OECD-Wirtschaftsausblick, Ausgabe 2019/2

Kolumbien

Das Wirtschaftswachstum wird sich den Projektionen zufolge trotz außenwirtschaftlicher Belastungen in den kommenden beiden Jahren weiter robust entwickeln. Dabei wird vor allem die Investitionstätigkeit, die durch Steuerreformen und ehrgeizige Infrastrukturprojekte begünstigt wird, für Wachstumsimpulse sorgen. Die niedrigen Zinssätze werden den Verbrauch stützen, und die Arbeitslosigkeit wird allmählich sinken. Erhebliche Ungleichheit und Informalität stellen nach wie vor bedeutende Herausforderungen für die Politik dar.

Der leicht akkommodierende geldpolitische Kurs ist angemessen, da die Inflationserwartungen in der Nähe des Zielwerts liegen und die Arbeitslosigkeit nach wie vor hoch ist. Um das Haushaltsdefizit entsprechend der Haushaltsregel allmählich zurückzuführen, bedarf es Konsolidierungsmaßnahmen. Für die Steigerung der Produktivität sind ein stärkerer Wettbewerb und eine größere Handelsoffenheit erforderlich. Durch eine zielgerichtetere Sozialpolitik und Reformen zur Verbesserung der Beschäftigungsqualität und zur Verringerung der Informalität könnten die positiven Effekte des Wachstums breiteren Bevölkerungsteilen zugutekommen.

Der Konsum und die Investitionen geben dem Wachstum Auftrieb

Das Wirtschaftswachstum hat sich dank der kräftigen Inlandsnachfrage erhöht, die von der günstigen Entwicklung an den Kreditmärkten und der positiven Reaktion der Unternehmen auf die vor Kurzem im Rahmen einer Steuerreform eingeführten Anreize getragen wurde. Das Leistungsbilanzdefizit hat sich unter dem Einfluss steigender Einfuhren, jedoch weiterhin schwacher Exportergebnisse ausgeweitet. Die Arbeitslosigkeit hat trotz des kräftigeren Wachstums zugenommen, da die Beschäftigungsexpansion nach wie vor zu gering ist, um den zuwanderungsbedingten Anstieg der Erwerbsbevölkerung aufzufangen. Die Inflation hat 2019 angezogen, was in erster Linie durch höhere Nahrungsmittelpreise und in gewissem Umfang durch die Peso-Abwertung bedingt war. Sie liegt jedoch immer noch in der Nähe des Zielkorridors.

Contributors to economic growth and inflation: Colombia

1. Core inflation excludes primary food, utilities and fuel.

2. Inflation expectations are defined as the 12-month ahead inflation expectations.

Source: Banco de la República; and OECD Economic Outlook 106 database.

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Colombia: Demand, output and prices

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Weitere Strukturreformen sind nötig, um inklusives Wachstum zu fördern

Um das strukturelle Defizit der Zentralregierung gemäß der Haushaltsregel auf 1% des BIP zu verringern und die öffentliche Schuldenquote zu stabilisieren, muss der Haushalt konsolidiert werden. Die derzeit den Kongress durchlaufende Steuerreform wird die Investitionen ankurbeln. Mittelfristig dürften jedoch weitere Maßnahmen zur Steigerung der Einnahmen erforderlich sein, um die Haushaltsregel einzuhalten und die nötigen Sozialausgaben und öffentlichen Investitionen zu bewältigen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, die Steuereinnahmen nachhaltig zu steigern und das Steuersystem zugleich wachstums- und gerechtigkeitsorientierter zu gestalten. Dies ließe sich durch die Ausweitung der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer und die Mehrwertsteuer, die Verringerung des Körperschaftsteuersatzes und die Beseitigung der zahlreichen Steuerbefreiungen erreichen. Zur Erhöhung der Einnahmen könnten zudem die Umweltsteuern angehoben und die Effizienz der Steuerverwaltung verbessert werden.

Um ein stärkeres und inklusiveres Wachstum zu erzielen, sind produktivitätssteigernde Strukturreformen notwendig. Durch die Stärkung des Wettbewerbs, die Verbesserung der Hafen- und Zolllogistik sowie den Abbau von Handelshemmnissen und nicht handelsbezogenen Hemmnissen sowie regulatorischen Belastungen könnten die Ausfuhren und die Unternehmensproduktivität angekurbelt und hochwertige Arbeitsplätze geschaffen werden. Die hohe Zuwanderung kann sich positiv auf das Wachstumspotenzial auswirken, das in den vergangenen Jahren aufgrund der schwachen Produktivität gesunken ist. Dies erfordert jedoch die Fortsetzung der integrationspolitischen Maßnahmen, die die Eingliederung der Zuwanderer auf dem formellen Arbeitsmarkt fördern, sowie Investitionen im Ausbildungs- und im Gesundheitssystem.

Um sicherzustellen, dass die positiven Wachstumseffekte breiteren Bevölkerungsschichten zugutekommen, ist eine umfassende Strategie zur Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze im formellen Sektor nötig. Hierfür sind Reformen in verschiedenen Bereichen erforderlich, wie z.B. eine Senkung der Lohnnebenkosten, eine beschäftigungsfreundlichere Ausrichtung des Mindestlohnsystems, eine Verbesserung von Qualität und Arbeitsmarktrelevanz des Bildungs- und Ausbildungssystems sowie Maßnahmen, um mehr Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das Rentensystem muss dringend reformiert werden, um die Altersarmut einzudämmen und die Ungleichheit zu verringern.

Es wird mit einem weiterhin robusten Wachstum gerechnet

Das Wachstum dürfte unter dem Einfluss der höheren Inlandsnachfrage kräftig bleiben. Dabei wird die Investitionstätigkeit – unterstützt durch die geringere steuerliche Belastung und ambitionierte Infrastrukturprojekte – für maßgebliche Wachstumsimpulse sorgen. Die nach wie vor niedrigen Zinssätze, der innerhalb des Zielkorridors der Zentralbank liegende Preisauftrieb und die sinkende Arbeitslosigkeit werden den Verbrauch stützen. In Anbetracht des nachfrageinduzierten Wachstums und der schwächeren Exportleistung wird sich das Leistungsbilanzdefizit ausweiten. Noch besser könnte sich die Wirtschaft bei höheren Ölpreisen entwickeln, die der Investitionstätigkeit zusätzlichen Schwung verleihen könnten. Zu einer ungünstigeren Entwicklung könnte es u.a. kommen, wenn sich das außenwirtschaftliche Umfeld unter dem Einfluss der Handelsspannungen und regionaler Instabilitäten schwächer entwickelt als erwartet und wenn es zu weiteren Verzögerungen bei den Infrastrukturprojekten kommt.