Der Kongress hat eine Rentenreform verabschiedet, die dazu beitragen wird, das Wachstum der Rentenausgaben einzudämmen. Dennoch sind die Aussichten im Haushaltsbereich weiterhin ungünstig und lassen keinen weiteren Spielraum zur Unterstützung der beginnenden Erholung. Die Bruttostaatsverschuldung ist mit fast 80% des BIP nach wie vor hoch, und zwischen dem aktuellen Defizit im Primärhaushalt von 1,4% des BIP und dem Überschuss von 1,5%, der Schätzungen zufolge zur Stabilisierung der Staatsverschuldung erforderlich wäre, klafft eine große Lücke.
Das Defizit erklärt sich nach wie vor aus obligatorischen Ausgabenposten wie Löhnen, Renten und andere Sozialversicherungsleistungen. Um die erforderliche Haushaltskonsolidierung zu unterstützen, wurden die diskretionären Ausgaben gesenkt. Da sie inzwischen aber nur noch 6% der Gesamtausgaben ausmachen, besteht hier kaum noch Spielraum für weitere Kürzungen. Um die Einhaltung der Haushaltsregeln zu gewährleisten, ist eine Reform der gesetzlich festgeschriebenen Ausgaben und der Indexierungsregeln mittlerweile unabdingbar. Bislang hat die 2016 verabschiedete Ausgabenregel noch nicht für die erhoffte politische Dynamik für solche Reformen gesorgt. Hilfreich wären insbesondere Senkungen der hohen Lohnkosten im öffentlichen Sektor, und es wäre auch sinnvoll, die umfangreichen Steuervergünstigungen anzugehen.
Die Ausgabentrends der jüngsten Zeit haben zudem zu einer Verschlechterung der Qualität der öffentlichen Ausgaben geführt. Aufgrund einer am Mindestlohn ausgerichteten Indexierung hat vor allem die Mittelschicht von steigenden Sozialleistungen profitiert, sodass weniger Mittel für zielgerichtete Sozialleistungen zur Bekämpfung der Armut zur Verfügung stehen, von der Kinder und junge Menschen besonders stark betroffen sind. Durch eine Anhebung der Einkommensgrenze, bis zu der Anspruch auf Geldleistungen aus dem Programm Bolsa Família besteht (auf das nur 0,5% des BIP entfallen), wäre es möglich, den Kreis der Leistungsberechtigten auszuweiten und die Höhe der Leistungen anzuheben. Dadurch könnten mehr Menschen der Armut entkommen, die Einkommensungleichheit würde reduziert und die Anreize für Schulbesuch und Vorsorgeuntersuchungen würden verstärkt, sodass die Ungleichheiten im Bildungs- und Gesundheitswesen verringert würden. Festzustellen ist auch, dass öffentliche Investitionen verdrängt wurden, obwohl sie ein großes Potenzial versprechen.
Kurzfristig ist Spielraum für eine weitere Lockerung der Geldpolitik entstanden, da die Inflation den Projektionen zufolge 2020 unter der Zielvorgabe bleiben wird. Das Realzinsniveau hat bereits einen langjährigen Tiefstand erreicht. Die zunehmende Kreditvergabe verbessert die Liquidität der privaten Haushalte, und die neuen Regeln für den Zugang zu individuellen Arbeitslosenversicherungskonten werden diesen Trend 2020 weiter verstärken. Die Kreditvergabe an die Unternehmen geht jedoch weiter zurück. Die aktuellen Reformpläne zur Stärkung des Wettbewerbs im Finanzwesen sind ein vielversprechender Schritt zur Senkung der Kreditkosten.
Das Produktivitätswachstum wird längerfristig der zentrale Wachstumsmotor sein, wird aber derzeit in vielen Branchen durch geringen Wettbewerb gebremst. Mit einer wettbewerbsfreundlicheren Binnenregulierung und einer engeren Einbindung in die Weltwirtschaft, auch durch die Ratifizierung des Handelsabkommens zwischen EU und Mercosur, könnte dem begegnet werden und würden zugleich die Kosten für Vorleistungen und Investitionsgüter senken. Eine Verbesserung der Vertragsdurchsetzung durch eine effizientere Justiz und eine Verringerung des steuerlichen Erfüllungsaufwands durch die grundlegende Überarbeitung des fragmentierten Systems der indirekten Besteuerung mit dem Ziel, eine einheitliche Mehrwertsteuer zu schaffen, könnten sich ebenfalls produktivitätssteigernd auswirken. Um wertvolle natürliche Ressourcen wie den Regenwald im Amazonasgebiet für kommende Generationen zu erhalten, bedarf es verstärkter Anstrengungen zur Durchsetzung bestehender Gesetze. Hier gilt es auf den Fortschritten aufzubauen, die in der Vergangenheit bei der Rechtsdurchsetzung erzielt wurden.