – nicht nur weil sie Anreize für betriebliche Schulungsmaßnahmen setzen kann, sondern auch weil ein erheblicher Teil der erforderlichen Aus- und Weiterbildung im Rahmen formaler Bildung erfolgt. Dabei kann die KI selbst genutzt werden, um das Konzept, die Zielgenauigkeit und die Durchführung der Schulungen zu verbessern, insbesondere durch die umfassende Bereitstellung maßgeschneiderter Lösungen. Die Nutzung von KI in der Aus- und Weiterbildung könnte jedoch Ungleichheiten verschärfen und menschliche Vorurteile verfestigen. Diese Herausforderungen müssen angegangen werden.
Tarifverhandlungen und sozialer Dialog sind ebenfalls wichtig, um die Arbeitskräfte und Unternehmen beim Übergang zu KI zu unterstützen. Für die Arbeitskräfte führt der KI-Einsatz tendenziell zu besseren Ergebnissen, wenn ihre Vertreter*innen zu dieser Frage konsultiert werden. Die Arbeitsbeziehungen werden jedoch durch die besonderen Merkmale der KI und die Art ihrer Implementierung, wie beispielsweise ihr hohes Verbreitungstempo, ihre Lernfähigkeit und die Möglichkeit, das Kräfteungleichgewicht zu vergrößern, zusätzlichem Druck ausgesetzt. KI-Technologien haben das Potenzial, die Sozialpartner bei der Umsetzung ihrer Ziele und Strategien zu unterstützen, allerdings stellt mangelnde KI-Expertise dabei eine große Herausforderung dar.
Dieser Text wurde vom Deutschen Übersetzungsdienst der OECD übersetzt. Der englische und der französische Text sind die einzigen amtlichen Fassungen.