Eine anhaltende Abschwächung des BIP-Wachstums dürfte die Unsicherheit erhöhen und Zweifel an der Wirksamkeit der Instrumente wecken, die den nationalen Regierungen und Zentralbanken zur Verfügung stehen, um der Wachstumsschwäche zu begegnen. Solche Zweifel erhöhen möglicherweise bereits jetzt die Unsicherheit, auch wenn das in vielen Ländern zwar verhaltene und unter dem Trend liegende BIP-Wachstum derzeit stabil ist. Um wirkungsvoll auf eine weitere Wachstumsverlangsamung zu reagieren, bedarf es sowohl zeitnaher und gezielter Maßnahmen zur kurzfristigen Nachfragesteigerung als auch Maßnahmen, die einen dauerhaften Anstieg des Lebensstandards auf mittlere bis längere Sicht fördern. Ein solches ausgewogenes Maßnahmenpaket hilft, die potenziellen Synergieeffekte sich ergänzender Maßnahmen in verschiedenen Politikbereichen auszuschöpfen.
Anhand des globalen makroökonomischen Modells NiGEM berechnete Szenarien veranschaulichen die positiven Effekte, die erzielt werden können, wenn alle G20-Volkswirtschaften gemeinsam konzertierte konjunkturstützende geld- und fiskalpolitische sowie strukturpolitische Maßnahmen ergreifen. Dabei werden folgende Arten von Maßnahmen berücksichtigt:
Jedes Land tätigt drei Jahre lang zusätzliche schuldenfinanzierte öffentliche Ausgaben im Umfang von 0,5% des BIP. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften geschieht dies über eine Erhöhung des Volumens der öffentlichen Investitionen. Für die aufstrebenden Volkswirtschaften wird eine Ex-ante-Erhöhung der nominalen Staatsausgaben um 0,5% des nominalen BIP unterstellt (weil die Modelle für diese Länder kleiner und weniger detailliert sind). Dies führt in vielen aufstrebenden Volkswirtschaften zu etwas kleineren Multiplikatoreffekten, weil der Inflationsanstieg, der durch den anfänglichen Nachfrageimpuls ausgelöst wird, den Realwert der nominalen zusätzlichen Ausgaben verringert.
Die Geldpolitik wird in den Volkswirtschaften, in denen dafür noch Spielraum vorhanden ist, stärker akkommodierend ausgerichtet.
Die Leitzinsen werden in allen Volkswirtschaften außer Japan, den Euroländern und dem Vereinigten Königreich für eine Dauer von drei Jahren um 100 Basispunkte gesenkt. In Japan und im Euroraum werden die Leitzinsen während dieses Zeitraums unverändert auf dem Niveau des Basisszenarios belassen. Im Vereinigten Königreich werden sie für drei Jahre um 50 Basispunkte gesenkt.
Danach werden bei der Ausrichtung der Geldpolitik die längerfristigen angebotsseitigen Nutzeffekte berücksichtigt, die sich aus den nachstehend erörterten verstärkten Strukturreformen ergeben. Das bedeutet, dass Forward Guidance eingesetzt wird, um das Zinsniveau länger auf einem niedrigen Niveau zu halten. Dadurch wird dafür gesorgt, dass sich die Investitionen des privaten Sektors schneller beleben, als dies sonst der Fall wäre.
In allen Volkswirtschaften werden produktivitätssteigernde Strukturreformen durchgeführt.
In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften handelt es sich dabei um Maßnahmen, die das Wachstum des arbeitsvermehrenden technischen Fortschritts (Gesamtfaktorproduktivität – GFP) über einen Zeitraum von fünf Jahren um 0,2 Prozentpunkte pro Jahr erhöhen. Das um 1% höhere Niveau der GFP bleibt anschließend dauerhaft bestehen. In den aufstrebenden Volkswirtschaften handelt es sich bei den Reformen um Maßnahmen, die das Wachstumspotenzial über einen Zeitraum von zehn Jahren um 1% erhöhen, wobei der Zuwachs im Zeitverlauf zunimmt.
Stärkere Strukturreformen können den aufstrebenden Volkswirtschaften helfen, nicht nur ihre Produktivität zu steigern, sondern auch gegenüber der Produktivitätsgrenze aufzuholen. Dieser Mechanismus ist im hier beschriebenen Szenario nicht direkt berücksichtigt. Daher ist der langfristige Effekt auf die aufstrebenden Volkswirtschaften hier möglicherweise unterzeichnet.
Starke konzertierte Maßnahmen aller G20-Volkswirtschaften festigen in einer Zeit, in der sich das Wachstum rasch abschwächt, zudem das Vertrauen der Verbraucher und Investoren und verringern die Unsicherheit. Im nachstehenden Szenario wird dieser Effekt durch um 50 Basispunkte niedrigere Risikoprämien während eines Zeitraums von zwei Jahren dargestellt; anschließend klingt dieser Effekt langsam ab. Dies entspricht spiegelbildlich dem Unsicherheitsschock, der in die Simulationen für die Handelsspannungen zwischen den Vereinigten Staaten und China in Kapitel 1 eingerechnet ist.